# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Die Angst vor Extremisten wächst | |
> UN-Generalsekretär Ban Ki Moon fordert zum Dialog in Libyen auf. Aber die | |
> Milizen drohen denjenigen, die mit der neuen Regierung verhandeln. | |
Bild: Kämpfe am Flughafen in Tripolis. | |
TUNIS taz | Diplomaten in Brüssel und New York schlagen wegen der Kämpfe in | |
Bengasi im Osten Libyens und westlich der Hauptstadt Tripolis Alarm. „Wenn | |
sich die Situation nicht schnell bessert, könnte Libyen als nächstes Land | |
unter die Kontrolle des Islamischen Staates (IS) und anderer Extremisten | |
geraten“, warnte die italienische Außenministerin Federica Mogherini | |
vergangene Woche vor EU-Parlamentariern. Vor einer Woche hatte die Miliz | |
„Islamische Armee“ in der Kleinstadt Derna östlich von Bengasi offiziell | |
ihre Solidarität mit IS erklärt. Am Samstag landete UN-Generalsekretär Ban | |
Ki Moon überraschend in Tripolis. | |
Zuvor war ein von der Uno vermittelter Waffenstillstand zwischen dem im | |
Juli gewählten Parlament und der in Tripolis einmarschierten Milizenallianz | |
al-Fadschr gescheitert. Ban traf in Tripolis mit mehreren Abgeordneten des | |
Repräsentantenhauses zusammen, die den Sitzungen des neuen | |
Übergangsparlaments fernbleiben. | |
Die meist aus Misrata stammenden Islamisten werfen den im ostlibyschen | |
Tobruk tagenden mehrheitlich liberalen Parlamentariern vor, zusammen mit | |
der ägyptischen Armee und der libyschen Luftwaffe gegen die | |
„revolutionären“ Milizen vorzugehen. Die Parlamentarier hatten beschlossen, | |
alle nicht von Staat als Sicherheitskräfte anerkannten Milizen ab Januar zu | |
verbieten und nicht mehr zu bezahlen. | |
Fast 300.000 Menschen sind seit dem Angriff der islamistischen | |
Misrata-Milizen auf die Hauptstadt vertrieben worden. Bei ihrem Vormarsch | |
auf die mit der Armee und dem Parlament verbündeten konservativ-gemäßigten | |
Kämpfer aus der Stadt Sintan in den vergangenen zwei Wochen kamen über 200 | |
Menschen ums Leben. | |
## Gefährliches Machtvakuum | |
„Es gibt keine Alternative zum Dialog“, versuchte Ban den Konfliktparteien | |
einzubläuen. Immerhin hatte sein Libyen-Sondervermittler Bernardino León | |
Vertreter beide Seiten in der Wüstenoase an einen Tisch bekommen. Moderate | |
Politiker aus der Handels- und Industriemetropole Misrata zeigten sich | |
offen für einen Kompromiss. Einer der militärischen Anführer der | |
Fadschr-Allianz, Saleh Badhi, drohte hingegen jedem, der mit der „vom | |
Ausland gesteuerten“ Tobruk-Regierung verhandle. | |
Das durch den Kampf der Stämme, Liberalen und moderaten Islamisten | |
entstandene Machtvakuum nutzen extremistische Gruppen, um Fakten zu | |
schaffen. Mohammed al-Zahawi, Kommandeur der Ansar-al-Scharia-Miliz, | |
bekräftigte am Wochenende, dass die sogenannte „Schura-Rat“-Allianz kurz | |
davor stehe, die Kontrolle über ganz Bengasi zu übernehmen. | |
Die libysche Armee hat sich nach dem Verlust ihrer Kasernen in Bengasi auf | |
dem nahe gelegenen Flughafen Benina verschanzt. „Wir haben den Feind | |
umzingelt und vom Nachschub abgeschnitten“, so Zahawi, der die Islamisten | |
wahlweise als „wahre Revolutionäre“ oder „Mudschaheddin“ bezeichnet. In | |
einem Videoclip trat er zusammen mit Feldkommandeur Wessam Hamid vor dem | |
schwarzen Banner auf, das auch vom IS genutzt wird. | |
12 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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