# taz.de -- Antirassistischer Fußballklub in Italien: Eine Mannschaft namens O… | |
> Italiens Verbandspräsident Tavecchio wurde wegen Rassismus gesperrt. Ein | |
> Team hat sich nun nach einem Ausspruch von ihm benannt. | |
Bild: Schweigt zum neuen Klub: Carlo Tavecchio | |
ROM taz | „Auf Diamanten wächst gar nichts, auf Mist wachsen Blumen“, sang | |
einst Italiens heiß geliebter Liedermacher Fabrizio De André. Der Genueser | |
Poet, der sich gern an François Villon, dem Sänger der Unterschichten des | |
Mittelalters, orientierte, zog den Diamanten-Mist-Vergleich in einem Lied | |
über das Rotlichtviertel seiner Heimatstadt. | |
Italienische Medien fühlen sich nun bei Ereignissen aus der Welt des | |
Fußballs an De André erinnert. Denn ausgerechnet in Potenza, einer | |
Kleinstadt in der Provinz Basilikata, deren Fußballmannschaft vor fünf | |
Jahren wegen besonders heftiger Spielmanipulationen auffiel, entstand mit | |
Unterstützung des italienischen Fußballverbands FIGC eine Fußballmannschaft | |
aus Immigranten, die sich selbstden Namen „Opti Poba“ gegeben hat. | |
Dazu muss man wissen, dass „Opti Poba“ eine in Italien mittlerweile | |
berühmte Fantasiegestalt ist, die dem Hirn von FIGC-Präsident Carlo | |
Tavecchio entsprang. Tavecchio hatte in der Debatte um die Integration | |
afrikanischer Spieler mit folgendem Ausspruch für Aufregung gesorgt: „Zu | |
uns kommt Opti Poba, der gerade noch Bananen aß und jetzt einen Stammplatz | |
bei Lazio hat.“ | |
Nach längerem Hin und Her verhängte die Uefa eine Sechsmonatssperre wegen | |
Rassismus gegen ihn. Die Verunglimpfung durch den Präsidenten erzeugte aber | |
auch andere Effekte. Schnell kursierte ein Onlinespiel, in dem eine Figur, | |
die Tavecchio gleicht, Bananen im Dschungel sammeln muss. Und in Potenza | |
entstand eben der Fußballklub „Opti Poba“. Er hat derzeit 128 Mitglieder �… | |
allesamt Flüchtlinge – etwa aus Syrien, Bangladesch oder Kamerun. | |
Der Initiator des Klubs, Francesco Giuzio, traf sie während eines | |
Trainerlehrgangs. Gemeinsam mit einem anderen Teilnehmer dieses | |
Trainerlehrgangsentwickelte er die Idee, hier die frisch erworbenen | |
Trainerfähigkeiten einzubringen. „Ich war schon immer sensibel für die | |
Probleme der Migranten. Und als ich mich erkundigte, wie man ihnen helfen | |
kann, entdeckte ich ihre Leidenschaft für Fußball. Sofort habe ich gedacht, | |
es wäre schön, ihnen bei der Bildung einer echten Mannschaft zur Hand zu | |
gehen und ihnen zugleich dabei zu helfen, eine neue Sprache zu erlernen“, | |
erzählte Giuzio italienischen Medien. | |
## Tavecchio reagierte nicht | |
Um sein Vorhaben bekannter zu machen, wählte er den Namen der | |
Fantasiegestalt Tavecchios. Der italienische Verband hätte nun die Chance | |
gehabt, sich nach der Aussage seines suspendierten Präsidenten zu | |
rehabilitieren, indem er den Namen anerkannt hätte – wie die Gazetta dello | |
Sport am Wochenende berichtete, will man ihn hingegen nicht akzeptieren. | |
Das Interesse an Giuzios Team war dabei groß: Landesweit wurde über den | |
Klub, der am Spielbetrieb der Amateure teilnehmen will, berichtet. Giuzio | |
lud auch Tavecchio ein, mit Vertretern der Nationalmannschaft nach Potenza | |
zu kommen und so seine frühere Entgleisung zu kompensieren. Tavecchio | |
reagierte nicht. | |
Interessant ist aber, dass laut Giuzio lokale Ableger des Verbandes die | |
Initiative unterstützten. Auch der Viertligaklub Potenza hilft und stellt | |
Trikots und Bälle zur Verfügung. Und Tavecchio erschien bei näherem | |
Hinsehen zunächst auch in einem anderen Licht, denn „Opti Poba“ ist bei | |
Weitem nicht der erste Fußballklub, der von italienischen Aktivisten ins | |
Leben gerufen wurde, um migrantischen Fußballern neue Perspektiven zu | |
eröffnen. Einer von ihnen, der FC Senegal Bergamo, holte im Sommer den | |
Amateurmeistertitel in der dritten Kategorie. Dessen Präsident Baye Diouf | |
hob die Unterstützung hervor, die der – bis dato von Tavecchio geführte | |
–Amateurfußballverband seinem Klub und anderen Vereinen in der | |
Vergangenheit hat zuteilwerden lassen. | |
Diouf sprach davon, dass Tavecchios missliche Worte auf ein echtes Problem | |
im italienischen Fußball verwiesen hätten. „Jeder Fußballkenner weiß von | |
den Rekrutierungspraktiken afrikanischer Fußballer. Es handelt sich um | |
einen wahren Sklavenhandel mit jungen und weniger jungen Sportlern, deren | |
Alter oft genug manipuliert wird.“ Nach Ablauf seiner Sperre hätte | |
Tavecchio Gelegenheit, das Problem anzugehen – dann müsste er aber seine | |
eigenen Fehler eingestehen. | |
Wenn Tavecchio seine zweifelsohne vorhandenen Macherqualitäten zukünftig | |
mit Transparenz, Chancengerechtigkeit und echter Reue verbinden sollte, | |
könnte er tatsächlich noch zu dem Präsidenten werden, der den an | |
zahlreichen inneren Fehden leidenden Verband auf Vordermann bringt. | |
20 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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