| # taz.de -- Showformate im Fernsehen: Importweltmeister Deutschland | |
| > „DSDS“, „The Voice“, „Das perfekte Dinner“: Kaum eine erfolgreiche | |
| > TV-Abendshow wird in Deutschland entwickelt. Warum? | |
| Bild: „Das Supertalent“: Wer hat's erfunden? Die Briten. | |
| Die interaktive israelische Castingshow „Rising Star“ war mal ein großer | |
| Hoffnungsträger. Um sie setzte im vergangenen Jahr auf der Messe Mipcom in | |
| Cannes ein regelrechtes Wettbieten ein. RTL gewann am Ende – und war doch | |
| der Verlierer: Das Publikumsinteresse in Deutschland war gering, die Show | |
| wurde vorzeitig abgesetzt. | |
| Dennoch: Die deutschen Sender waren, sind und bleiben auf Ideen aus dem | |
| Ausland angewiesen. Das zeigte sich wieder einmal auf der diesjährigen | |
| Mipcom, die vergangene Woche stattfand. Dort suchten rund 12.000 | |
| Fernsehmacher nach Showideen, die sie für den heimischen Markt einkaufen | |
| könnten. „Viele Shows, die den TV-Markt zurzeit dominieren, kommen aus dem | |
| Ausland. ’Deutschland sucht den Superstar‘, ’Das Supertalent‘, ’The V… | |
| ’Germany’s Next Top Model‘, ’Die Höhle der Löwen‘ oder ’Das perfe… | |
| Dinner‘ “, sagt Brainpool-Chef Jörg Grabosch. „Es gibt nur wenige deutsc… | |
| Formate, die erfolgreich sind.“ | |
| Grabosch gehört zu den wenigen deutschen Produzenten, die erfolgreich | |
| Showformate für das deutsche Fernsehen herstellen, etwa „Schlag den Raab“. | |
| Die Produktion wurde sogar ins Ausland verkauft, in Großbritannien lief sie | |
| als „Beat the Host“. Auch das „Turmspringen“ der Kölner verkaufte sich… | |
| 13 Länder und hatte etwa in China 480 Millionen Zuschauer – laut Grabosch. | |
| Aber selbst Brainpool ist mittlerweile zur Hälfte im Besitz des | |
| französischen Unterhaltungsproduzenten Banijay. Und schaut man in die | |
| Abspänne der abendlichen leichten Fernsehunterhaltung, dann liest man immer | |
| wieder die Namen von ITV Studios Germany, Endemol Deutschland, Shine | |
| Germany, Eyeworks Germany oder All3Media – allesamt Ableger von | |
| Mütterhäusern, die ihren Sitz in den Niederlanden, den USA oder in | |
| Großbritannien haben. Wie kommt es, dass auf einem der größten Medienmärkte | |
| der Welt bisher kaum eigene Entertainmentformate entwickelt wurden? | |
| „Die Entwicklung von Formaten bedeutet zeitlich und wirtschaftlich einen | |
| großen Aufwand, was nur Sinn macht, wenn es breite Auswertungsmöglichkeiten | |
| gibt“, sagt Moritz von Kruedener aus der Geschäftsführung von Beta Film. | |
| Die BBC beispielsweise gestehe Entertainmentformaten eine größere Bedeutung | |
| zu, als das bei deutschen öffentlich-rechtlichen Sendern der Fall sei, die | |
| Entertainment nie als Kernthema gesehen hätten. | |
| Doch der wesentliche Punkt ist laut von Kruedener: „Die großen Produktionen | |
| entstehen hier durch Senderauftrag und werden meist vollständig aus | |
| Deutschland finanziert. Das fördert nicht die Notwendigkeit, auch mit Blick | |
| auf den internationalen Markt zu produzieren.“ | |
| ## In Formaten denken | |
| Das sieht Grabosch ähnlich: „Jemand wie John de Mol sitzt in Holland und | |
| denkt nur in Formaten. Für ihn macht die Entwicklung eigener Ideen | |
| ökonomisch nur Sinn, wenn er sie weltweit verkaufen kann. Diesen Druck hat | |
| in Deutschland niemand. ’Schlag den Raab‘ ist in der deutschen Variante | |
| schon profitabel. Wenn es auch im Ausland gekauft wird, freuen wir uns | |
| natürlich über diese On-Top-Einnahmen.“ | |
| Aber, und das zeigt aktuell die Mipcom, auch im Ausland scheinen die Ideen | |
| zu versiegen. Im Gegensatz zu früher werden dort von deutschen Einkäufern | |
| kaum noch Formate entdeckt, die für Primetime-tauglich befunden werden. | |
| TV-Unterhaltungsprofi Oliver Fuchs gibt dafür eine Erklärung, die sich auf | |
| alle Fernsehgenres übertragen lässt: „In einem Markt, auf dem immer mehr | |
| Inhalte nichtlinear konsumiert werden, wird es bei der klassischen | |
| Show-Unterhaltung einen Rückgang geben.“ Die Mediatheken der Sender sind | |
| voll mit Dokus, Reportagen, Spielfilmen und Unterhaltungsshows. Der | |
| Zuschauer hat die freie Wahl. | |
| RTL jedenfalls, so der Sprecher Christian Körner, habe mangels Nachschub | |
| aus dem Ausland schon vor einiger Zeit begonnen, Showformate auch lokal zu | |
| entwickeln, etwa „Die 2“ mit Thomas Gottschalk und Günther Jauch oder | |
| „Mario Barth deckt auf“. Beide sind mit einem Marktanteil in Höhe von | |
| zweistelligen Prozentzahlen immerhin einigermaßen erfolgreich. | |
| Und auch bei Beta Film scheint die allgemeine Umorientierung den Ausschlag | |
| gegeben zu haben, in das TV-Entertainmentgeschäft einzusteigen – mit der | |
| Tochterfirma Seapoint, die für den deutschen und den ausländischen Markt | |
| Formate entwickeln soll. | |
| Dass deutsche Shows trotz der allgemeinen Entwicklung doch nicht ganz | |
| chancenlos sind, hat auf der Mipcom ausgerechnet ein Format gezeigt, das | |
| bei uns bald abgesetzt wird: „Wetten, dass . . ?“ konnte nach Spanien | |
| verkauft werden. Damit läuft der Show-Dino in fast 30 Ländern. | |
| 24 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Urbe | |
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