| # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Uruguay: Die Linke im Aufwind | |
| > Der Kandidat der linken Frente Amplio, Tabaré Vázquez, zieht mit etwa 47 | |
| > Prozent der Stimmen in die Stichwahl. Damit liegt er weit vor seinen | |
| > Gegnern. | |
| Bild: Liegt vorn: Tabaré Vázquez. | |
| BUENOS AIRES taz | Uruguays Linke ist wieder im Aufwind. Zwar erreichte | |
| nach den bisherigen Hochrechnungen keiner der sieben Kandidaten bei der | |
| Präsidentschaftswahl am Sonntag die erforderliche Mehrheit von über 50 | |
| Prozent der Stimmen. Überraschend deutlich auf Platz Eins kam jedoch der | |
| Kandidat des linken Regierungsbündnisses „Frente Amplio – Breite Front“ … | |
| frühere Präsident Tabaré Vázquez. Nach den letzten Hochrechnungen zieht der | |
| 74-Jährige mit rund 47 Prozent der Stimmen in die Stichwahl ein. Das seit | |
| 2005 regierende Bündnis hat damit gute Chancen auch weiterhin den | |
| Präsidenten zu stellen. | |
| Am 30. November kommt es also zur Stichwahl. Dort trifft Vázquez auf den | |
| Kandidaten der rechtsliberalen Nationalpartei, Luis Lacalle Pou, der mit | |
| rund 31 Prozent der Stimmen auf Platz Zwei kam. Abgeschlagen auf dem | |
| dritten Platz landete der Kandidat der rechten Colorado-Partei, Pedro | |
| Bordaberry, mit rund 13 Prozent. | |
| Die Stichwahl war erwartet worden, die Reihenfolge der Platzierten | |
| ebenfalls, aber die Stimmenverteilung war für viele dann doch überraschend. | |
| Letztlich fehlten nur zwei, drei Prozent und Vázquez hätte es im ersten | |
| Wahlgang bereist geschafft. Vielleicht hoffte der gelernte Onkologe sogar | |
| noch auf den Sieg. Stündlich kletterte er am Wahlabend in den | |
| Hochrechnungen Prozent für Prozent nach oben. | |
| “Y ya lo ve, el Presidente Tabaré – man sieht schon den Präsidenten | |
| Tabaré,“ skandierten seine überglücklichen und wohl auch erleichterten | |
| Anhänger, die bereits seit Stunden auf der Avenida 18 de Julio in der | |
| Hauptstadt Montevideo singend und tanzend feierten und bei jeder neuen | |
| Hochrechnung in frenetischen Jubel ausbrachen. | |
| Spät trat Vázquez denn auch vor sie. „Die Mehrheit hat sich heute für | |
| unsere politische Kraft entschieden, aber wir müssen noch in die | |
| Ballotage,“ gab sich Vázquez siegessicher. Am Ende seiner recht präsidial | |
| anmutenden Rede stimmte er in Tanz und Gesang mit ein. Der Sieg in der | |
| Stichwahl dürfte dem Sozialisten tatsächlich nur noch schwer zu nehmen | |
| sein. | |
| ## Dämpfer für weitere Kandidaten | |
| Geknickt war dagegen die Stimmung beim Zweitplatzierten, Luis Lacalle Pou. | |
| Der 41-Jährige hatte sich einiges mehr als die mageren 31 Prozent | |
| versprochen. Sein Ziel war zwar nicht Platz Eins, aber doch der Einzug in | |
| die Stichwahl und dabei den Abstand zu Vázquez in erträglichen Grenzen zu | |
| halten. Doch Lacalle Pou konnte keine Wechselstimmung erzeugen. Bereits auf | |
| seiner letzten Wahlkampfveranstaltung ließ er durchblicken, dass „es nicht | |
| die Epoche für einen Wechsel ist“. Die gerademal 3000 erschienenen Anhänger | |
| bildeten denn auch keinen präsidentenverdächtigen Rahmen. | |
| Dagegen hatte es während des Wahlkampfes lange nicht nach einem solch | |
| eindeutigen Ergebnis ausgesehen. Vázquez ist bei einem beträchtlichen Teil | |
| der Frente-Anhänger nicht gerade beliebt. Sein autokratischer Führungsstil | |
| und seine eher konservative Haltung stoßen viele Linke im Bündnis ab. Doch | |
| Charisma kann dem älteren Herrn niemand absprechen und, dass er Wahlen | |
| gewinnen kann, hat er mehrfach bewiesen. | |
| Abgeschlagen auf Platz drei landete Pedro Bordaberry. Dem 54-Jährigen | |
| nützte es wenig, dass er im Wahlkampf ausschließlich auf seinen Vornamen | |
| setzte und Straßen und Plätze mit Pedro plakatieren ließ. Sein Vater, | |
| Ex-Präsident und Diktator Juan María Bordaberry wurde 2010 wegen der | |
| Ermordung von vier Oppositionellen im Jahr 1976 zu 30 Jahren Haft | |
| verurteilt. Noch am Wahlabend verkündigte Pedro Bordaberry, wen er in der | |
| Stichwahl unterstützen werde: „Ab jetzt arbeite ich dafür, dass Lacalle Pou | |
| gewinnt.“ | |
| Die rund 2,6 Millionen Wahlberechtigten waren am Sonntag auch aufgerufen, | |
| einen neuen Kongress zu wählen. Zur Wahl standen 30 Senatorensitze und 99 | |
| Mandate im Abgeordnetenhaus. Nach den bisherigen Hochrechnungen könnte das | |
| Regierungsbündnis „Breite Front“ seine Mehrheit in den beiden Kammern | |
| äußerst knapp verteidigt haben. Über die Wahlbeteiligung lässt sich noch | |
| nichts sagen. In Uruguay herrscht Wahlpflicht. | |
| ## Referendum zum Strafmündigkeitsalter | |
| Dass die Rechte bei einem ihrer zentralen Wahlkampfthemen letztlich nicht | |
| punkten konnte, beweist der Ausgang des Referendum über die Senkung des | |
| Strafmündigkeitsalters bei schweren Verbrechen von 18 auf 16 Jahre und das | |
| Vorstrafen nicht mehr wie bisher nach einigen Jahren aus dem Register | |
| gelöscht werden sollten. Nach den bisherigen Hochrechnungen gilt es als | |
| sicher, dass sich keine Mehrheit der Wahlberechtigten dafür ausgesprochen | |
| hat. | |
| Staatspräsident Mujica hatte sich noch zwei Tage vor der Wahl aktiv als | |
| Gegner des Referendums gezeigt. Obwohl die Verfassung ihm jegliche | |
| Einmischung in den Wahlkampf verbietet, traf sich der Präsident noch zwei | |
| Tage vor der Abstimmung demonstrativ mit jugendlichen Straftätern, und | |
| plauderte mit ihnen über ihre Rehabilitationsmaßnahmen sind. | |
| Das Referendum war 2011 von der Colorado-Partei initiiert worden. Es war | |
| das erste Mal, dass sich eine rechte Partei des Instruments der | |
| Volksabstimmung bediente. Das Pro und Contra ging jedoch quer durch alle | |
| Parteien. Dass die rechten Initiatoren dennoch nicht erfolgreich waren, lag | |
| vor allem an der breiten Mobilisierung der Gegner in der Kampagne „No a la | |
| baja – Nein zur Absenkung“. Sie kritisierten das Vorhaben als gegen die | |
| Rehabilitation gerichtet und als Wegsperren von Jugendlichen in normalen | |
| Gefängnissen. Diese Mobilisierung sorgte für einen sensiblen Umgang mit dem | |
| Thema Sicherheit während des Wahlkampfes und ließ rechte | |
| Law-and-Order-Parolen ins Leere laufen. | |
| 27 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
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