# taz.de -- Berliner Szenen: Was die früher dachten | |
> Auf den Flugfeldern der Zukunft wirkt die Vergangenheit plötzlich ganz | |
> komisch. Man wird aber nicht alles verstehen müssen. | |
Bild: Einfach Gras drüber wachsen lassen. | |
Die Hände in den Manteltaschen schlenderten A. und B. über die Wiese. Es | |
war ein verregneter Herbst. Erst vor ein paar Tagen hatte es wieder einen | |
dieser Stürme gegeben, die überall Bäume entwurzelten. | |
Auch auf der Wiese hier lagen ein paar Birken und Erlen rum. „Lustig“, | |
sagte A., während sie auf einem Stamm balancierte, „dass sie auf so was | |
früher die Nachrichten gedruckt haben.“ „Ja“, sagte B., „absurd.“ Sie | |
liefen weiter. „Weißt du eigentlich“, fragte B. irgendwann, „warum das h… | |
Flugfeld genannt wird?“ – „Ich hab gehört, irgendwann hatten sie mal den | |
Plan, hier einen Flughafen zu bauen.“ – „Haben sie aber nicht?“ – „… | |
„Hm.“ | |
„Das ist aber ’ne Weile her, 21. Jahrhundert oder so, da war Berlin noch | |
kleiner und hatte Brandenburg noch nicht als Zusatzbezirk aufgenommen. Da | |
kamen die mit der Fläche irgendwie noch klar, aber da hatten die auch noch | |
gar nicht elf Millionen Einwohner, sondern nur fünf oder so.“ – „Ach. Das | |
waren solche Freaks früher.“ – „Hm. Schon irgendwie.“ | |
Weil es dunkler wurde, liefen sie Richtung Ausgang. Das Tor öffnete sich, | |
eine automatische Stimme sagte: „Tschüss, A. und B., bis zum nächsten Mal.�… | |
Sie liefen die Straße entlang. „Was auch krass ist“, sagte B., „ist, dass | |
die einfach dachten, es könnte keinen Kommunismus geben“. A. lachte. „Das | |
ist so heftig, oder? Musst du eigentlich auch wieder?“ „Ja, besser wär’s… | |
sagte B., und sie bogen in eine Seitenstraße ein und öffneten die Tür zu | |
einem Café. | |
„Zwei Kaffee und jeweils mal aufladen“, sagte B. an der Theke und kam mit | |
zwei Ladegeräten zurück zu A. Sie setzten sich in die Sessel und legten | |
sich die Geräte auf den Bauch in Bauchnabelhöhe. „Die hatten damals aber | |
auch keine Kontrollimplantate?“, fragte A., und B. schüttelte den Kopf. | |
„Dann konnte das ja nicht gehen“, sagte A., lehnte sich zurück und genoss | |
das warme Gefühl am Bauch. | |
2 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Margarete Stokowski | |
## TAGS | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
Berliner Szenen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Berliner Szenen: Meine Hood, Alter | |
Auf den Spuren der eigenen Kindheit in Berlin-Rixdorf. Ein Platz hat einen | |
neuen Namen, aber der Geruch ist derselbe wie früher. | |
Berliner Szenen: Kifferparty olé | |
Jugendliche probieren sich aus: Als Undergroundkünstler auf dem | |
Weihnachtsmarkt und als Beziehungsexpertinnen in der U-Bahn. | |
Berliner Szenen: Voller Koffer | |
Im Regio nach Wismar wird nicht gelesen, es wird gespielt. Mütter werden in | |
Koffer gesteckt, Technik wird vom Kind vermisst. | |
Berliner Szenen: Fast wie Lagerfeuer | |
Bei Tina Dicos Konzert gab es leider kein Lagerfeuer und auch sonst wenig | |
Schnickschnack, aber magische Momente. | |
Berliner Szenen: Oma flog nicht. Oma blieb | |
Totgesagte leben länger, und manchmal tanzen sie in ihren Sterbekleidern, | |
statt mit Unterrock in den Himmel zu fliegen. | |
Berliner Szenen: Geh sterben | |
Im Regio wird geklopft und getrunken, die Fotos sind fail, der Schnaps ist | |
eklig. Und sterben gehen heißt gar nichts. | |
Berliner Szenen: Absurdes Gemäuer | |
Ein Abend in altehrwürdigen Räumen in Wannsee: Verschiedene Formen von Neid | |
wechseln einander ab. | |
Berliner Szenen: Mittelpunkt einer Wolke | |
Dicke Eier und was Neues am Fuß in der U-Bahn: Fußvergleich zweier Jungs, | |
von denen einer neue Schuhe hat. | |
Berliner Szenen: Von innen Vanüllje | |
Wenn Schokoeis aus ist und es stattdessen Sanddorn gibt, ist bald auch der | |
bezahlbare Wohnraum aus. |