# taz.de -- Rot-rote Koalition in Brandenburg: Regierung mit „einem Sarrazin�… | |
> In Potsdam besiegeln SPD und Linke die Neuauflage von Rot-Rot. | |
> Innenminister wird ein Rechter, für Agrar ist ein Genosse der | |
> Hühnerbarone vorgesehen. | |
Bild: Dietmar Woidke (l., SPD-Ministerpräsident) und Christian Görke (Finanzm… | |
POTSDAM/BERLIN taz Nun ist es amtlich. Am Montagnachmittag haben SPD und | |
Linke die Neuauflage von Rot-Rot in Brandenburg besiegelt. Die beiden | |
Parteichefs Dietmar Woidke und Christian Görke unterzeichneten in Potsdam | |
den Koalitionsvertrag. Neben der personellen Stärkung von Schulen und Kitas | |
legt der Vertrag fest, die Zahl Polizisten im Land nicht so weit | |
abzusenken, wie das bislang geplant war. Ziel ist es zudem, den Haushalt | |
wie bisher ohne neue Kredite zu finanzieren. | |
Im neuen Kabinett gibt es tiefgreifende Veränderungen. Die Linkspartei, die | |
bei der Wahl im September von 27,2 auf 18,6 Prozent abgesackt war, musste | |
ein Ministerium abgeben. Der Wahlsieger SPD besetzt nun sechs Ministerien, | |
dem Koalitionspartner bleiben nur noch drei statt wie bislang vier | |
Ressorts. | |
Auf Seiten der SPD bleibt lediglich die parteilose Wissenschafts- und | |
Kulturministerin Sabine Kunst an ihrem Platz. Neuer Wirtschaftsminister | |
wird der bisherige Staatskanzleichef Albrecht Gerber; neue | |
Infrastrukturministerin die bisherige Staatssekretärin des Ministeriums, | |
Kathrin Schneider. Beide sind SPD-Mitglieder. Das Innen- und das | |
Agrarressort gehen ebenfalls an Sozialdemokraten. | |
Die Linke behält das Finanz- und das Justizministerium sowie das Arbeits- | |
und Sozialministerium. Dieses wichtige Ressort übernimmt künftig Diana | |
Golze. Die 39-Jährige wechselt vom Bundestag in den Potsdamer Landtag. In | |
Berlin hatte sie sich als kinder- und jugendpolitische Sprecherin ihrer | |
Fraktion einen Namen gemacht. | |
## Koalitionsziel: weniger Landkreise | |
Für Irritationen sorgt vor allem eine Personalentscheidung. | |
Ministerpräsident Woidke hat Karl-Heinz Schröter als neuen Innenminister | |
nominiert. Schröter war bislang SPD-Landrat von Oberhavel. Dort fiel er | |
durch Kompromisslosigkeit, mitunter auch Herablassung gegenüber Grünen und | |
Linken auf. Einig schien er hingegen meist mit der CDU, vor allem was die | |
restriktive Flüchtlingspolitik in dem Berlin-nahen Landkreis anging. | |
Trotz der Weisung aus dem Innenministerium, den Flüchtlingen in Brandenburg | |
die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen in bar auszuzahlen, hielt | |
Schröter am Gutscheinsystem fest. Nun wird Schröter selbst Innenminister. | |
Axel Vogel, Fraktionschef der Grünen im Potsdamer Landtag, nennt die | |
Personalie gegenüber der taz „hochdramatisch“. Der Oberhaveler | |
Linke-Politiker Peter Ligner nennt Schröter einen „innenpolitischen | |
Sarrazin“. | |
Schröters Ruf als politischer Hardliner ist es wohl, der ihn qualifiziert. | |
Der Vorsitzende des Brandenburger Landkreistages soll die angekündigte | |
Gebietsreform durchsetzen. Aus 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten | |
sollen künftig zehn Kreise werden. Dass Schröter sich bislang eigentlich | |
gegen diese Schrumpfkur eingesetzt hatte, schien kein Hindernis zu sein. | |
Noch eine weitere Ressortentscheidung sorgt für Unruhe. Durch das | |
Zusammenlegen seines Landwirtschaftsministeriums mit dem Umweltressort | |
erhält SPD-Mann Jörg Vogelsänger künftig deutlich mehr Gestaltungsmacht. | |
Der Fünfzigjährige gilt als großer Verfechter der Interessen der | |
industriellen Landwirtschaft. Das beunruhigt die Grünen. Durch die | |
Ressortfusion werde Vogelsänger künftig „nicht nur für die | |
Fördermittelvergabe an Schweinemäster und Hühnerbarone zuständig, sondern | |
gleichzeitig auch noch für die Genehmigungsverfahren von Stallanlagen“, | |
kritisiert Fraktionschef Vogel. | |
SPD und Linke können nur hoffen, dass ihnen in den kommenden fünf Jahren | |
tiefgreifender Streit erspart bleibt. Mit 47 Stimmen verfügt Rot-Rot über | |
eine sehr knappe Mehrheit im 88-köpfigen Landesparlament. | |
3 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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