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# taz.de -- Kinder und Online-Werbung: „Anzeige mache ich bei der Polizei“
> Das Internet ist auch ein Kinderspielplatz. Doch wie gehen Heranwachsende
> mit der kaum vermeidbaren Online-Werbung um?
Bild: Gespannt starren Kinder auf ein Online-Spiel. Auch da stoßen sie auf Wer…
Kinder verbringen viel Zeit im Netz. Und auch wenn sie sich dort
selbstsicher bewegen: Dass sie genau wie Erwachsene automatisch zu
Adressaten von Online-Werbung werden, bemerken sie oft nicht. Den Umgang
der Altersgruppe von sechs bis elf Jahren mit Werbung im Netz thematisierte
eine Fachtagung der NRW-Landesanstalt für Medien und des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Berlin. Anlass war die
Vorstellung der [1][Studie] „Kinder und Online-Werbung“ des
Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung in Hamburg, das Hunderte
Heranwachsende zu diesem Thema befragt hatte.
Auch vor 20 Jahren wurden Kinder mit Werbung konfrontiert, vorrangig durch
das Medium Fernsehen. Heute findet hingegen ein Großteil der Reklame im
Internet statt, wo die Inhalte von Werbung entsprechend dem individuellen
Nutzerverhalten personalisiert werden. Auch wenn sie den Satz „Gib deine
Daten nirgendwo ein“ häufig zu hören bekommen, ist Kindern kaum bewusst,
dass sogenannte Metadaten zur Profilbildung potentieller Kunden erfasst
werden – ihren Eltern geht es jedoch meist ebenso.
„Es werden keine Daten von Kindern getrackt“, stellt Stephan Noller,
Experte für Online-Werbung auf der Tagung klar, zumindest nicht bei
altersgerechten Internetangeboten. Webseiten, die sowohl von Erwachsenen
als auch Kindern genutzt werden, können aber nicht zwischen Minderjährigen
und anderen Nutzergruppen unterscheiden.
Laut einer [2][Studie] der Landesanstalt für Kommunikation
Baden-Württemberg von 2012 nannten Sechs- bis Elfjährige als
Lieblingsseiten unter anderem die werbefreien Startseiten von
[3][blinde-kuh.de] oder [4][kika.de], aber auch die Startseiten bravo.de
oder toggo.de, auf denen sich Werbebanner befinden. Diese Altersgruppe
nutzt aber auch Angebote, die eher für Erwachsene ausgelegt sind, wie das
Fußballportal bundesliga.de oder den E-Mail-Provider web.de, bei denen man
dementsprechend großen Werbeanzeigen begegnet.
Auf der Hälfte der Startseiten, die in der Studie des Hans-Bredow-Instituts
untersucht wurden, befanden sich Werbeelemente, meistens Text- oder
Grafik-Banner, die zum Teil animiert waren. Seltener waren kurze
Filmsequenzen, wie sie beispielsweise Video-Portal YouTube am Beginn der
geposteten Clips einblendet. Auf Jugendwebseiten fanden sich laut Studie
durchschnittlich fünf Werbebanner, auf Online-Angeboten nur für Kinder
immerhin noch drei.
## Kennzeichnung von Werbung
„20 Prozent der Werbung ist nicht als solche gekennzeichnet“, sagt Stephan
Dreyer, einer der drei Herausgeber der Studie. Da es dafür keine
rechtlichen Vorgaben gibt, kann Werbung von Kindern häufig nicht als solche
erkannt werden. Aber auch wenn eine Werbebanner mit „Anzeige“
gekennzeichnet ist, assoziieren einige Kinder den Begriff eher mit einem
polizeilichen Vorgang als mit Online-Werbung.
Dass Kinder von Reklame überfordert sind, das ist die eine Annahme. Der
Internet-Experte Stephan Noller meint dagegen: Macht aufdringliche Werbung,
damit Kinder sie sofort bemerken und lernen damit umzugehen. Heranwachsende
werden unterschätzt, obwohl sie nicht selten technisch kompetenter als die
eigenen Eltern seien, so Noller.
Aber wie schützt man sie nun tatsächlich, wenn plötzlich ungewollt
Online-Werbung für ein Flirtportal aufploppt oder inhaltlich stereotype
Rollenbilder und Schönheitsideale auf sie einprasseln?
Ein Besucher aus dem Publikum der Fachtagung fordert generelle
Werbefreiheit in Medien für Kinder unter 12 Jahren. Da jedoch das
Geschäftsmodell „Werbung“ in naher Zukunft nicht durch andere Bezahlmodelle
abgelöst werden wird, bleibt ein „Keine Werbung“-Zertifikat, in Anlehnung
an das bereits existierende [5][Trusted Shop-Gütesiegel], wohl weiterhin
eine Illusion.
Deshalb sollten Eltern vor allem ihrem Nachwuchs frühzeitig erklären,
welchen Zweck Online-Reklame hat und wie sie damit umgehen können. Oder
einen Werbeblocker installieren, denn Kinder wissen mit Sicherheit auch
ohne Werbebanner, was sie sich von ihren Eltern zu Weihnachten wünschen.
6 Nov 2014
## LINKS
[1] http://www.hans-bredow-institut.de/webfm_send/1052
[2] http://mpfs.de/index.php?id=548
[3] http://www.blinde-kuh.de/
[4] http://www.kika.de/
[5] http://www.trustedshops.de/
## AUTOREN
Nora Pfützenreuter
## TAGS
Kinder
Internet
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Werbung
Medienkompetenz
Werbung
Kinder
Mark Zuckerberg
Datenschutz
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