# taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Waffenruhe in Gefahr | |
> Kiew will die von den Separatisten besetzen Gebiete nicht zurückerobern. | |
> Die Nato kritisiert Wladimir Putin scharf und England droht mit härteren | |
> Sanktionen. | |
Bild: Der ukrainische Präsident vor OSZE-Fahrzeugen zur Überwachung der Feuer… | |
BERLIN/KIEW/NEW YORK dpa/rtr | Die Ukraine will nach Worten von | |
Außenminister Pawlo Klimkin die von Separatisten besetzten Gebiete nicht | |
zurückerobern. „Eine militärische Offensive würde doch auch die | |
Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft ziehen, unsere ukrainischen | |
Landsleute“, sagte Klimkin der in Düsseldorf erscheinenden Rheinischen | |
Post. Seine Regierung wolle sich weiter an das Waffenruhe-Abkommen halten | |
und strebe eine politische Lösung an, betonte der Minister. | |
Sollten die von Russland unterstützten Separatisten jedoch neue Angriffe | |
starten, sei die ukrainische Armee inzwischen stark genug, um sie | |
zurückzuschlagen. Klimkin kündigte in dem Blatt an, dass die Ukraine wohl | |
schon bald weitere westliche Finanzhilfen benötigen werde. | |
Wegen des Bruchs der Waffenruhe in der Ukraine hat Nato-Generalsekretär | |
Jens Stoltenberg den russischen Präsident Wladimir Putin in ungewöhnlich | |
scharfer Form persönlich attackiert. In der Bild-Zeitung warf Stoltenberg | |
Putin vor, das Aufflammen des Konflikts in der Ukraine befördert zu haben. | |
„Wir haben in den letzten Tagen beobachtet, dass Russland erneut Waffen, | |
Ausrüstung, Artillerie, Panzer und Raketen über die Grenze in die Ukraine | |
gebracht hat“, sagte er. „Präsident Putin hat klar die Vereinbarungen zur | |
Waffenruhe gebrochen und erneut die Integrität der Ukraine verletzt.“ | |
Der Konflikt in der Ostukraine verschärfte sich vor dem G20-Gipfel mit | |
Putin an diesem Wochenende in Australien noch einmal deutlich. „Der einzige | |
Grund, warum noch kein offener Krieg begonnen hat, ist die Zurückhaltung | |
der Ukraine“, sagte Kiews UN-Botschafter Juri Sergejew bei einer | |
Sondersitzung des Sicherheitsrats in New York. | |
## Warnung vor dem Aus | |
Er warf Russland vor, mit der Unterstützung der moskautreuen Separatisten | |
eine friedliche Lösung zu torpedieren. Russlands UN-Diplomat Alexander | |
Pankin wies die Vorwürfe am Donnerstag als „propagandistische Fälschung“ | |
zurück. | |
Die Vereinten Nationen warnten vor einem endgültigen Aus für die Anfang | |
September vereinbarte Waffenruhe. „Wir sind tief besorgt, dass die schweren | |
Kämpfe der Vergangenheit jederzeit wieder ausbrechen könnten. Das wäre eine | |
Katastrophe für die Ukraine“, sagte UN-Vize-Untergeneralsekretär Jens | |
Anders Toyberg-Frandzen. „Jeden Tag sterben Menschen. (...) Die Situation | |
könnte instabiler kaum sein.“ | |
Die Hoffnungen vieler richten sich nun auf das Treffen der 20 Industrie- | |
und Schwellenländer (G20) in Brisbane. Möglicherweise gelingt es bei | |
Gesprächen mit Putin sowie US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela | |
Merkel, einen Ausweg aus der Krise aufzuzeigen. | |
Vorerst verlegte Russland in einer neuen Machtdemonstration vier | |
Kriegsschiffe vor die Küste Australiens. „Die Bewegung dieser Schiffe steht | |
völlig im Einklang mit den Vorschriften der internationalen Gesetze, wonach | |
sich Militärschiffe in internationalen Gewässern frei bewegen können“, | |
teilte Australiens Verteidigungsministerium mit. | |
## Gerangel um Sanktionen | |
Kurz vor dem Gipfel drängte Russland den Westen zu einem Ende der | |
Strafmaßnahmen in der Ukrainekrise. Die Sanktionen müssten aufgehoben und | |
die Beziehungen normalisiert werden, sagte Regierungschef Dmitri Medwedew. | |
Die Konfliktparteien sollten zu „produktiven Gesprächen“ zurückkehren. | |
Medwedew sagte, er habe am Rande des Gipfels der südostasiatischen Staaten | |
in Myanmar auch kurz Obama getroffen. Zur Diskussion über die Ukraine habe | |
die Zeit aber nicht gereicht. | |
Dagegen drohte der britische Premierminister David Cameron Russland wegen | |
der anhaltenden Spannungen in der Ukraine mit einer Verschärfung der | |
Sanktionen. Das Verhalten Russlands im umkämpften Osten der Ukraine sei | |
inakzeptabel, erklärte Cameron am Freitag im australischen Canberra. „Ich | |
hoffe noch immer, dass die Russen zu Verstand kommen und einsehen, dass sie | |
der Ukraine erlauben sollten, sich als unabhängiger und freier Staat zu | |
entwickeln“, erklärte Cameron. „Wenn Russland eine positive Einstellung zur | |
Freiheit und Verantwortung der Ukraine einnimmt, könnten die Sanktionen | |
aufgehoben werden. Wenn Russland die Lage weiterhin verschlimmert, könnten | |
die Sanktionen verschärft werden. So einfach ist das.“ | |
Aus dem Krisengebiet Donbass berichtete die Pressestelle der ukrainischen | |
„Anti-Terror-Operation“ von mehr als 40 Angriffen auf ihre Einheiten durch | |
die Aufständischen innerhalb von 24 Stunden. Dabei seien mehrere Soldaten | |
getötet oder verletzt worden, hieß es. Die Separatisten sprachen ihrerseits | |
von Artillerieangriffen der Regierungstruppen unter anderem in der | |
Großstadt Donezk. | |
„Eklatante Verletzungen“ | |
Mit Nachdruck wies Moskau Vorwürfe des Westens und der proeuropäischen | |
Führung in Kiew zurück, in der Ostukraine würden russische Soldaten an der | |
Seite der Aufständischen kämpfen. Wer solche Fakten hat, soll diese | |
vorlegen“, sagte Außenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch. Alles andere | |
seien „erlogene Behauptungen“. „Ich sage ganz offiziell, es gibt keine | |
militärischen Bewegungen über die Grenze und keinen unserer | |
Militärangehörigen auf dem Territorium der Ukraine - und es hat auch keinen | |
gegeben“, sagte Lukaschewitsch. | |
Der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zufolge | |
waren innerhalb der vergangenen Woche 665 Menschen in Militärkleidung in | |
beiden Richtungen über die russisch-ukrainische Grenze gegangen. Dies sei | |
die bislang höchste beobachtete Zahl seit Beginn des OSZE-Mandats. Waffen | |
hätten die Beobachter nicht gesehen. | |
Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, sprach von „andauernden | |
und eklatanten Verletzungen“ der Vereinbarungen für eine Beilegung des | |
Konflikts „durch Russland und seine Stellvertreter“. Sie bezog sich auf | |
Nato-Berichte über Truppenbewegungen Russlands. | |
14 Nov 2014 | |
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