# taz.de -- Kündigung von Jonathan Meese: Bayreuths verpasste Chance | |
> Er war fest für den „Parsifal“ 2016 gebucht. Nach dem Rausschmiss äuße… | |
> Jonathan Meese Kritik an den Festspielen – und trifft den Kern. | |
Bild: Machte zuvor mit einem umstrittenen Prozess auf sich aufmerksam: Jonathan… | |
Auf seiner Website prunkt er noch mit Wagner: Mit seinem Kopf im Profil | |
neben dem einer bronzenen Büste des Komponisten wird Jonathan Meese | |
angekündigt als Regisseur und Bühnenbildner des „Parsifal“ in Bayreuth | |
2016. Seit Freitag weiß man, dass daraus nichts wird, der kaufmännische | |
Geschäftsführer der Festspiele, Heinz-Dieter Sense, kündigte dem 2012 | |
verpflichteten Künstler. | |
Das Posieren mit gerunzelter Stirn und gedankenvollem Weitblick neben | |
Wagner nahm auf Meeses Website Position zehn ein, darüber sieht man ihn als | |
Kasper (mit Hakenkreuz) zur Weihnachtsfeier im Atelier einladen, als Redner | |
am Pult vor Kunststudenten, mit seiner Mutter und dem Kunsthistoriker | |
Werner Spieß posieren, Ausstellungen und Vorträge ankündigen. Es ist jedes | |
Mal eine äußerst gutgelaunte Geste der Selbstvermarktung und des Lachens | |
darüber. Der Künstler Jonathan Meese und die Marke Meese kommen sehr gut | |
miteinander aus. | |
Die Marke Bayreuth hat niemanden, der mit solchem Charme und Witz für sie | |
eintritt. Das ist eines der Dinge, die die Festspiele von Meese hätten | |
lernen können. Ganz abgesehen davon, wie man den Umgang mit den Dämonen, | |
Diktatoren und Monstern aus der Geschichte und der Kunst entspannt. Chance | |
verpasst. | |
In der Begründung der Festspiele heißt es, Meeses Konzept für Regie und | |
Ausstattung sei nicht finanzierbar, die Kalkulation habe 50 Prozent über | |
dem üblichen Etat für Ausstattung gelegen. Die Angst vor | |
Budgetüberschreitung habe zu dem Rauswurf geführt. „Die aktuellen | |
Kostengründe sind konstruiert und lediglich ein Vorwand für eine Trennung | |
von Jonathan Meese“, teilte Meeses Büro daraufhin am Sonntag mit, die | |
Begründung solle politisch-ideologische Differenzen überdecken. Als | |
bildender Künstler auf dem Kunstmarkt gut situiert und vernetzt, hatte | |
Meese angeboten, selbst nach Sponsoren zu suchen, war damit aber auf | |
Ablehnung gestoßen. | |
## Ein jahrelanges Dilemma | |
## | |
Verärgert konterte er den Rauswurf umgehend mit einem Statement im | |
aktuellen Spiegel: „Es geht in Bayreuth schon lange nicht mehr um Kunst. Es | |
geht um Selbsterhalt, Macht und den Kampf gegen die sinkende Relevanz.“ Das | |
ist eine schwer von der Hand zu weisende Anschuldigung, in diesem Dilemma | |
stecken die Festspiele seit Jahren. Deshalb versuchen sie ja, durch die | |
Verpflichtung von Regisseuren, die ihrem Ruf nach erst mal versprechen, ein | |
Gegengift zum repräsentativen Rahmen zu sein, das Image zu verbessern. | |
Dieses Jahr gab es keine Neuinszenierung bei den Bayreuther Festspielen, | |
2015 legt eine der beiden Chefinnen, Katharina Wagner, die mit Eva | |
Wagner-Pasquier die Festspiele leitet, selbst Hand an und inszeniert | |
„Tristan und Isolde“. Das wird sicher solide, groß ist die Spannung da | |
nicht. Ein Joker, der für unerwartetes steht, ist erst mal nicht in Sicht. | |
## Lustige Selbstreflexion | |
Meeses Empörung im Spiegel zu lesen ist übrigens lustig, weil er von sich | |
selbst in der dritten Person redet und zur Autorität erhebt: „Meese ist wie | |
Richard Wagner nur der Kunst verpflichtet und lässt sich nicht verbiegen. | |
Meese ist Künstler, kein Handlanger kulturpolitischen Opportunitätsdenkens. | |
Wer Meese einlädt, bekommt auch Meese, fertig.“ Beim Lesen fangen die Sätze | |
innerlich zu schnarren an. Redet da nicht eine Meese-Kasper-Puppe, eine | |
Karikatur des Künstlerheros? Es ist ja dieses sich Einverleiben der | |
deutschen Kunstreligiosität, dieses Kriechens in die Winkel von Ergebenheit | |
und Hörigkeit, die neugierig machte auf seinen Umgang mit Richard Wagner. | |
Aber vermutlich erspart ihm der Rauswurf viel Frust. Wie die schmerzhafte | |
Einsicht, als Regisseur und Ausstatter doch wieder nur ein neues Dekorum | |
für ein immer gleiches Ritual geschaffen zu haben. Beim Tanz auf dem Grünen | |
Hügel wirklich etwas Neues zu zeigen, dafür, das haben schon viele | |
Regisseure beklagt, bieten die Rahmenbedingungen gar keinen Raum. | |
17 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Katrin Bettina Müller | |
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Aber die entscheidende Frage ist ohnehin nicht juristischer, sondern | |
ästhetischer Art. |