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# taz.de -- Die Wahrheit: Unbeleckte Amerikaner
> Wenn Touristen von ihrem Reisebüro Geld zurückfordern, weil sie in Irland
> keinen Leprechaun gesehen haben, dann müssen es Amis sein.
Bild: Martin Amis (Archivbild aus dem Jahr 2014).
Reisen bildet. So heißt es jedenfalls im Sprichwort. Wer das erfunden hat,
kannte keine Amerikaner. An denen gehen Reisen spurlos vorüber. Es ist
schon viel geschrieben worden über die Ignoranz der Amis, aber sie setzen
immer noch eins drauf.
Nach neuesten Umfragen ist mehr als die Hälfte der US-Touristen davon
überzeugt, dass es in Irland Leprechauns gebe, jene winzigen Schuhmacher,
die wissen, wo immense Goldschätze versteckt sind. Eine Frau aus Kentucky
verlangte von ihrem Reisebüro neulich die Erstattung der Reisekosten, da
sie während ihrer zweiwöchigen Irlandreise keinen einzigen Leprechaun
gefangen habe – und das sei schließlich der Hauptgrund für ihre Reise
gewesen.
Mein Nachbar traf vor einigen Jahren auf etwas misstrauischere
US-Touristen. Sie fragten ihn, ob es tatsächlich Leprechauns gebe. Er gab
die einzig mögliche Antwort: „Es gibt sie genauso, wie es
Massenvernichtungswaffen im Irak gibt.“
Mitunter stößt man auf verwirrte Amerikaner, die meinen, seit 50 Kilometern
den Schildern für eine „Shopping mall“ gefolgt zu sein, bis ihnen jemand
erklärt, dass „go mall“ Irisch sei und „langsam“ bedeute. Manche Amis
können im Restaurant ihre Rechnung nicht bezahlen, weil sie vor der Reise
ihre Dollar in Pfund Sterling umgetauscht haben – in der Annahme, dass
Irland zu England gehöre.
Das kann passieren, aber von Fernsehmoderatoren könnte man doch erwarten,
dass sie sich auf ihre Studiogäste vorbereiten. Joe Kernen von CNBC hatte
Martin Shanahan von der irischen Industrieförderungsbehörde zu Gast. Kernen
fiel aus allen Wolken, als Shanahan erzählte, dass Irlands Währung der Euro
sei. „Wieso der Euro?“, fragte er entgeistert. „Warum nicht?“, antworte…
Shanahan.
## Die Iren benutzen kein Sterling
Er sei gerade aus Schottland heimgekehrt, sagte Kernen, und die benutzen
offenbar schottische Pfunde. Das sei Sterling, erläuterte Shanahan.
„Wirklich?“, meinte Kernen und fragte: Wenn die Schotten Sterling benutzen,
warum dann nicht auch die Iren? Es sei doch dieselbe Insel. Nicht ganz, man
liege aber dicht nebeneinander, gab Shanahan Geografie-Nachhilfe. Als er
dann erklärte, dass die Nordiren Sterling benutzen, war es um Kernens
Fassung geschehen. „Das gibt es doch nicht“, rief er. „Das ist mir jetzt
viel zu kompliziert.“ Und brach das Interview ab.
Niall Gibbons vom irischen Tourismusverband hatte mit seinem Gastgeber auch
kein Glück. Er hatte an der Radioshow „What’s Cookin’?“ auf CRN Talk R…
teilgenommen, um den Amerikanern Irland als Reiseziel schmackhaft zu
machen. Der Moderator Mike Horn begrüßte ihn mit einem herzlichen
„Begorrah“, einem Wort, das in Irland seit 200 Jahren nicht mehr in
Gebrauch ist, aber in den USA immer dann hervorgekramt wird, wenn man
möglichst irisch klingen möchte.
Doch es kam noch schlimmer. Horn fragte seinen Gast, ob es in Irland Pläne
gebe, aus dem Vereinigten Königreich auszutreten? Gibbons nuschelte
indigniert: „Eine interessante Frage.“ Dann schlug er Horn vor, demnächst
einen Leprechaun in seine Sendung einzuladen.
24 Nov 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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