# taz.de -- Gerangel um CDU-Präsidiumsposten: Die unerklärte Kampfkandidatur | |
> Vor dem Bundesparteitag rumpelt es in der CDU: Gesundheitsminister | |
> Hermann Gröhe konkurriert mit Jens Spahn um einen Posten im Präsidium. | |
Bild: Der Schwächste fliegt: Beim CDU-Parteitag könnten die Delegierten tats�… | |
BERLIN taz | Streit, so was kennt man in der CDU eigentlich nicht. | |
Öffentlich streiten sich doch immer nur die anderen – während die | |
Christlich Demokratische Union Deutschlands vor lauter Macht kaum laufen | |
kann. Aber jetzt gibt es einen unerfreulichen Konflikt, der wohl auf großer | |
Bühne ausgetragen wird. Beim Bundesparteitag kommende Woche könnten sich | |
gleich zwei prominente CDU-Politiker um einen Platz im Präsidium rangeln. | |
Ein absolutes Novum. | |
Nein, Kampfkandidatur möchte niemand bei der CDU den Vorgang nennen. | |
Stattdessen heißt es, es gebe diesmal acht Bewerber auf sieben Posten. Fakt | |
ist aber, dass sich in Köln sowohl Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe | |
als auch der gesundheitspolitische Sprecher Jens Spahn um den frei | |
werdenden Platz des Ex-Junge-Union-Chefs Philipp Mißfelder bewerben. Und | |
dass es für die anderen sechs Präsidiumsmitglieder kaum einen Grund geben | |
dürfte, um des lieben Friedens willen ihre Plätze zu räumen. | |
Das nun entstandene Gerangel kann der CDU-Führung nicht recht sein. Die | |
Frage ist, ob und wie sich der Konflikt noch vor dem Beginn des | |
Bundesparteitags am kommenden Montag lösen ließe. | |
Jens Spahn sitzt im Abgeordnetenrestaurant des Bundestags und sagt: „Ich | |
gehe da sportlich in die Abstimmung.“ Der 34-Jährige steht nicht nur für | |
den NRW-Platz im Präsidium; er steht auch für die Jungen in der CDU, die | |
ihren Anteil an der Macht fordern. „Ich trete nicht gegen jemanden an, | |
sondern für die Junge Union“, formuliert Spahn das Begehr seiner | |
Unterstützer. | |
## Persönliche Kränkung des Verschmähten | |
Brav haben sie in der Großen Koalition alle Schmerzen ertragen. Sie haben | |
trotz Bedenken die Rentenpläne der SPD abgenickt, den Mindestlohn, die | |
Mietpreisbremse – bald auch noch die Frauenquote. Dass nun ein freier Platz | |
in der Führungsebene an den 53 Jahre alten Gröhe gehen soll, verstehen sie | |
als Affront. | |
Hinzu kommt wohl persönliche Kränkung. Anders als von vielen erwartet, hat | |
Angela Merkel vor Jahresfrist nicht den ausgewiesenen Gesundheitsexperten | |
Jens Spahn zum Gesundheitsminister gemacht, sondern ihren treuen | |
Generalsekretär Gröhe. Wenn aber schon nicht in der Regierung, will der | |
34-Jährige wenigstens in der Partei reüssieren. Er schaut durch seine | |
Designerbrille, lächelt milde und sagt, es sei „normal, dass es bei einer | |
Wahl eine Auswahl gibt“. Im Grunde ja – aber bei der CDU? | |
Jens Spahn zählt auf, wer ihn in Köln unterstützen wird. Er ist der | |
Kandidat der Jungen Union und der machthungrigen | |
CDU-Mittelstandsvereinigung, selbst Teile der Seniorenunion wollen ihn | |
wählen. Das ist viel, aber es dürfte nicht reichen. Die Frage ist, ob Spahn | |
es schafft, weitere Delegierte zu überzeugen. Steffen Bilger, Vorsitzender | |
der Jungen Gruppe im Bundestag, fasst die Erwartungen der jungen | |
Abgeordneten an den Parteitag vorsichtig in Worte: „Wir freuen uns über | |
eine lebendige Debatte.“ | |
Wahrscheinlich ist das nicht, natürlich wird im Vorlauf eines jeden | |
Parteitags die Dramaturgie abgesprochen. Wie gesagt, in der CDU wird eher | |
nicht öffentlich gestritten. Und schon gar nicht darf ein Bundesminister | |
per Wahlniederlage beschädigt werden. | |
## Überraschende Niederlage | |
Das Dumme ist nur: Gröhe ist ohnehin bereits beschädigt. Mitte November hat | |
er zu Hause in NRW überraschend die Wahl zum neuen Vorsitzenden des | |
CDU-Bezirks Niederrhein verloren. Mit 41 zu 44 Stimmen unterlag er Günter | |
Krings. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium soll | |
nicht nur die bessere Bewerbungsrede gehalten haben; er ist auch erst Mitte | |
vierzig. | |
Der Vorgang zeigt, wie volatil die Machtverhältnisse derzeit in der CDU | |
sind. Die Partei muss sich dringend reformieren. Im Sommer hat | |
Generalsekretär Peter Tauber ihr eine Verjüngungskur verordnet. Hintergrund | |
ist die spürbare Verunsicherung darüber, wo sich eine konservative | |
Volkspartei in Zeiten von Frauenquote und Mietpreisbremse verortet. | |
Hinzu kommt die Überalterung. Im Durchschnitt sind die 464.000 | |
Parteimitglieder 57,2 Jahre alt, drei von vieren sind Männer. Für die | |
Zukunft hat Tauber drei Zielgruppen definiert: Zuwanderer, Frauen – und | |
Junge. Der Parteitag böte eine Gelegenheit, zu zeigen, dass die | |
Parteiführung bereit ist, mehr Macht in jüngere Hände zu geben. Der | |
profilierte Jens Spahn wäre ein Zeichen in diese Richtung. | |
30 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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