| # taz.de -- Ölstreit im Irak beigelegt: Ein „Win-win-Deal“ | |
| > Der irakische Staat und die kurdische Regionalregierung legen ihren | |
| > Streit um Ölexporte bei. Sie haben ein Abkommen erzielt, das beiden | |
| > nützt. | |
| Bild: Das kurdische Öl bringt jetzt beiden Seiten mehr Vorteile. | |
| ISTANBUL taz | Jahrelang hat das Erdöl die Kurden und Araber im Irak | |
| entzweit. Die sinkenden Öleinnahmen und der Kampf gegen sunnitische | |
| Extremisten haben nun die beiden Seiten dazu gebracht, den Streit zu | |
| beenden und einen Kompromiss zu schließen. Das irakische Kabinett billigte | |
| am Dienstag ein Abkommen mit der Regierung des kurdischen Teilstaats in | |
| Erbil. | |
| Die Vereinbarung, die Anfang 2015 in Kraft treten soll, legalisiert die | |
| kurdischen Erdölexporte und fixiert die Verteilung der Öleinnahmen. Zudem | |
| übernimmt die Regierung in Bagdad die Bewaffnung und Bezahlung der | |
| Peschmerga, der Kämpfer des kurdischen Teilstaats. | |
| Iraks Finanzminister Hosyhar Zebari, selbst Kurde, sprach von einem | |
| „Win-win-Deal“ für beide Seiten. Die kurdische Regionalregierung sei auf | |
| beständigere Beziehungen mit Bagdad angewiesen und die Zentralregierung | |
| stehe wegen der sinkenden Ölpreise vor großen finanziellen Schwierigkeiten. | |
| Mit dem Abkommen signalisiert Ministerpräsident Haider al-Abadi, dass er | |
| sich von der konfrontativen Politik seines Vorgängers Nuri al-Maliki | |
| verabschiedet hat. | |
| Der heutige Vizepräsident hatte den Kurden wegen ihrer eigenmächtigen | |
| Ölexporte in die Türkei die Budgetzahlungen gestrichen. Maliki hat mehrfach | |
| versucht, den Kurs seines Parteifreundes Abadi zu unterminieren. | |
| ## Annäherung zwischen Bagdad und Erbil | |
| Das Abkommen sieht kurdische Ölexporte in Höhe von mindestens 250.000 | |
| Barrel pro Tag vor. Darüber hinaus sollen täglich 300.000 Barrel von den | |
| Erdölfeldern in Kirkuk über die kurdische Pipeline – die alte Pipeline ist | |
| nach Anschlägen schwer beschädigt – in die Türkei gepumpt werden. Nach dem | |
| Vormarsch des IS hatten die Kurden die umstrittenen Ölfelder unter ihre | |
| Kontrolle gebracht. Abadi machte in einer Erklärung aber deutlich, dass die | |
| Kirkuk-Exporte der Zentralregierung unterstehen. | |
| Das Erdöl aus den kurdischen Feldern wird ebenfalls von der irakischen | |
| Staatsgesellschaft Somo vermarktet. Damit geben die Kurden zumindest in | |
| Sachen Vermarktung ihre Souveränitätsansprüche auf, ein Schritt, den sie | |
| vor Monaten noch rundum abgelehnt hatten. | |
| Im Gegenzug garantiert Bagdad den Kurden einen Anteil von 17 Prozent am | |
| Staatshaushalt. Darüber hinaus übernimmt das Verteidigungsministerium die | |
| Finanzierung der Peschmerga in Höhe des kurdischen Bevölkerungsanteils, wie | |
| Abadi auf seiner Website am Dienstag mitteilte. Nach kurdischen Angaben | |
| umfasst dies auch Garantien, dass die Peschmerga mit Waffen aus dem Westen | |
| aufgerüstet werden. | |
| Das Abkommen schweißt die Regierungen in Erbil und Bagdad wieder enger | |
| zusammen. Fürs Erste zumindest geben die Kurden damit ihr Streben nach | |
| einem eigenen Staat auf. In gewisser Weise klärt die Vereinbarung den viel | |
| beschworenen Föderalismus, von dem in der Verfassung zwar die Rede ist, der | |
| aber bisher nicht definiert worden ist. | |
| ## Es bleiben offene Fragen | |
| ## | |
| Zahlreiche Streitfragen löst aber auch dieses Abkommen nicht. Dazu zählt | |
| vor allem der Konflikt um die Kontrolle von Kirkuk. Auch die Bezahlung der | |
| internationalen Ölfirmen bleibt unklar. Iraks Erdölminister Adel | |
| Abdul-Mehdi erklärte am Dienstag, dass ein gemeinsamer Ausschuss die | |
| Umsetzung des Abkommens überwachen soll. | |
| Auf amerikanischer und türkischer Seite sorgt das Abkommen für | |
| Erleichterung. Die Türkei hat trotz der Proteste aus Bagdad den Weg für die | |
| kurdischen Erdölexporte geebnet. Weil Irak dagegen Klage erhoben hat, | |
| fanden sich aber nur vereinzelt Abnehmer. Für die USA ist die Einigung ein | |
| wichtiger Schritt, die Front gegen die Extremisten des IS zu stärken. | |
| 4 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Inga Rogg | |
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