Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Putin attackiert den Westen: Die Krim als Russlands Tempelberg
> In seiner Rede an die Nation verteidigt der russische Präsident die
> Politik gegenüber der Ukraine. Die Annexion der Krim sei rechtens.
Bild: Putin spricht, die Russen lauschen.
MOSKAU taz | Für die meisten Staatsmänner wäre es keine leichte
Verpflichtung gewesen: der Bericht zur Lage der Nation zu einem Zeitpunkt,
an dem sich das Land in einer schwierigen Lage befindet. Die Wirtschaft
strauchelt, und noch ist nicht abzusehen, wann es wieder bergauf geht. Mehr
als tausend Honoratioren hatten sich im Georgs-Saal des Kreml zur
jährlichen Botschaft des russischen Präsidenten Wladimir Putin eingefunden.
Für Putin schien die angespannte Situation kein größeres Problem zu sein.
Zu Beginn machte er einen mürrischen Eindruck, fing sich aber sogleich, als
er über Russlands Rolle in der Welt, die Ukraine und die vermeintliche
Bedrohung der russischen Souveränität durch den Westen sprach. Dem war noch
ein Dank an das Volk für die Geduld in dieser „schicksalsträchtigen“ Zeit
vorausgegangen.
Zum ersten Mal bestätigte er dem Volk, eine „reife Nation“ zu sein. Bislang
hatte er dem Souverän zumindest die notwenige Reife zur Demokratie
abgesprochen. Der erste Teil der Rede war den außenpolitischen Verwerfungen
und den Entwicklungen in der Ukraine gewidmet. Russland werde sich nicht
der Politik des Westens beugen, der Moskau unterwerfen möchte.
Mit martialischer Stimme verteidigte Putin, dass die Einverleibung der Krim
rechtens gewesen sei. „Wir haben den Zusammenhalt unserer Heimat erkannt
und gezeigt, dass wir viel erreichen können.“ Für Russland habe die Krim
besondere Bedeutung. „Dort liegt der geistige Ursprung unserer großen
Nation.“ Die Krim habe eine ähnliche Bedeutung für Russland wie der
Tempelberg in Jerusalem für die Juden.
## Die „heilige Bedeutung“ der Krim
Die Krim, so der Präsident, habe eine „heilige Bedeutung“ für Russland. D…
schloss sich eine ausholende Rechtfertigung des russischen Vorgehens in der
Ukraine an. Jedes Volk habe das Recht, seine Partner auszuwählen, sagte
Putin. Russland werde dies auch in der Zukunft im Falle der Ukraine
akzeptieren. Was der Präsident damit für die künftige Politik gegenüber
Kiew im Sinn hatte, behielt er für sich.
Es sieht jedoch danach aus, dass sich nichts ändern wird. Denn in der
russischen Wahrnehmung ist Russland das Opfer. Dieser geniale PR-Trick der
russischen Selbstpräsentation lag der gesamten Apologie Putins zugrunde.
Die „sakrale Bedeutung“ der Krim, suggerierte der Präsident dem Volk, stehe
über internationalem Recht. Den Ablauf des Konflikts und vorherrschendes
Rechtsverständnis stellte Putin auf den Kopf.
So sieht sich Russland auch durch die Sanktionen in eine Opferrolle
gedrängt. Der Westen habe es ohnehin auf Moskau abgesehen. „Ohne
Ukrainekonflikt hätte sich ein anderer Grund gefunden, Russland zu
schaden“, sagte Putin. Der geschulte Geheimdienstler scheint tatsächlich
daran zu glauben. Wann immer die russische Nation den Kopf erhebe und
erstarke, versuche der Westen – gemeint waren wohl die USA – Russlands
Macht einzudämmen. Wie er darauf kommt, sagte er nicht. Auch 2013 geriet
die Wirtschaft ins Stottern. Doch Verschwörungstheorien sind gegen Fakten
gefeit. Wenig später pries Putin die Sanktionen, da sie Anreiz seien,
wirtschaftliche Ziele aus eigenen Stücken zu erreichen.
Putin hinterließ den Eindruck, dass in Moskau niemand weiß, was Sache ist.
Kaum getarnt sandte der Kremlchef auch noch ein paar Drohungen an die
„Gegner seines Landes“. Die Armee sei „höflich“, sagte er im Rückgrif…
eine Wendung für russische Soldaten ohne Hoheitsabzeichen auf der Krim,
„aber stark“. Russland militärisch zu besiegen, sei nicht möglich. Das
hatte auch niemand vor.
4 Dec 2014
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Wladimir Putin
Russland
Krim
Rede an die Nation
Petro Poroschenko
Russland
OSZE-Beobachter
Gazprom
Schwerpunkt TTIP
Russland
Opec
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kämpfe in der Ostukraine: Waffenruhe wird eingehalten
In der Ostukraine gab es in der Nacht erstmals seit Monaten keine Toten und
Verletzten. Präsident Poroschenko will die Annexion der Krim durch Russland
nicht hinnehmen.
Russlandfreunde in aller Welt: Dear Putin
Sie wollen sich bei Russlands Präsidenten für das Verhalten Ihrer
Regierungen entschuldigen? Dann zeichnen Sie einfach eine neue
Online-Petition.
Jahrestreffen der OSZE in Basel: 57 Länder reichen nicht zum Frieden
Die Organisation reicht über die Machtblöcke hinweg. Im Ukraine-Konflikt
hat sie jedoch wenig ausgerichtet. Wer hat sie so geschwächt?
Russlands Balkanpolitik: Gazprom ist trotzdem da
Die Gaspipeline „South Stream“ hätte Russlands Macht verstärkt. Jetzt
richtet Putin die Aufmerksamkeit auf andere Formen der Einflussnahme.
Debatte Russlands Rolle in der Welt: Der große Pragmatismus
In der sich formierenden neuen Weltordnung sieht Außenminister Steinmeier
die EU nicht in führender Rolle. Russland aber soll sich ihr unterordnen.
Die Krim nach der Annexion: Tristesse und Putinkult
Lange Schlangen, kaum Touristen: Acht Monate nach dem Anschluss an Russland
ist die Euphorie auf der Krim verflogen. Es regiert Argwohn.
Russland und die Opec-Entscheidung: Keine Freude für den Rubel
Nachdem die Opec die Ölfördermenge nicht drosseln will, fällt der Ölpreis
weiter. Das macht Nicht-Mitglied Russland ganz schön zu schaffen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.