# taz.de -- Ultras in Spanien: Null Toleranz nach dem Todesfall | |
> Spaniens Vereine verbannen organisierte Fans aus den Stadien. Das ist | |
> durchaus nachvollziehbar. Die Gruppierungen haben es in sich. | |
Bild: Spieler von Deportivo La Coruña und Malaga widmen „Jimmy“ eine Schwe… | |
Joan Laporta erlebte tätliche Angriffe und Morddrohungen. Er musste | |
umziehen, seine Telefonnummern ändern und Leibwächter für die Familie | |
engagieren. Aber er wich nicht zurück, er paktierte nicht – und am Ende | |
schaffte er, was Fußball-Funktionäre rund um den Globus gern als unmöglich | |
oder als außerhalb ihrer Macht bezeichnen: Der Präsident des FC Barcelona | |
warf die Ultras aus dem Stadion. | |
Seine Geschichte wird in Spanien gerade wieder viel erzählt, denn Barças | |
ehemaliger Chef, als linker katalanischer Nationalist ansonsten nicht | |
gerade Mainstream im Königreich, ist zum leuchtenden Vorbild geworden. Nach | |
der tödlichen Prügelei zwischen Anhängern von Atlético Madrid und Deportivo | |
de La Coruña am vergangenen Sonntag wollen plötzlich alle Laporta sein und | |
so handeln wie er. | |
Die Fußballnation ist sich einig in ihrer Sehnsucht nach Null-Toleranz | |
gegen radikale Fußballfans. Kein Tag vergeht ohne Sondergipfel und | |
Maßnahmenkataloge: Stadionverbote, Tribünenschließungen, Kameraüberwachung | |
– das volle Programm ist im Umlauf. In wenigen Monaten, erklärte | |
Sportstaatssekretär Miguel Cardenal, soll das Panaroma in und um die | |
Stadien nicht wiederzuerkennen sein. | |
Dabei musste es Besuchern etwa aus Deutschland schon bisher als eher zivil | |
erscheinen. Massenhafte Polizeiaufmärsche sind selten nötig, weil in | |
Spanien kaum Anhänger zu Auswärtsspielen fahren. Die Enthaltsamkeit kommt | |
noch aus der Zeit der Franco-Diktatur: Das Reisen war beschwerlich, das | |
Geld knapp. Auch Modernisierungsschub und Ultra-Bewegung haben an der | |
Tradition wenig geändert; es gibt auch gar nicht so viele Ultras, kein | |
Vergleich zu ihrem Mutterland Italien oder zu Deutschland, wo Tausende die | |
Fankurven bevölkern, Vereine unter Druck setzen, Choreografien ausarbeiten | |
und Böller zünden. Die wenigen nennenswerten Gruppierungen allerdings haben | |
es in sich, sie sind politisiert und oft auch kriminell. | |
## Mit harter Hand und Gelber Karte | |
Der Tote vom Sonntag war ein achtfach vorbestraftes Mitglied des harten | |
Kerns der linksradikalen Deportivo-Ultras, die eine alte Fehde mit der | |
rechtsextremen „Frente Atlético“ zu klären hatten. Solche Konnotationen | |
sind besonders unangenehm für ein Land mit Bürgerkriegsgeschichte, das nach | |
wie vor vielen Spannungen unterliegt, aber die physische Gewalt zu ächten | |
gelernt hat. Auch aus der historischen Erinnerung rührt wohl die breite | |
Skepsis gegenüber der Ultra-Kultur mit ihren totalitären Strukturen und | |
archaischen Treuegeboten, ihren „Capos“ – einem Wort aus der Mafia-Welt �… | |
und ihren Einschüchterungen. | |
Künftig soll allen Vereinen, die nicht mit ihren Radikalen brechen, | |
Punktabzüge und sogar Zwangsabstieg drohen. Eine harte Hand wurde auch | |
angekündigt gegen verbale Gewalt und kleinere Ausschreitungen – beides ist | |
in Spaniens Stadien überdurchschnittlich verbreitet. | |
Man braucht ja keine feste Organisation, um farbige Spieler rassistisch zu | |
beleidigen oder, wie am selben Sonntag des Todesfalls in Valencia | |
geschehen, den gegnerischen Trainer (Barcelonas Luis Enrique) zu bespucken | |
und den Star (Lionel Messi) mit Münzen und Wasserflaschen zu bewerfen. Der | |
Schiedsrichter bewies daraufhin schon mal seine volle Bereitschaft zu law & | |
order: Er zeigte dem niedergestreckten Messi wegen Zeitspiels die Gelbe | |
Karte. | |
5 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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