| # taz.de -- Interne Kritik an Deutschpflicht: „Ich schäme mich als CSU-Mitgl… | |
| > Victor Fuchs ist seit seinem 16. Lebensjahr CSU-Mitglied. Wenn die Partei | |
| > die Forderung nach einer Deutschpflicht für Ausländer beschließt, will er | |
| > austreten. | |
| Bild: Auch im All spricht man Deutsch: Bayerns Finanzminister Markus Söder (CS… | |
| taz: Herr Fuchs, welche Sprache sprechen Sie privat? | |
| Victor Fuchs: Deutsch, Englisch, außerdem ein bisschen Italienisch und | |
| Türkisch. Und Latein, weil ich so aufgewachsen bin. | |
| Kein Bayerisch? | |
| Meine Mutter war Berlinerin, mein Vater stammte aus Graz. Ich bin zwar in | |
| München geboren. Aber wenn man in München aufwächst und die Familie nicht | |
| vom Land stammt, lernt man kein Bayerisch. | |
| Sie haben [1][in Ihrem Blog] den Leitantragentwurf für den CSU-Parteitag | |
| scharf kritisiert. Was stört Sie daran, dass Ausländer dazu angehalten | |
| werden sollen, auch in der Familie deutsch zu sprechen? | |
| Ich habe geschrieben, dass ich mich gerade dafür schäme, Mitglied der CSU | |
| zu sein. Natürlich muss jeder, der in Deutschland lebt, deutsch sprechen. | |
| Aber welche Sprache jemand privat spricht, ist allein seine Sache. Ich | |
| sitze in diesem Moment am Odeonsplatz in München, wo vor hundert Jahren | |
| Hitler den Ausbruch des Ersten Weltkriegs bejubelt hat. Auch vor dem | |
| Hintergrund der deutschen Geschichte ist diese Forderung unerträglich. Und | |
| ein paar Meter von hier liegt die Münchner Universität. Da ist es heute | |
| vollkommen normal, dass Vorlesungen in Englisch gehalten werden. Das passt | |
| nicht zusammen. | |
| Sie haben auch auf den Ort des Parteitags aufmerksam gemacht: Nürnberg. | |
| Ich bin 1970 geboren. Ich habe mich schon als junger Mensch mit der Frage | |
| beschäftigt, wie die Nationalsozialisten ihre Herrschaft etablieren | |
| konnten. Ausgerechnet in der Stadt, in der die Rassengesetze veröffentlicht | |
| wurden, eine solche Forderung zu beschließen, wäre katastrophal. | |
| Wie kommt die CSU darauf? Ist das die Angst vor der AfD und den | |
| Demonstrationen in Dresden und anderswo? | |
| Ich fürchte: ja. Aber das ist der falsche Weg. Wir brauchen Integration. | |
| Die bekommen wir nicht über solche Postulate. Durch meine Arbeit als | |
| Unternehmer weiß ich, dass viele Menschen im Ausland denken, dass es in | |
| Deutschland und Bayern zu viele Restriktionen gibt. Das müssen wir ändern. | |
| Wir brauchen eine Willkommenskultur. | |
| Wie passt diese Forderung zum Selbstverständnis der CSU als konservative | |
| Familienpartei? | |
| Gar nicht. Noch einmal: So lange nicht geltendes Recht gebrochen wird, also | |
| kein Missbrauch, häusliche Gewalt oder Ähnliches vorliegt, geht es den | |
| Staat nichts an, was Menschen hinter verschlossenen Türen machen. | |
| Warum sind Sie eigentlich in der CSU? | |
| Ich stamme aus einer politischen Familie. Meine Eltern waren | |
| Sozialdemokarten, mein Vater hat noch auf dem SPD-Parteitag Helmut Schmidt | |
| gewählt. Der Bruch kam für mich mit dem Regierungswechsel 1982, nachdem die | |
| SPD sich gegen den Nato-Doppelbeschluss ausgesprochen hat. Ein paar Jahre | |
| später, mit 16, bin ich in die CSU eingetreten. Dort habe ich viele humane | |
| Menschen kennengelernt. Und viele, über die mich geärgert habe. Aber wenn | |
| Sie in Bayern leben und politisch etwas bewirken möchten, dann gibt es nur | |
| die CSU. Ich dachte immer: Man muss das System von innen ändern. | |
| Stehen Sie mit Ihrer Kritik alleine in der Partei? | |
| Nein. Nachdem ich [2][diesen Blogeintrag] veröffentlicht habe, habe ich 200 | |
| Reaktionen über E-Mail und Facebook bekommen, die meisten von Wählern und | |
| Mitgliedern der CSU, darunter auch Amts- und Funktionsträger. Die meisten | |
| haben mir zugestimmt. Die haben gesagt: Hallo, das geht nicht, wir wollen | |
| in der Partei nicht diese Tonalität. | |
| Und wird die CSU diese Forderung beschließen? | |
| Ich glaube es nicht. Und ich hoffe es nicht. Das wäre ein Signal der | |
| höchsten Rückständigkeit. Wenn die Mehrheit in der Partei meint, die | |
| Zukunft in einer Rückkehr zur CSU der sechziger Jahre zu suchen, dann kann | |
| ich nicht länger Mitglied der CSU sein. | |
| 7 Dec 2014 | |
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| [1] http://victorsblog.de/2014/12/06/ich-schame-mich-heute-csu-mitglied-zu-sein/ | |
| [2] http://victorsblog.de/2014/12/06/ich-schame-mich-heute-csu-mitglied-zu-sein/ | |
| ## AUTOREN | |
| Deniz Yücel | |
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