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# taz.de -- Die Wahrheit: Schlechte Vorsätze, guter Auftakt
> Miese Gewohnheiten sind Gott sei Dank Vergangenheit! Neue Menschen sind
> sie nun, durchdrungen von Kraft, Gesundheit und Schönheit.
Bild: Die Ursache allen Übels?
„Hey, du auch hier?“ Margit quetscht ihre Sportmatte neben meine, findet es
„megacool“, mich hier zu treffen, und monologisiert über ihr neues bewegtes
Leben. Sie sind wieder da. Wie in jedem Januar. Margit ist nur eine von
ihnen. Die mit den guten Vorsätzen. Die sich an Silvester geschworen haben,
im neuen Jahr wird alles anders, einfach alles. Die „I change my
life“-Neubekehrten.
Aus meinem Fitness-Paradies, in dem es das ganze Jahr über friedlich
zugeht, wird im Januar die Hölle. Und nicht nur hier kehrt das große Grauen
ein. Ein mächtiges Keuchen geht durchs Land, tropfende Menschen, die keine
Freude an Bewegung, dafür um so mehr Motivation haben, stürmen zuhauf die
Spinning-, Bodyfit- oder Bauch-Beine-Po-Kurse.
Margit ist bereits schweißgebadet. Die Geräusche, die sie von sich gibt,
erinnern an die meiner Nachbarin Heiligabend. Um halb zehn Uhr abends hatte
sie eine Hausgeburt und befand sich da in der Endphase der Presswehen. Bei
der nächsten Übung holt Margit weit aus und schlägt mir unkontrolliert
ihren linken Arm ins Gesicht, worüber sie sich so erschreckt, dass sie die
Dreikilohantel auf meinen rechten Fuß fallen lässt.
Unter der Dusche kühle ich meine Schmerzen. Hier unterhalten sich gerade
Sabine und Susanne über ihr neues Leben. In der Silvesternacht hat Sabine
unfassbar originell um Punkt zwölf die letzte Zigarette ausgedrückt, die
halbe Packung zerquetscht und in den Abfalleimer geworfen. Susanne
bewundert Sabines außerordentliche Konsequenz, hat sie selbst doch die
ganze Silvesternacht noch durchgeraucht.
Das alles ist Gott sei Dank vorbei! Neue Menschen sind sie nun,
durchdrungen von Kraft, Gesundheit und Schönheit. Bevor Sabine und Susanne
sich noch erzählen, dass sie dem Führer ein Kind schenken wollen, fliehe
ich schleunigst in mein Lieblingscafé.
Schlechte Idee. Mein Ex sitzt da. Mit was wohl? Natürlich mit guten
Vorsätzen. Auch er raucht nicht mehr. Mit derselben flammenden Überzeugung,
mit der er im vorigen Jahr das Grundrecht auf Freiheit verteidigte, alles
und alle überall vollqualmen zu können, erklärt er mir nun die chemische
Zusammensetzung sämtlicher zweihundertneunundsechzig Krebs erregenden Gifte
in jeder Zigarette.
Während ich versuche, nicht zuzuhören, drängt Barbara am Nachbartisch
leider nicht nur ihrer Freundin Marga ein schockierendes Silvestererlebnis
auf: Sie habe zu Beginn des Abends das kurze Schwarze mit den Pailletten
anziehen wollen. Und dazu diesen schicken lindgrünen Hut – ein Geschenk
ihres Manns zu Weihnachten. Allerdings habe sie den Reißverschluss nicht
zubekommen und schließlich ausgesehen wie eine geplatzte Bockwurst mit
einem Klacks Senf obendrauf. Die Vorstellung einer geplatzten Bockwurst mit
Senf verdirbt mir die Lust auf den Cappuccino, den Mahmud bringt, der seit
Neujahr fünf Mal täglich Richtung Mekka betet.
Nein, der Januar ist kein schöner Monat. Das einzig Tröstliche am Januar
ist, dass danach der Februar kommt.
6 Jan 2015
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Vorsätze
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