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# taz.de -- Wilde Tiere in der Stadt: „Bennett-Kängurus sind hart im Nehmen�…
> Kängurus in Brandenburg, Wölfe in Berlin: Alles kein Grund zur Sorge,
> findet Jürgen Lange, ehemaliger Direktor des Berliner Zoos.
Bild: Ein Bild aus besseren Zeiten des entlaufenen Kängurus
taz: Herr Lange, es passieren merkwürdige Dinge. Ein Känguru durchstreift
wochenlang die Brandenburger Wälder. In Kladow wird ein Wolf gesichtet. Was
ist los?
Jürgen Lange: Ich würde behaupten, dass es eher ein Schäferhund war.
Andererseits warum nicht? In Brandenburg und Sachsen gibt’s schon lange
Wölfe.
Kein Grund zur Beunruhigung?
Der Wolf ist ein sehr scheues Tier. Wer so ein Tier sieht, hat wirklich
Glück. Die Kollegen in Sachsen, die Wolfexkursionen machen, sind schon ganz
stolz, wenn sie ihren Studenten nur mal eine Wolfsspur oder einen Kothaufen
zeigen können. Einen Wolf sehen sie nie.
Am Jahresende wurde im Elbe-Elster-Kreis eine tote Wölfin ohne Kopf
gefunden. Wer macht so was?
Den Wolf hat sich einer geschossen und den Kopf als Trophäe mitgenommen.
Der Kopf hängt jetzt im Schlafzimmer. Fragen Sie mich nicht, was das soll.
Kommen wir zum Känguru. Das Tier, das am Mittwoch tot aufgefunden wurde,
war wochenlang in Brandenburg auf der Flucht. Wie hat es so lange in freier
Wildbahn überleben können?
Es soll sich um ein Bennett-Känguru gehandelt haben. Die Bennetts sind
relativ robust und vertragen unser Klima. Wenn es ganz kalt wird, haben sie
das nicht so gern, aber das war in den letzten Wochen ja nicht der Fall.
Man hat auch schon mal welche in der Eifel ausgesetzt in der Hoffnung, sie
als heimisches Wild in Deutschland anzusiedeln. Nach ein paar Jahren waren
sie allerdings verschwunden.
Wovon ernähren sie sich?
Kängurus sind Vegetarier. Man kann sie vielleicht mit unseren Hasen und
Kaninchen vergleichen. Sie fressen Gräser, Rinde, Eicheln. Wenn viel Schnee
liegt, wird das ein bisschen schwieriger. Aber unsere Rehe kommen ja auch
durch den Winter.
Sind Kängurus besonders intelligent?
Nee (lacht). Entwicklungsgeschichtlich sind Beuteltiere insgesamt ein
Vorläufer der Säugetiere. Ursprünglich waren sie viel weiter verbreitet,
sind aber durch die modernen Säugetiere verdrängt worden. Insofern kann man
davon ausgehen, dass die Intelligenz bei den Beuteltieren nicht ganz so
hoch ist wie bei den normalen Säugetieren.
Sonst wären sie weiter verbreitet?
Genau. In Australien sind sie deshalb erhalten geblieben, weil Australien
schon vom Kontinent getrennt war, als die echten Säugetiere entstanden. In
Südamerika haben sie sich auch gehalten, weil Südamerika damals auch von
Nordamerika getrennt war. Südamerika war ja lange Zeit auch eine große
Insel. Heutzutage gibt es dort zwar keine Kängurus mehr, aber Beutelratten
– wir sprechen hier ja über Beuteltiere im weitesten Sinne. In Australien
und Neuguinea – das muss man als Einheit sehen – haben Beuteltiere die
Lebensräume in Beschlag genommen, die die anderen Säugetiere dann auch
erobert haben. In Australien und Neuguinea gibt es nicht nur Kängurus, die,
je nach Größe, mit den Huftieren oder Hasen vergleichbar sind, sondern auch
Beutelkletterer, den Beuteldachs und die Feldmausartigen. Der Beutelwolf
ist allerdings ausgestorben.
Was ist das Wesen des Beutels?
Den Beutel kann man im weitesten Sinne mit der Placenta bei höheren
Säugetieren vergleichen. Es werden ja Embryonen geboren. Die rutschen aus
der Vagina kommend außen über den Bauch der Mutter auf einer Schleimspur in
den Beutel rein.
Wie finden sie den Weg?
In den meisten Fällen leckt das Muttertier einen Weg in den Beutel. Auf dem
rutscht das Jungtier dann durchs Fell. Im Beutel saugt es sich an der Zitze
fest. Anfangs verwächst es sogar richtig mit der Zitze.
Kängurus kommen sozusagen als Frühchen auf die Welt.
Das, was sonst im Mutterleib oder im Brutkasten auf der Frühkinderstation
passiert, geschieht alles im Beutel.
Und wann kommt das Jungtier heraus?
Das ist von Tierart zu Tierart unterschiedlich. Es dauert aber relativ
lange. Auch später springt das Jungtier bei Gefahr immer wieder in den
Beutel zurück. Deswegen sieht man im Beutel zum Teil relativ große Tiere
mit großen Köpfen, und der Beutel wölbt sich weit vor. Anfangs sind das
wenige zentimetergroße Minitierchen.
Die Polizisten, die das Känguru am Sonntag in Brandenburg zuletzt gesehen
haben, sind sehr traurig über dessen Tod. Haben Sie Verständnis für solche
Gefühle?
Kängurus kommen bei den Leuten sehr gut an. Deshalb gehören sie auch zu den
Tieren, die man unbedingt in einem Zoo haben sollte. Das liegt daran, dass
sie auf den Hinterfüßen sitzen. Den Schwanz benutzen sie als Stützorgan und
zum Steuern. Die Tiere können 8 bis 12 Meter weite Sprünge machen.
Sind Bennett-Kängurus in Zoologischen Gärten einfach zu züchten?
Ja. aber es gehört immer ein Männchen dazu (lacht).
Selbst bei Kängurus?
Selbst bei Kängurus muss immer eine Verpaarung stattfinden. Beim
Bennett-Känguru klappt das relativ gut. Die sind hart im Nehmen, in jeder
Hinsicht.
9 Jan 2015
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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Tiere
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