# taz.de -- Gefahren bei veganem Nagellack: Gift auf dem Finger | |
> Der Lack ist ab: „Ökotest“ hält zwei vegane Nagellacke wegen | |
> gesundheitsschädlicher Substanzen für nicht verkehrsfähig. Ein Hersteller | |
> wehrt sich. | |
Bild: Garantiert nicht vegan: Nägel mit Promi-Köpfen | |
BERLIN taz | Die Nagellacke leuchten in rot oder schillerndem Blau. Doch so | |
schön sie aussehen – in vielen Lacken stecken echte Chemiekeulen. Die | |
Zeitschrift Ökotest hat für ihre aktuelle Ausgabe vegane Kosmetik | |
untersucht – und dabei in zwei Lacken verbotene Schadstoffe gefunden. | |
Während die meisten tierfreien Produkte mit sehr guten und guten | |
Ergebnissen abschnitten, stuften die Redakteure diese Lacke sogar als | |
„nicht verkehrsfähig“ ein. | |
Dabei geben sich die Unternehmen sogar besonders naturnah: Das Label | |
Sparitual wird auf der deutschen Website als Marke beschrieben, die sich | |
durch „Inhaltsstoffe und durch Umweltbewusstsein von herkömmlichen | |
Produktionen und Produkten abhebt“. In einem bläulich schimmernden | |
Nagellack hat ein Labor jedoch freies Phenol gefunden, ein Stoff, der laut | |
EU-Kosmetikverordnung verboten ist. | |
„Freies Phenol ist mutagen“, erklärt Annegret Blume vom Bundesinstitut für | |
Risikobewertung. Das heißt: Der Stoff kann Veränderungen des Erbguts | |
auslösen. Zudem wirkt er unter anderem schädigend auf Organe wie Leber und | |
Lunge. | |
„Der Artikel hat eine kleine Welle ausgelöst, die wir aber nicht so | |
hinnehmen können“, sagt Manuela Naumann, Geschäftsführerin für die Firma | |
Professional Products, die Sparitual in Deutschland vertreibt. Der | |
US-amerikanische Hersteller habe nun ein unabhängiges Institut mit einem | |
Test beauftragt. Dieses habe kein freies Phenol gefunden, sagt Naumann. | |
## Ein Nachweisproblem | |
Wieso also hat das Ökotest-Team den Stoff nachweisen können? Eine Erklärung | |
hat Sascha Kiy, der sich bei Professional Products mit den Tests befasst, | |
noch nicht. „Wir wollen ermitteln, wie es dahinkommt“, sagt er. „Wir nehm… | |
das als Anlass, jetzt die Rezeptur zu überprüfen.“ Auch einer anderen Spur | |
will die Firma nachgehen: der Vermutung, die Tester könnten die | |
Verunreinigung durch das Versuchsverfahren selbst verursacht haben. Nach | |
Angaben von Kiy gibt es einen Inhaltsstoff, der das Phenol beim Test | |
eventuell hätte freisetzen können. Deswegen habe man Ökotest kontaktiert, | |
eine Antwort stehe noch aus. | |
Ökotest selbst veröffentlicht keine Mengenangaben. Nach Angaben von Kiy | |
liegt die vom Magazin gefundene Menge bei 1,9 ppm (parts per million). | |
Dabei handelt es sich laut Wissenschaftlerin Blume nur um eine | |
Verunreinigung. Man könne davon ausgehen, dass das Phenol nicht absichtlich | |
zugesetzt worden sei, weil es in dieser Konzentration keine Funktion habe. | |
Das ist wichtig für die Bewertung: „Wenn das Phenol nur in Spuren enthalten | |
ist, würde ich vorsichtig annehmen, dass es keine akute Gefährdung | |
bedeutet“, sagt Blume. Und: „Bei häufigem oder lang andauerndem Gebrauch | |
kann man aber eine Gesundheitsgefährdung nicht ausschließen.“ | |
Auch die US-Firma Scotch Naturals preist sich im Internet als „truly | |
non-toxic“ – wirklich ungiftig. In einem ihrer Lacke haben die Tester | |
allerdings Methylpyrrolidon gefunden, das auch als Lösungsmittel eingesetzt | |
wird. Auch dieser Stoff ist in Kosmetik verboten, denn Methylpyrrolidon ist | |
reprotoxisch, es könnte also „tödlich auf Embryos wirken“, erklärt Blume. | |
Scotch Naturals hat auf mehrere Anfragen der taz nicht reagiert – dabei | |
könnte nur eine Veröffentlichung der Menge zeigen, wie gefährlich der Stoff | |
im Nagellack wirklich für den Träger ist. Laut Ökotest hat der Hersteller | |
mitgeteilt, dass eine Änderung der Rezeptur bereits geplant sei. | |
11 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Eva Oer | |
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