| # taz.de -- Kommentar Mahnwache in Berlin: Gelungene Symbolpolitik | |
| > Das Bild, das sich am Brandenburger Tor bot, hat einen neuen Patriotismus | |
| > gezeigt, der mit Blutsideologischem nichts am Hut hat. Richtig so. | |
| Bild: Alle da: Gauck, Mazyek, Merkel, Gabriel, Yilmaz, Soykan und weitere. | |
| Es könnte die wichtigste Demonstration des Jahres gewesen sein. [1][Die | |
| Mahnwache auf dem Pariser Platz] am Dienstag war mehr als eine Pflichtübung | |
| der politischen Elite des Landes, zu der Vertreter der muslimischen und | |
| anderer religiöser Verbände gebeten hatten. Wie sie zum gemeinsamen Bild | |
| vor dem Symbol der wiedervereinigten Republik, dem Brandenburger Tor, | |
| zusammenkamen und was sie dort sagten, gilt für die Zukunft als politische | |
| Maßeinheit dessen, was dieses Land friedlich hält. | |
| Politische Symbole werden gewöhnlich abgetan – sie gelten wenig im | |
| Angesicht des irgendwie jenseits von ihnen liegenden Substanziellen. Wer | |
| argumentiert: „Was nützt das ganze Integrationsgerede, wenn es keine | |
| vernünftige Sozial- und Bildungspolitik gibt?“, verkennt den | |
| unpädagogischen Charakter einer freiheitlichen Gesellschaft: Nicht für | |
| alles kann der Staat Verantwortung übernehmen, schon gar nicht für | |
| schlechte Entscheidungen seiner BürgerInnen. Auch nicht für die Wege etwa | |
| jungerwachsener Menschen, sich dem Terror zu verschreiben – dem hätte keine | |
| Sozialpolitik beikommen können. | |
| Bundespräsident Gaucks Satz: „Wir schenken euch nicht unsere Angst. Euer | |
| Hass ist unser Ansporn“, war einerseits eine souveräne sprachliche Geste | |
| gegenüber allen ParanoikerInnen und zugleich eine Geste, bei der das | |
| „unser“ zweifellos alle BürgerInnen meinte, also auch, kurz gesagt, | |
| EinwanderInnen muslimischer Prägung. | |
| Das Bild des Abends war sprechend integrativ. Republikanisch aus Prinzip, | |
| indem die ethnischen und kulturellen Eigenschaften hinter dem Leitbild des | |
| gemeinsam Deutschen im Sinne bürgerlichen Miteinanders zum Verschwinden | |
| gebracht werden. Die politische Elite mit allen Religionsvertretern – | |
| könnte das Bild noch einladender sein? Das heißt nicht, Konflikte zu | |
| verschweigen, zum Beispiel den offenen oder verdeckten Hass auf das | |
| Jüdische, das Antisemitische vieler BürgerInnen. Aber eine Mahnwache ist | |
| kein WG-Plenum, bei dem alles auf den Tisch kommt. Nur darum ging es: sich | |
| auszuhalten. Gemeinsam. | |
| Das Gemecker darüber, dass nicht viele muslimische Deutsche zugegen waren, | |
| ist erbsenzählerisch. Die Mahnwache hat im Hinblick auf die BürgerInnen, | |
| denen Allah alles bedeutet, einen neuen Patriotismus präsentiert, der mit | |
| Blutsideologischem nichts gemein hat. Gut so. | |
| 14 Jan 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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