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# taz.de -- Weirdfolk von The Gentle Lurch: Musik für eine Krähe
> Die Band The Gentle Lurch interpretiert Folkrock als Experimentierfeld
> zwischen sinfonischen Arrangements und abwegigen Melodien.
Bild: Schattig in Sachsen: The Gentle Lurch.
Keine Experimente, nur noch ein Ächzen des Materials. Es geht aufs Sterben
zu. Wenig erbauliche Worte, mit denen die Dresdner Band The Gentle Lurch
ihr mittlerweile drittes Album ankündigt. „Workingman’s Lurch“ sei ein
„pessimistisches Werk, das vom Arbeiten handelt“.
Seit ihrem Debüt (2007) feilen Cornelia Mothes, Lars Hiller und Frank Heim
an einem eigenständigen Entwurf von experimentellem Folk. Dabei kultivieren
The Gentle Lurch eine Vorliebe für alles Sperrige. Wiederholungen sind
ihnen ein Graus, Misstöne spielen sie mit Genuss.
„Wir würden ein Lied nicht fertig nennen, solange nicht etwas Verschrobenes
drin vorkommt“, sagt Lars Hiller, der singt und Gitarre spielt. Dass sich
The Gentle Lurch am Diktat der Arbeit reiben, begründet Hiller damit, dass
die Musiker in ihren Dreißigern seien, aber neben der Kunst diversen
Brotjobs nachgingen. „Da fängt man an, sein Leben in Arbeit und das Erholen
von Arbeit einzuteilen“, sagt er. Kreativität drohe dadurch zu erlahmen.
Von seinen Vorgängern hebt sich „Workingman’s Lurch“ vor allem durch sei…
Pop-Appeal ab: Schon der Auftaktsong „The Darkest Grove of Pines“ verwirft
jede Scheu vor der großen Geste: Wenn ein schwelgerischer
Streicherarrangement über die akustische Intimität hereinbricht, würde sich
auch Van Dyke Parks erfreuen. Den Stücken von Cornelia Mothes wurde diesmal
mehr Raum gegeben, sie sind der erlösende Gegenpol zum sprech-singenden
Stoizismus von Lars Hiller.
## Das Raue nicht komplett abgelegt
Das Raue und Verwachsene hat die Band aus Dresden freilich nicht komplett
abgelegt. Sie inszenieren es zu einem gewissen Teil auch. Etwa in ihren
verwackelten Bandfotos. In den Songs wiederum zeigt es sich mal als
abrupter, harmonisch abwegiger Zwischenteil, mal als verdengelter
Gitarrensound, der die lieblichste Melodie ansägt.
„If this congregation were an orchestra / I’d be playing slightly out of
tune“, singt Lars Hiller im Titelstück des Albums. So evoziert „All Things
Come“ über mehrere Strophen eine graue Alltagstristesse, ehe Cornelia
Mothes dem Erzähler die Last abnimmt: „There’s a set of eyes that smile and
dry your tears.“
The Gentle Lurch haben ihre Musik einmal als etwas bezeichnet, auf dem sich
eine Krähe niederlassen würde. Was für eine schräge Band. Was für eine
herrliches Album.
22 Jan 2015
## AUTOREN
Josef Wirnshofer
## TAGS
Folk
Dresden
München
Kulturgeschichte
Kalifornien
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