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# taz.de -- Neues Album von Van Dyke Parks: In anderen Sphären
> Der kalifornische Komponist Van Dyke Parks ist der große Unbekannte des
> US-Pop. Zu Unrecht – wie sein neues Album „Songs Cycled“ beweist.
Bild: Unterwegs in seinen eigenen Popzyklen: Van Dyke Parks.
Man erwartet bei Van Dyke Parks ja immer, dass gleich eine Steel Band aus
Trinidad sich unsere alten Kochtöpfe schnappt.
Van Dyke Parks hat mit seinen Konzeptalben in den siebziger Jahren – ganz
im Widerspruch zu allen kommerziellen Erwägungen – Landkarten eines anderen
Amerika gezeichnet, ist musikalisch in die Karibik gereist. Und wenn er von
den Dingen des Lebens handelte, hatte man immer auch das Gefühl, es mit
einem unbeugsamen linken Romantiker zu tun zu haben. Manchmal klingt bei
ihm die europäische Kunstmusik an, allerdings so, wie sie mit dem
Emigranten Kurt Weill in die Staaten gekommen ist.
„Hold Back Time“, singt er auf seinem neuen Album mit einer sanften
Zerbrechlichkeit. Hinter dem Vorhang der Operette lauert das wirkliche
Drama, das Vergehen der Zeit, die man gerne anhalten möchte. „Don’t think
about tomorrow.“
Kaum einer kann uns den Ernst des Lebens mit solch einer schön dekadenten
Fülle an musikalischen Ideen verkaufen. Tatsächlich ist zwar ein neues
Album von Van Dyke Parks herausgekommen, aber seine Neuheit liegt mehr in
der Art und Weise, wie er das Alte immer wieder von Neuem erzählt.
## Aus der Zeit gefallen
15 Jahre sind seit dem Live-Album „Moonlighting“ vergangen, die meisten nun
aufgenommenen Stücke stammen aus früheren Phasen oder sind bereits als
Singles auf Parks’ eigenem Label Bananastan veröffentlicht worden. Der
Albumtitel, „Songs Cycled“, lässt nicht nur im Rückgriff auf Parks’ Deb…
„Song Cycle“ (1968) das Gesamtwerk als ein rundes erscheinen; er
illustriert auch, wie spielerisch der Komponist und Musiker mit eigenem
Material umgeht, wie sehr er es als etwas Erweiterbares, neu Denkbares
betrachtet. Wer etwas aus der Zeit gefallen ist, schert sich nicht um
Veröffentlichungszyklen.
Indes ist der 70-Jährige ja nicht tatenlos gewesen: Er hat in den nuller
Jahren einige Soundtracks komponiert, hat sich als Produzent und Arrangeur
um Veröffentlichungen jüngerer Künstlerinnen wie Joanna Newsom oder Inara
George verdient gemacht und dabei mitgeholfen, die größte Lücke in der
Diskografie des Pop zu schließen.
Mit Brian Wilson vollendete er, was 1966 nicht zuletzt auch an Parks’ als
zu psychedelisch verschrienen Lyrics gescheitert war: das Beach Boys-Album
„Smile“. Fast 50 Jahre und etliche weiße Haare später ist Van Dyke Parks
vielleicht die bekannteste unbekannte Legende des US-Pop. Und auf „Songs
Cycled“ präsentiert er sich als das, was er immer schon war: ein Beschwörer
des Künstlich-Authentischen, der Differenz und Assimilation von
verschiedenen Stilen zugleich.
## Hollywoodeske Wendungen
In seinen Texten geht es zwar ganz konkret um die Ölkatastrophe am Golf von
Mexiko („Black Gold“) oder um den Kapitalismus schlechthin („Money is
King“). Aber in der Musik schwelgt er in anderen Zeiten und Sphären, da
gibt es hollywoodeske Wendungen, Calypso-Referenzen, gershwinhafte
Schwärmerei.
Es ist die Vielfalt, die den Reiz dieses Liederreigens ausmacht: Parks
nimmt jene musikalischen Formen ernst, die entweder vergessen wurden oder
zur historischen Soundtapete verkommen sind. Er schafft es sogar, „Amazing
Grace“ in eine hinreißend swingende Bluegrass-Nummer zu verwandeln. Als
Arrangeur hat er Gespür für kleine harmonische Irritationen, die sich
augenblicklich in Wohlgefallen auflösen. Das Schwere klingt bei ihm so
leicht, als würde man durch eine surreale Disneywelt gleiten. Als Brian
Wilson einmal gefragt wurde, wie er denn die Musik von Parks beschreiben
würde, stockte er kurz und sagte: „It’s what I call good music.“
9 May 2013
## AUTOREN
Ulrich Rüdenauer
## TAGS
Kalifornien
Los Angeles
Folk
Daft Punk
Musik
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