# taz.de -- Vertreibung des IS aus Kobani: Hoher Preis für einen Sieg | |
> Mit US-Unterstützung haben die Kurden die Schlacht um Kobani weitgehend | |
> gewonnen. Doch der Kampf gegen den Islamischen Staat ist festgefahren. | |
Bild: Kurdische Zivilisten feiern am Dienstag in einem Viertel im syrischen Ale… | |
ISTANBUL taz | Über die Grenzen hinweg haben Kurden am Dienstag den Sieg | |
über die Extremisten des Islamischen Staates (IS) im syrischen Kobani | |
gefeiert. Vom irakischen Erbil bis ins türkische Diyarbakir tanzten Kurden | |
auf den Straßen. Der Sprecher der Volksverteidigungseinheiten (YPG), Polat | |
Can, sprach von einem Sieg für die Menschheit und die Kurden. | |
Ähnlich äußerte sich auch Barham Salih, Kurde und ehemaliger irakischer | |
Ministerpräsident. Dabei setzte Salih den YPG-Kämpferinnen ein Denkmal. Die | |
Heldinnen von Kobani hätten das Narrativ des Widerstands verändert, | |
twitterte Salih zu einem Bild von lachenden Kämpferinnen. | |
Selbst das Zentralkommando der für den Nahen Osten zuständigen | |
US-Streitkräfte ließ sich zu einer vergleichsweise emotionalen Erklärung | |
hinreißen. „Das US-Zentralkommando beglückwünscht diese mutigen Kämpfer u… | |
dankt ihnen für ihren Einsatz“, teilte es mit. Lob gab es auch vom | |
syrischen Regime. Die Bevölkerung von Ain al-Arab, wie Kobani auf Arabisch | |
heißt, habe die Terrororganisation fast komplett aus der Stadt vertrieben, | |
berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. | |
Gewonnen ist die Schlacht um Kobani noch nicht. Die Kämpfe im Osten der | |
Stadt hielten auch am Dienstag an, und ein Großteil des Umlands befindet | |
sich weiterhin unter der Kontrolle der Extremisten. Zwar gingen die Kämpfe | |
weiter, erklärte das US-Militär. Aber das Scheitern in Kobani sei für den | |
IS von strategischer Bedeutung. | |
## Eine Schmach für den IS | |
Für den IS ist der Verlust eine Schmach. Aber der Preis dafür ist hoch. | |
Nachdem die Extremisten die Stadt im September überrannten, flohen die | |
meisten der etwa 45.000 Einwohner. Kobani wurde zum freien Schlachtfeld, | |
134 Tage lang dauerten die Kämpfe mit Hunderten von Toten auf beiden | |
Seiten. Aufnahmen aus der Stadt zeigten am Dienstag die enorme Zerstörung. | |
Militärisch, aber auch politisch bedeutsam war vor allem das Eingreifen der | |
USA, die sich damit über die Einwände aus Ankara hinwegsetzten. Mit ihrer | |
Unterstützung für die YPG stellte sich Washington erstmals hinter Kämpfer, | |
die mit der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbündet | |
sind. | |
Deren Erstarken in Syrien wollte die türkische Regierung mit allen Mitteln | |
verhindern. Luftangriffe brächten nichts, erklärte Präsident Recep Tayyip | |
Erdogan im Oktober. Nach komplizierten Verhandlungen willigte Ankara dann | |
jedoch in die Entsendung von kurdischen Kämpfern aus dem Irak ein, die YPG | |
ihrerseits akzeptierte die Unterstützung von syrischen Rebellen, die von | |
der Türkei unterstützt werden. | |
Der Sieg von Kobani stärkt die YPG und deren politischen Arm, die Partei | |
der Demokratischen Union (PYD), und damit auch die PKK. Das festigt ihre | |
Vormacht in den kurdischen Gebieten Syriens. Jedes kurdische Dorf werde zum | |
Grab für den IS werden, sagte ein YPG-Kommandant an einer Pressekonferenz | |
in Kobani am Dienstag. | |
## Ein ernstzunehmender Gegner | |
Für den IS ist Kobani freilich nicht von strategischer Bedeutung. Dass er | |
trotzdem den Hunderten von Luftangriffen der USA und ihrer Verbündeten | |
sowie dem Gegenangriff der Kurden so lange standhielt, zeigt, mit welch | |
ernst zu nehmendem Gegner es die Anti-IS-Koalition zu tun hat. In Syrien | |
ist es den Fanatikern sogar gelungen, weiter an Boden zu gewinnen. Sowohl | |
im Umland von Aleppo und Idlib wie in der Umgebung ihrer Hauptstadt Rakka | |
sind sie auf dem Vormarsch. Obwohl die Angaben auseinandergehen, sind sich | |
Experten einig, dass das vom IS beherrschte Territorium in Syrien heute | |
größer ist als vor Beginn der Luftangriffe. | |
Im Irak konnte der IS-Vormarsch zwar gestoppt werden, mehr aber auch nicht. | |
Mossul, die zweitgrößte Stadt des Landes, befindet sich in der Hand des IS. | |
Die Extremisten haben ihre Verteidigungsstellungen nach Angaben von | |
Einwohnern sogar ausgebaut. | |
Der ehemalige Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA, Generalleutnant | |
Michael Flynn, wirft der Obama-Administration vor, das Ausmaß und die | |
Komplexität des Kampfes gegen den IS zu unterschätzen. Angesichts der | |
weltweiten Bedrohung brauche es wie im Zweiten Weltkrieg eine einheitliche, | |
internationale Kommandostruktur. | |
27 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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