# taz.de -- Scheinsicherheit in Hamburg: Vorsicht, Kamera | |
> Mehr als 16.000 Kameras filmen in Hamburg im öffentlichen Raum – sogar in | |
> Kitas. Die FDP kritisiert den Überwachungswahn. | |
Bild: Überwachungswahn oder Sicherheitsgewinn? Kamera auf der Reeperbahn | |
HAMBURG taz | Exakt 16.342 Kameras überwachen pausenlos den öffentlichen | |
Raum in Hamburg – und einige sogar den nicht-öffentlichen. Das hat der | |
Senat nachgerechnet und dem FDP-Abgeordneten Finn-Ole Ritter mitgeteilt. In | |
der Senatsantwort auf Ritters schriftliche Anfrage, die der taz vorliegt, | |
werden 22 Seiten lang Überwachungskameras an Dienstgebäuden oder in | |
Bahnhöfen aufgelistet, aber auch in Museen und sogar Kindertagesstätten. | |
„Das ist Überwachungswahn“, sagt Ritter. | |
„Erschütternd“ findet es Ritter, dass Hamburg ausweislich der Polizeilichen | |
Kriminalstatistik eine der niedrigsten Aufklärungsquoten unter allen | |
deutschen Großstädten hat, vor allem bei der Straßenkriminalität, dem | |
Fahrradklau und den Taschendiebstählen in Bussen und Bahnen: „Hamburg | |
erkauft sich hier trügerische Scheinsicherheit auf Kosten von | |
Bürgerrechten“, sagt Ritter. | |
Der weitaus größte Teil der Kameras ist in U- und S-Bahnhöfen, Bahnen und | |
Bussen installiert. Mehr als 11.000 Geräte nehmen den öffentlichen | |
Nahverkehr auf Video auf. Mehr als 700 Kameras gibt es in | |
Justizvollzugsanstalten, fast 400 werden von der Polizei unter anderem zur | |
Verkehrsüberwachung betrieben. | |
Während all das laut Ritter sinnvoll sein dürfte, wundert er sich über | |
andere Auskünfte um so mehr. So sind in den Gebäuden des städtischen | |
Wohnungsunternehmens Saga/GWG 530 Kameras „zur Abwehr von Vandalismus“ | |
angebracht. | |
Die Bilder würden nach sieben Tagen automatisch gelöscht, so die Auskunft, | |
über die Erfolgsquoten herrscht Schweigen. „Bei der Überprüfung der | |
Erforderlichkeit 2014 wurde die Notwendigkeit eines weiteren | |
Kameraeinsatzes festgestellt“, heißt es lapidar. | |
Auch in vielen Schulen und Museen sind Kameras installiert, auch die | |
Vereinigung Hamburger Kindertagsstätten unterhält 30 Kameras zum Schutz | |
gegen Einbrüche. Rechtsgrundlage sei hier wie bei vielen anderen | |
Einrichtungen mit Publikumsverkehr eine Betriebsvereinbarung, ansonsten | |
erfolgen Aufnahmen, Speicherung und Löschung nach dem Hamburger | |
Datenschutzgesetz. | |
Angesichts dieser Umstände sei jede erneute Diskussion über die anlasslose | |
Vorratsdatenspeicherung „blanker Hohn“, sagt Ritter. „Bloße Datenhalden | |
sind offensichtlich nicht dazu geeignet, Straftaten zu verhindern oder | |
aufzuklären. Gezielte Aufklärungsarbeit statt Generalverdacht muss die | |
Devise sein“, fordert der Freidemokrat. | |
Besonders bizarr indes mutet an, dass von allen potenziell | |
sicherheitsrelevanten öffentlichen Einrichtungen Hamburgs einzig das | |
Landesamt für Verfassungsschutz kamerafrei ist. | |
27 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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