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# taz.de -- Klage zum Forschungsinstitut IZA: Mietwissenschaftler der Post?
> Das Forschungsinstitut IZA scheint eng verwoben mit der Post-Stiftung.
> Ein Gericht entscheidet nun, ob ihm Lobbyismus nachgesagt werden darf.
Bild: Mag keine Fragen beantworten: IZA-Chef Klaus Zimmermann
KÖLN taz | Das Bild der Villa im noblen Köln-Marienburg hat sich ins
kollektive Bildgedächtnis eingegraben, seit der damalige Post-Chef Klaus
Zumwinkel dort wegen Steuerhinterziehung verhaftet und abgeführt wurde.
2013 hat die Familie das Haus abreißen lassen, Zumwinkel ist ausgewandert.
Dabei sind ihm bis heute feste Bindungen ans Rheinland geblieben: Er ist
alleiniger Vorstand der von ihm ins Leben gerufenen Post-Stiftung und
Präsident des „Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit“ (IZA). Die
Stiftung steckt jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag in das
Institut. Am Freitag entscheidet das Landgericht Hamburg, ob der Kölner
Publizist Werner Rügemer behaupten darf, dass das IZA nicht unabhängig ist
und keine freie Wissenschaft, sondern Lobbyismus betreibt.
Das Institut bezeichnet sich als privates, unabhängiges
Wirtschaftsinstitut. Es bietet Politikberatung zu aktuellen Fragen des
Arbeitsmarktes an. Auf seiner Startseite weist es auf die Finanzierung
durch die Post-Stiftung hin. Die firmiert unter derselben Adresse und hat
außer der Gelddurchleitung zum IZA offenbar nicht viel zu tun. Für die
Deutsche Post als ein Arbeitgeber sind arbeitsmarktpolitische
Entscheidungen von Bedeutung.
Publizist Rügemer geht davon aus, dass das Unternehmen über die Stiftung
und das IZA Einfluss nehmen will. In den Blättern für deutsche und
internationale Politik hatte Rügemer in einem Beitrag über Lobbyismus
geschrieben, das IZA bezeichne sich „faktenwidrig“ als „unabhängig“. �…
'freier Wissenschaft' kann hier allerdings beim besten Willen nicht
gesprochen werden“, schrieb er.
Direktor des IZA ist der Wissenschaftler Klaus Zimmermann, der bis 2011
Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) war. Er
verlangte eine Unterlassungserklärung von den Blättern und von Rügemer für
die Aussagen, das Institut sei nicht unabhängig, betreibe keine freie
Wissenschaft, informiere nicht über seine Finanzierung und betreibe
Lobbyismus. Die Blätter unterschrieben, Rügemer nicht. Daraufhin erwirkte
Zimmermann eine einstweilige Verfügung, gegen die Rügemer geklagt hat.
## Zwei Vergleichsvorschläge
Zweimal habe das Gericht Vergleichsvorschläge gemacht, berichtet Rügemer.
Auf den ersten – dem zufolge nur die Behauptung unterlassen werden soll,
das Institut informiere die Allgemeinheit nicht offen über seine
Finanzierung – hätte sich Rügemer möglicherweise eingelassen. Zimmermann
nicht. Den zweiten Vorschlag mochte auch der Publizist nicht akzeptieren.
Danach sollte er die Aussage unterlassen, das IZA betätige sich als
Lobbyist. „Es geht hier um die Grundsatzfrage, in welcher Form sich
Konzerne Meinungsmache und wirtschaftswissenschaftlichen Einfluss
organisieren dürfen“, sagt Rügemer.
Die Beteiligten auf der anderen Seite sind zugeknöpft. Kläger Zimmermann
will keine Fragen beantworten. Aber er hat in einem Blogbeitrag die
Vorwürfe von Rügemer zurückgewiesen. „Das IZA ist keinen Einflüssen Dritt…
ausgesetzt und hat sich nur der Wissenschaft verpflichtet“, schreibt er
dort. Das IZA könnte den Mietmaulvorwurf ausräumen, indem es eine
Aufstellung seiner Einkünfte veröffentlicht. Doch Zahlen teilt das IZA auf
Anfrage nicht mit.
„Neben der Grundfinanzierung durch die Wissenschaftsförderung der Deutsche
Post-Stiftung wirbt das IZA im Wettbewerb regelmäßig Forschungs- und
Beratungsaufträge ein“, erklärt Sprecher Mark Fallak stattdessen und führt
als Beispiele die Weltbank, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die
Volkswagen-Stiftung, die Thyssen-Stiftung und das
Bundeswirtschaftsministerium an. Fallak verweist auf eine Pressemitteilung
von 2012. „Dank einer soliden Grundfinanzierung durch die Deutsche
Post-Stiftung ist das IZA unabhängig von Auftragsforschung“, heißt es dort.
Aber: keine Zahlen, die das belegen könnten.
## Die Post will nichts damit zu tun haben
Die Deutsche Post stellt sich auf den Standpunkt, sie habe mit der Sache
nichts zu tun. Die Stiftung sei unabhängig, heißt es. Doch ganz kalt lässt
die Sache den Konzern wohl nicht. Nach einem Bericht im Handelsblatt über
die Verquickung von Stiftung und IZA soll das Thema im Aufsichtsrat gewesen
sein. Dazu äußert sich die Post nicht. „Sitzungen unseres Aufsichtsrates
sind vertraulich“, so ihr Sprecher.
Die Deutsche Post-Stiftung ist nicht auskunftsfreudig. Sie sei eine
„eigenständige gemeinnützige Stiftung“, die „unabhängig von der Deutsc…
Post AG“ arbeite, verlautbart „Officemanagement“-Leiterin Waltraud Klar.
„So sind die Deutsche Post-Stiftung und ihre Organe sowie ihre der
Gemeinnützigkeit dienenden Förderungen auch nicht von
Unternehmensinteressen geleitet.“
Die Stiftung lege einen Schwerpunkt auf das Gebiet der Arbeitsökonomie,
heißt es auf ihrer Homepage: „In diesem Zusammenhang wurde 1998 das
Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit als gemeinnützige GmbH
gegründet.“ Dort ist von einem weiteren Förderprojekt die Rede, das 2015
seine Arbeit aufnehmen wird. Auf den Seiten finden sich nur zwei Namen
echter Personen: die von Sprecherin Klar und Präsident Zumwinkel.
30 Jan 2015
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Lobbyismus
Arbeit
Deutsche Post
Schule
Transparency International
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