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# taz.de -- Banken leiden unter Niedrigzins: Zu viel Kapital schafft Probleme
> Weil sich mit Krediten kein Geld mehr verdienen lässt, fürchtet die
> alternative GLS-Bank um ihr Geschäftsmodell. Die niedrigen Zinsen sind
> schuld.
Bild: Weil die Tresore voll sind, müssen Banken ihre Scheine schon auf Wäsche…
BERLIN taz | Der alternativen GLS-Bank geht es derzeit bestens; der Gewinn
steigt genauso wie die Zahl der Kunden. Doch ihr Chef Thomas Jorberg
bereitet sich auf eine düstere Zukunft vor. Die gesamte Branche sei im
Umbruch. „Wir wissen nicht, wie eine Bank in zehn Jahren aussieht“, sagte
er am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Berlin. „Wir wissen nur, dass
sie nicht mehr so aussieht wie heute.“
Vor allem die niedrigen Zinsen machen den Instituten zu schaffen. Schon
heute können die Banken für einen zehnjährigen Kredit nur noch zwei Prozent
Zinsen verlangen, wenn keine besonderen Risiken vorliegen. Doch mit diesen
niedrigen Zinsen lassen sich kaum noch die Kosten der Banken und Sparkassen
decken. Das klassische Geschäftsmodell der Banken funktioniert nicht mehr,
das Jorberg so zusammenfasst: „Einlagen rein, Kredite raus.“
Noch schlimmer: Ein Ende der niedrigen Zinsen ist nicht in Sicht. Jorberg
rechnet auch noch in den nächsten fünf bis zehn Jahren mit einem Zins, „der
gen Null geht“.
Denn es gebe sehr viel Geld – aber fast niemanden, der noch einen Kredit
aufnimmt. Die meisten Staaten haben schon hohe Schulden und versuchen zu
sparen – und auch viele Privathaushalte sind überschuldet und damit
beschäftigt, ihre Darlehen zurückzuzahlen. „Das Angebot an Geld und Kapital
ist weltweit zu hoch“, konstatiert Jorberg, „deswegen geht der Zins nach
unten.“
## Banken schwimmen im Geld
Die Europäische Zentralbank spielt bei diesem Prozess fast gar keine Rolle.
Die EZB will zwar monatlich Staatsanleihen in Höhe von 60 Milliarden Euro
aufkaufen, um Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Doch Jorberg ist skeptisch,
ob dieser Plan aufgeht: „Ich weiß gar nicht, wo die Zentralbank die
Anleihen hernehmen will. Unsere Anleihen bekommt sie jedenfalls nicht.“
Denn die Banken schwimmen bereits im Geld – und können noch mehr Geld gar
nicht gebrauchen. Stattdessen sind die Institute froh, wenn sie
Staatsanleihen haben, die wenigstens noch ein bisschen Zinsen abwerfen.
Für Jorberg stellt sich inzwischen die Systemfrage. Es könne nicht
funktionieren, dass ein Prozent der Weltbevölkerung bereits 50 Prozent des
Gesamtvermögens besitze. Denn Ersparnisse behalten nur ihren Wert, wenn
jemand anderes einen Kredit aufnimmt. „Die Vermögenden suchen verzweifelt
nach Schuldnern“, beschreibt Jorberg die Lage. „Aber die Schuldner sind so
ausgesaugt, dass sie als Schuldner nicht mehr taugen.“
Für die Banken stellt sich die Frage: Wie sollen sie in zehn Jahren noch
Geld verdienen, wenn die Zinsen niedrig bleiben? Jorberg sieht letztlich
nur den Weg, dass die Gebühren steigen. Er stellt sich eine „Flatrate“ vor,
bei der die Kunden ein „Leistungspaket“ erwerben könnten, das Beratung,
Service und Kreditvermittlung umfasst. Der Preis ist noch offen, doch für
die Kunden werde sich keine Zusatzbelastung ergeben, denn bisher würden die
gleichen Kosten „völlig intransparent“ im Zins versteckt. Allerdings weiß
Jorberg, dass die Kontogebühren bei den Kunden extrem unbeliebt sind.
## Staatliche KfW boomt
Die Alternative für die Banken ist, bei den Kosten zu sparen. Schon jetzt
rechnen sich viele Filialen nicht mehr. Seit 2001 gingen bereits 16 Prozent
der Stellen im Bankgewerbe verloren – und dieser schleichende Prozess wird
weitergehen.
Während mit dem normalen Kreditgeschäft kaum noch Gewinn zu machen ist,
boomt die staatliche Förderbank KfW. Sie vergab im vergangenen Jahr neue
Kredite in Höhe von 74,1 Milliarden Euro – vor allem für
Klimaschutzprojekte und Existenzgründer.
4 Feb 2015
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
EZB
Kredite
Kontogebühren
Niedrigzins
GLS-Bank
Verbraucherschutz
Austeritätspolitik
Wirtschaft
Eurokrise
Banken
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