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# taz.de -- Chinesen drucken Luxusvilla: Lego für Erwachsene
> Der Firma WinSun ist es gelungen, mit einem 3D-Drucker eine Villa und ein
> fünfstöckiges Wohnhaus herzustellen. Der Clou: Die Füllmasse besteht aus
> Bauschutt.
Bild: Brücke und Hochhäuser in Jilin: Ob das auch bald alles gedruckt wird?
PEKING taz | Im Zickzack fährt eine überdimensionierte Düse eine
vorprogrammierte Bahn ab, wurstförmig schichtet sie eine graue klebrige
Masse auf. Das ganze Prozedere erinnert an einen Konditor, der eine Torte
mit dem Spritzbeutel verziert. Nur dass hier keine Sahne verspritzt wird,
sondern ein Gemisch aus Zement, Bauschutt und Industrieabfällen. Bei der
Düse handelt es sich um einen 3D-Drucker. Das Ergebnis: eine Villa und ein
Appartmenthaus,
3D-Drucker fertigen längst Plastikskulpturen, Spielzeug, Maschinengewehre,
Autos. Und im vergangenen Jahr hat die chinesische Firma WinSun erstmals
Fertighäuser gedruckt. An nur einem Tag spuckte der Drucker die Wände für
zehn einstöckige Gebäude aus.
Nun sorgt das Unternehmen für eine weitere Premiere: In einem Industriepark
im ostchinesischen Suzhou druckte WinSun eine zweistöckige Villa mit
insgesamt 1.100 Quadratmeter Wohnfläche sowie einen fünfstöckigen Wohnblock
– das bislang größte Objekt aus einem 3D-Drucker.
„Für ein Haus aus echtem Stein müssen Bergarbeiter mühselig die Steinblöc…
freiklopfen und sie zur Baustelle schleppen“, sagt Firmenchef Ma Yihe. Das
schade Mensch und Umwelt. „Mit dem 3D-Drucker verwerten wir Bauschutt
wieder. Das ist schnell und günstig.“
## Haus an einem Tag
Der Drucker ist rund 6 Meter hoch und hat ein Druckbrett von mehr als 350
Quadratmetern Fläche. Für die Füllmasse verwendet das Unternehmen
Bauschutt, schnell trocknenden Zement und ein spezielles Härtungsmittel.
Diese Mischung wird erhitzt und durch Kanülen geleitet. Mit den Düsen
spritzt der Drucker dann auf den Millimeter genau die vorher auf einem
Computer entworfenen Wände und Dachteile. Diese Elemente werden auf der
Baustelle an herkömmliche Stahlträger gesteckt, mit Drahtgestellen
verbunden und die Hohlräume mit Isolierstoffen gefüllt. Schon ist das
Gebäude fertig. Das ist wie Lego, nur für Erwachsene.
Was vor allem am 3D-Drucker chinesischer Fabrikation beeindruckt, ist die
Geschwindigkeit. Einen Tag dauert der Druckprozess, weitere fünf Tage der
Zusammenbau. Das schaffen andere 3D-Drucker bislang noch nicht. „Wir können
mit dieser Technik so ziemlich jedes Gebäude entwerfen und drucken“, sagt
Ma. Er tüftelt seit zwölf Jahren an der Technik und hat diesen speziellen
3D-Drucker entwickelt .
Und auf noch etwas ist Firmenchef Ma stolz: auf den sparsamen
Ressourcenverbrauch. Es entstehe so gut wie gar kein Abfall. Im Gegenteil:
Bei dem verwendeten Schutt handelt es sich um Bau- und Industrieabfall, der
so recycelt wird. Zudem verwendet der 3D-Drucker haargenau die Menge an
Material, die der Computer vorher berechnet hat.
## Bald auch Brücken und Wolkenkratzer
Auch die Kosten sind vergleichsweise gering. Bei nicht einmal einer Million
Yuan liegt der Preis für die zweistöckige Villa, umgerechnet rund 140.000
Euro. Die einstöckigen Häuser, die die Firma vor einem Jahr gedruckt hat,
sind bereits für umgerechnet rund 5.000 Euro zu haben. Die Firma WinSun
geht davon aus, dass der 3D-Druck im Vergleich zum herkömmlichen Hausbau 60
Prozent an Materialien einspart, 70 Prozent an Zeit und 80 Prozent an
Arbeitskraft.
Diese 3D-Häuser dürften sämtliche derzeit gängigen Normen erfüllen,
attestiert Ma Rongquan, Bauingenieur des Ingenieurbüros China Construction
No. 8, auf Anfrage des 3D-Druck-Branchendiensts 3ders.org. Die Häuser seien
sicher. Er forderte eine rasche Genehmigung der chinesischen Behörden zur
Massenproduktion. Konkurrenz gibt es bereits. Das niederländische
Architekturbüro DUS will in Amsterdam ein traditionelles Grachtenhaus
ausdrucken.
Firmenchef Ma hat bereits die nächsten großen Pläne: Derzeit arbeitet
WinSun an 3D-Druckern, die auch Teile für ganze Brücken und sogar
Wolkenkratzer drucken sollen. Um ausreichend „Druckertinte“ zu haben, plant
das Unternehmen mehrere Dutzend spezielle Recyclinganlagen. An Rohstoffen
dürfte es nicht fehlen. Bauschutt findet sich in China derzeit jede Menge.
21 Feb 2015
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
3-D-Drucker
China
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