# taz.de -- Düsseldorfer Gericht zu Dügida: Rechts vor links | |
> In Düsseldorf eskaliert der Streit über das Demonstrationsrecht von | |
> Dügida. Ist der Chef des Verwaltungsgerichts noch neutral? | |
Bild: Demonstration unter Polizeischutz: Dügida-Aufzug im Januar. | |
BERLIN taz | Am Montagabend demonstrieren sie wieder. Und wären es bloß die | |
paar Dutzend Rechtsausleger und Neonazis, die hier seit einigen Wochen | |
jeden Montag auflaufen, dann wäre die Aufregung in Düsseldorf auch gar | |
nicht so groß. Doch weil sich in der nordrhein-westfälischen | |
Landeshauptstadt die komischen Zufälle mehren, hat die Stadt inzwischen | |
eine ansehnliche Debatte am Hals. Es geht um die Demonstrationsfreiheit der | |
einen, um die Demonstrationsfreiheit der anderen und um die Rolle, die das | |
Düsseldorfer Verwaltungsgericht dabei spielt. | |
Wenn sich am heutigen Montag wieder BürgerInnen den als besonders rechts | |
bekannten Dügida-Demonstranten entgegenstellen wollen, stellt sich für sie | |
vor allem die Frage: Mit welchen Einschränkungen dürfen sie dann wieder | |
rechnen? | |
Erst vergangene Woche waren viele Antifaschisten und Düsseldorfer Bürger | |
frustriert abgezogen. Für ihre Kundgebung gegen rechts hatte die Polizei | |
den Demonstranten die Auflage erteilt, nur über eine bestimmte Straße zu | |
erscheinen. In einer Eilentscheidung verfügte dann das Verwaltungsgericht, | |
dass ausgerechnet die Demonstration der Rechten just über diese eine Straße | |
führt. Damit war den Gegendemonstranten faktisch der Zugang zur eigenen | |
Kundgebung verwehrt. Die Entscheidung war auch deshalb umstritten, weil sie | |
den rund 100 Dügida-Demonstranten erlaubte, zur Gebetszeit an einer Moschee | |
vorbeizumarschieren. | |
„Man kann bisweilen den Eindruck bekommen, dass das Verwaltungsgericht den | |
Rechten das Versammlungsrecht auf dem Servierteller zurechtbiegt“, sagt | |
Volker Neupert, der in der Stadt das bürgerliche Bündnis für | |
interkulturelle Verständigung koordiniert, den „Düsseldorfer Appell“. Er | |
wandte sich in der letzten Woche mit einem offenen Brief an das Gericht. | |
Auch andere Gruppen kritisieren das Verwaltungsgericht massiv. | |
## Konservativer Richter | |
Mehr und mehr rückt damit der Leiter des Gerichts, Andreas Heusch, in den | |
Fokus. Der gilt als konservativ und hatte erst kürzlich für Schlagzeilen | |
gesorgt, als seine Kammer dem Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) | |
gerichtlich untersagte, als Zeichen des Protests gegen rechts die Lichter | |
im Düsseldorfer Rathaus auszuknipsen – eine Protestform, für die es zuvor | |
bundesweit großen Zuspruch gegeben hatte. In der nächsten Instanz wurde | |
Heuschs Urteil kassiert. | |
Demonstranten spekulieren seitdem, inwieweit auch Heuschs Hauspolitik bei | |
den Entscheidungen des Gerichts eine Rolle spielen könnte. Zwar entscheidet | |
in Sachen Versammlungsrecht die 18. Kammer, der der Gerichtspräsident nicht | |
selbst angehört. Aber zumindest scheint in seinem Haus eine | |
christlich-konservative Abendlandfixierung eher ein Karrierefördernis zu | |
sein. | |
2010 umging Heusch in seinem Gericht das Kruzifix-Urteil, indem er ein | |
Kreuz aufhängen ließ – und dieses als Kunstwerk deklarierte. In Juraforen | |
im Internet kursieren außerdem Berichte, wonach es bei Bewerbungsgesprächen | |
im Düsseldorfer Verwaltungsgericht sinnvoll sei, gottgefällig zu antworten. | |
In einem Beitrag schrieb etwa ein Nutzer: „Hier kann es schon mal | |
passieren, dass der Gerichtspräsident fragt, ob man, wenn man verheiratet | |
ist, die kirchliche Heirat nicht noch nachholen möchte.“ | |
Ein Gerichtssprecher wies diese Darstellung gegenüber der taz zurück. Er | |
kündigte an, in der kommenden Woche in einem Pressegespräch auf die | |
Vorwürfe eingehen zu wollen. Der Fall Düsseldorf zeigt zumindest: Der Kampf | |
ums Abendland findet nicht nur auf der Straße statt, sondern auch stets im | |
Namen des Volkes. | |
2 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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