# taz.de -- Neues Country-Album von Andrew Combs: Wenn die Pedal-Steel-Gitarre … | |
> Der Texaner Andrew Combs belebt mit seinem Album „All These Dreams“ die | |
> US-Countryszene. Mit Style und unnachahmlichem Songwriting. | |
Bild: Zum Anzug trägt Andrew Combs gern etwas Gesichtsbehaarung. | |
Andrew Combs ist ein Styler. Der 28-jährige Texander verfügt offensichtlich | |
über eine ansehnliche Kollektion erstklassiger Anzüge und weiß sie zu | |
kombinieren mit klassischen Cowboyhemden und -boots. Dazu eine wohlgelegte | |
halblange Künstlermähne und hin und wieder etwas dezente Gesichtsbehaarung, | |
passend zur jeweiligen Foto- oder Videoinszenierung. | |
Mit seinem Look macht Andrew Combs schon mal klar, wo er steht: Er ist | |
weder bei den Mainstream-Stars und ihrem prolligen Kitsch-Bling-Bling zu | |
Hause, noch bei jenen ungestylten authentizitätsgläubigen Künstlern des | |
heute gemeinhin als „Americana“ zusammengefassten Konglomerats diverser | |
Folk- und Country-Stilistiken, die den Dreck der Scholle möglichst | |
sortenrein ins Aufnahmestudio und damit in unser aller Hörräume zu tragen | |
trachten. | |
Passend dazu lässt Andrew Combs auf seinem zweiten Album, „All These | |
Dreams“, den Pop-Country-Sound der siebziger Jahre wieder aufleben, jene | |
Weiterentwicklung des Nashville-Sounds wie ihn sich der Countrygitarrist | |
und -produzent Chet Atkins Ende der fünfziger Jahre ausdachte, um die | |
saubere Country-Welt vom dreckigen Rockabilly abzugrenzen. | |
## Siebziger-Variante des Nashville-Sounds | |
Die Siebziger-Variante des Nashville-Sounds bedeutete dessen dezente | |
klangliche Erweiterung und Modernisierung und sie führte auch dazu, dass | |
man auch auf Alben von Countrysängern wie Merle Haggard und Loretta Lynn | |
mitunter E-Pianos und Funky Drummer hörte. | |
Offensichtlich findet Andrew Combs an den großen und kleinen Narrativen | |
dieses Genres und dieser Zeit Gefallen und spielt geschickt mit ihren | |
teilweise gegenläufigen Strängen. Post- oder gar metamodern würde er das | |
wahrscheinlich nicht nennen, aber die Souveränität, mit der Andrew Combs | |
seinen Gesang in der Nähe von großen Drama-Kings wie Roy Orbison, Mickey | |
Newbury oder John Stewart platziert, erzählt etwas anderes. | |
Dazu perlt dezent ein Fender Rhodes, die Tränen der Pedal-Steel-Gitarre | |
schweben leicht unscharf in der Ferne, und noch weiter draußen schließt ein | |
dezentes Streicher-Sweetening das klangliche Environment ab. | |
## Hochwertige Facharbeit | |
Der Beifall für diese hochwertige Facharbeit gebührt dem Produzentenduo | |
Jordan Lehning und Skylar Wilson. Combs war auf die beiden gekommen, | |
nachdem er mit seiner Kollegin Caitlin Rose auf Tour war, deren Album „The | |
Stand-In“ sie ähnlich präzise und detailversessen produziert hatten. | |
Lehning ist ohnehin als Filmkomponist und Sohn des Country-Produzenten Kyle | |
Lehning ein interessanter Typ, und zu seinen Credits zählt ein Album mit | |
dem US-Noise-Weirdo Jandek. | |
Für Combs, der im Hauptberuf als Staffwriter die Nashville-Industrie mit | |
Songs beliefert, erweisen sich Lehning und Wilson als Glücksfall. Sie | |
erlauben es ihm, eine Songvision jenseits von „Country“, „Americana“ und | |
„Alt. Country“ zu entwickeln, die sogar Pianoballaden wie „In The Name Of | |
You“ und „Slow Road To Jesus“ einschließt, deren Inspiration dem Vernehm… | |
nach das Werk Paul Simons war. | |
Dabei klingt Combs’ neues Album vor allem wie eine Fortführung des Werks | |
der großen kinematografisch denkenden Hollywood-Songwriter wie Paul | |
Williams und David Ackles. Wie man das Kind nennen soll, wenn man nicht | |
einfach Pop dazu sagen will? „Cosmic American Music“, schlägt Kollegin | |
Caitlin Rose frei nach Gram Parsons vor. Dazu passen dann auch wieder die | |
schicken Anzüge. | |
3 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Detlef Diederichsen | |
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