# taz.de -- Griechisches Anti-Krisen-Gesetz: Lebensmittel, Strom und Miete | |
> 25 Prozent sind arbeitslos, jeder zweite Jugendliche hat keinen Job. | |
> Griechenlands Regierung will mit einem Gesetz die Grundversorgung der | |
> Bevölkerung sichern. | |
Bild: Um die Armut im Land zu mindern, soll unter anderem Geld aus der Rentenka… | |
ATHEN/BERLIN rtr | Die neue griechische Regierung will Tausenden verarmten | |
Griechen mit kostenlosen Lebensmitteln und Strom helfen. Das Kabinett | |
verabschiedete am späten Dienstag in Athen seinen ersten Gesetzentwurf. Er | |
sieht unter anderem vor, dass an rund 300.000 Bürger Lebensmittelkarten | |
verteilt werden, um die Folgen der jahrelangen Rezession abzumildern. | |
Ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber den internationalen Gläubigern | |
will die Regierung trotzdem erfüllen. Dazu greift sie Insidern zufolge | |
unter anderem in die Renten- und Pensionsfonds des Landes. | |
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble pochte einmal mehr auf die | |
Einhaltung der Reformauflagen für frisches Geld. | |
Nach sechs Jahren Dauerkrise liegt die Arbeitslosigkeit in Griechenland bei | |
25 Prozent; jeder zweite Jugendliche ist ohne Job. Der Gesetzentwurf soll | |
die Grundversorgung der ärmsten Bevölkerung sichern. So sollen bis Ende | |
dieses Jahres abgeklemmte Stromleitungen wieder angeschlossen werden. Dabei | |
haben Langzeitarbeitslose und Familien mit Kindern Vorrang. Außerdem ist | |
ein Mietzuschuss bis zu 220 Euro im Monat für rund 30.000 Haushalte | |
vorgesehen. Die Gesamtkosten des Gesetzes werden vom Athener Kabinett mit | |
200 Millionen Euro beziffert. | |
Regierungschef Alexis Tsipras hatte in der vergangenen Woche beteuert, die | |
Regierung wolle trotzdem weiter ausgeglichene Staatshaushalte vorlegen. Mit | |
einem weiteren Gesetz will sie Anreize für säumige Steuerzahler setzen, | |
wenigstens einen Teil ihrer Schulden beim Staat zu bezahlen. | |
Griechenland muss nach einer Vereinbarung der Euro-Finanzminister bis Ende | |
April einen detaillierten Reformplan vorlegen und anschließend umsetzen, um | |
weitere 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungsprogramm der | |
Euro-Zone und des Internationalen Währungsfonds zu erhalten. Um ihre | |
kurzfristigen Schulden zu bedienen, leiht sich die Regierung Insidern | |
zufolge Geld bei der Rentenkasse und bei Pensionsfonds. | |
## Rückgriff auf Rentenkasse | |
Dabei gehe es um Guthaben, die etwa die Rentenkasse aktuell nicht benötige, | |
sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur | |
Reuters. Die Regierung leihe sich das Geld für einen Zeitraum von bis zu 15 | |
Tagen und zahle es mit Zinsen zurück. Um welche Summe es geht, ist unklar. | |
Ein Insider hatte jüngst gesagt, insgesamt könne sich die Regierung auf | |
diesem Weg etwa drei Milliarden Euro leihen. Es ist aber nicht öffentlich | |
bekannt, wie weit sie diesen Rahmen schon ausgeschöpft hat. Die Regierung | |
benötigt jeden Monat etwa 4,5 Milliarden Euro zur Erfüllung ihrer | |
Verpflichtungen. Am Mittwoch gelang es ihr, mit sechs Monate laufenden | |
Papieren rund 1,1 Milliarden Euro am Finanzmarkt aufzunehmen. | |
Allerdings wurden für die sogenannten T-Bills 2,97 Prozent Zinsen fällig - | |
nach 2,75 Prozent für ein ähnliches Geschäft im Februar. Die Ausgabe von | |
T-Bills ist derzeit die einzige Möglichkeit, den Kapitalmarkt anzuzapfen. | |
Eine von den Gläubigern dafür gesetzte Obergrenze von 15 Milliarden Euro | |
ist jedoch erreicht. | |
Umso mehr bleibt die Regierung auf die weitere Hilfe der Euro-Partner und | |
des IWF angewiesen, mit denen sie sich einen Streit über die im Gegenzug | |
fälligen Reformen liefert. Schäuble sagte, Griechenlands Finanznöte seien | |
kein Grund für eine Lockerung der Auflagen. „Bevor Geld fließt, muss | |
geprüft werden, ob Athen die vereinbarten Bedingungen erfüllt“, [1][sagte | |
er der Stuttgarter Zeitung]. Die griechische Regierung habe es selbst in | |
der Hand, wann die verbliebenen Mittel überwiesen würden. | |
Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte, es sei | |
unwahrscheinlich, dass Griechenland bis Ende Juni, wenn das aktuelle | |
Hilfsprogramm ausläuft, wieder Zugang zum Kapitalmarkt finde. Das Land | |
brauche ein neues Abkommen, das voraussichtlich eine Größenordnung von 30 | |
bis 50 Milliarden Euro haben werde. De Guindos hatte kürzlich mit der | |
Aussage für Wirbel in der Euro-Zone gesorgt, Gespräche über ein drittes | |
Programm liefen schon. Dies hatten die Eurogruppe und die EU-Kommission | |
verneint. | |
4 Mar 2015 | |
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[1] http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-finanzminister-schae… | |
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Varoufakis. |