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# taz.de -- Landesparteitag der Grünen: Das Ende der Politik-Importe
> Berlins Grüne bestätigen ihre Spitze geräuschlos im Amt. Das Duo
> Jarasch/Wesener kommt so in die engere Wahl für eine mögliche
> Spitzenkandidatur im Jahr 2016.
Bild: Quietschbunte Ballons, quietschvergnügte Grüne beim Parteitag am Wochen…
Daniel Wesener hatte sich vor dem Grünen-Landesparteitag festgelegt. „Die
mögen uns“, hatte der Parteichef im taz-Interview gesagt. In früheren
Jahren hätte das für die Delegierten Anlass sein können, ihrem Chef
reflexartig eine solche Selbstsicherheit zu nehmen und ihn mit einem
schwachen Ergebnis abzustrafen. Diese Zeiten sind vorbei. Die Partei weiß
offenkundig, was sie an ihrem seit 2011 amtierenden Führungsduo aus Wesener
und Ko-Chefin Bettina Jarasch hat: Rund 90 Prozent bekommen die beiden bei
ihrer Wiederwahl am Samstagnachmittag – ein bisschen mehr bei Wesener, ein
bisschen weniger bei Jarasch. Gegenkandidaturen gibt es genauso wenig wie
Fragen zu ihren Bewerbungsreden.
## Herzchen auf dem Zettel
„Auf manchen Stimmzetteln waren sogar Herzchen“, heißt es bei der
offiziellen Bekanntgabe von Weseners Ergebnis. Es ist die logische
Fortsetzung einer bejubelten Rede, in der er seine Partei auf die
Abgeordnetenhauswahl in eineinhalb Jahren einschwört und kaum verdeckt
Geschlossenheit verlangt. Natürlich sollen die Mitglieder gefragt sein,
sollen sie mitreden können: „Ihr seid das programmatische Rückgrat.“ Doch
in gleicher Weise sollen sich die Delegierten im Klaren darüber sein, dass
man die Landesvorsitzenden auch dazu legitimiere, unangenehme
Entscheidungen zu treffen – welche, führt Wesener nicht näher aus.
Nach über dreizehn Jahren Opposition will die Partei endlich wieder in den
Senat. Wieder? Kaum 25 Monate lang haben die Berliner Grünen in den gut 36
Jahren seit Gründung als Alternative Liste mitregieren dürfen, sieben davon
in einer reinen Übergangsregierung nach dem Bankenskandal 2001.
„Wir wollen bei der nächsten Wahl so stark werden, dass man nicht an uns
vorbeikommt“, kündigt Jarasch an, „wir wollen das Land nicht länger von d…
Oppositionsbänken, sondern aus der Regierung gestalten.“ Die Chefs mahnen
ihre Partei aber auch, einen Wechsel trotz immer neuer Konflikte zwischen
den derzeit regierenden Sozial- und Christdemokraten nicht als Selbstläufer
zu sehen. Den Grünen werde oft vorgeworfen, sich zu überschätzen, sagt
Wesener. Seine Meinung: „Wir unterschätzen die anderen.“ SPD und CDU sind
aus seiner Sicht dazu fähig, „sich lieber fünf weitere Jahre gegenseitig zu
quälen statt freiwillig einen Politikwechsel einzuleiten.“ Bei 18, 19
Prozent lagen die Grünen in den jüngsten Umfragen. Das liegt zwar über dem
Rekordergebnis von 2011, ist aber weit davon entfernt, eine Neuauflage von
Rot-Schwarz rein zahlenmäßig unmöglich zu machen.
Er wolle die Parteimitglieder nicht umschmeicheln, wie das Vorsitzanwärter
gerne tun, hat Wesener vor seiner Rede angekündigt – und hält es dann doch
nicht ganz durch: „Wir sind nicht die besseren Menschen, aber mindestens so
cool wie diese Stadt“, sagt er, „und das kann man von der Großen Koalition
nicht sagen.“ Jarasch hat Minuten vorher bereits davon gesprochen, ihr habe
noch nie im Leben eine Aufgabe so viel Freude bereitet wie ihr Chefposten.
Wesener geht noch weiter: „Ich halte das Amt des Berliner
Landesvorsitzenden immer noch für den schönsten Job der Welt.“ Das hat zwar
auch der frühere SPD-Chef Franz Müntefering über seinen Posten gesagt –
aber der hatte immerhin einschränkend vom „schönsten Amt neben Papst“
gesprochen.
## Keine Fragen am Saalmikrofon
Es ist weitgehend Einigkeit, die den Parteitag prägt, auch beim fast
einstimmig beschlossenen Leitantrag zur Mieten- und Wohnungspolitik (s.
Kasten). Weil zumindest am Saalmikrofon Fragen an die alten und neuen
Vorsitzenden ausbleiben, bleibt auch unberührt, wer denn die Grünen in den
so viel thematisierten Wahlkampf 2016 führen und in die Regierung bringen
soll. Konsens ist derzeit, dass es keinen Bedarf an einer Lösung außerhalb
des jetzigen Führungszirkels gibt – also nicht wie 2011 eine Renate Künast
von der Bundesebene importiert wird.
Aber machen es die nun wiedergewählten Landesvorsitzenden allein? Beim
Parteitag deutet sich eine breitere Aufstellung an. Schon im Vorfeld haben
Wesener und Jarasch von sehr guter Zusammenarbeit mit den beiden
Fraktionschefinnen gesprochen, Ramona Pop und Antje Kapek. Die sehen das
offenbar genauso. Sie freue sich auf den Wahlkampf „im Team“ mit den
Landesvorsitzenden, sagt Pop nach der Wiederwahl der beiden: „Wir werden
das rocken.“
22 Mar 2015
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Landesparteitag
Renate Künast
Bettina Jarasch
Daniel Wesener
Grüne
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Jarasch und Daniel Wesener vor der Wiederwahl. Inhaltlich geht es vor allem
um Mieten und Wohnen.
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