| # taz.de -- Messerstecherei in Kreuzberg: "Der Görli ist eh kein Kinderpark" | |
| > Nach einer Messerstecherei im Görlitzer Park hat ein Kind die mutmaßliche | |
| > Tatwaffe gefunden. Lorenz Rollhäuser von der Anwohnerinitiative sieht das | |
| > entspannt. | |
| Bild: Görlitzer Park Eingang Falckensteinstraße, wo es zur Messerstecherei ka… | |
| taz: Herr Rollhäuser, am Freitag gab es im Görlitzer Park wieder eine | |
| Messerstecherei mit einem Schwerverletzten. Laut Polizei handelt es sich | |
| beim Tatverdächtigen wie beim Opfer um Dealer. Verändert das die Stimmung | |
| bei den Anwohnern oder sind die an solche Auseinandersetzungen längst | |
| gewöhnt? | |
| Lorenz Rollhäuser: Ich glaube, solange diese Auseinandersetzungen unter den | |
| Dealern selbst stattfinden, nehmen das viele Leute so hin. Es ist ja nicht | |
| zum ersten Mal passiert. So eine Messerstecherei ist auch ein Ausdruck | |
| davon, unter welchem Überlebensdruck die Dealer stehen. Da dreht wegen ein | |
| paar Euro schnell mal jemand durch. Ich schätze, dass auch viele Anwohner | |
| das mitdenken. Es bleibt am Ende eine Hilflosigkeit, was man tun kann. | |
| In dem Fall tangierte der Streit auch andere Parknutzer: Ein Kind hat die | |
| mutmaßliche Tatwaffe, ein Messer, hinterher in den Sträuchern gefunden. | |
| Ändert das etwas an der Debatte? | |
| Vielleicht bei anderen Leuten. Ich persönlich scheue mich vor | |
| Dramatisierungen, nur weil Kinder peripher involviert sind. Man kann in | |
| Kreuzberg auch Spritzen finden. Ich glaube zudem, keiner lässt seine Kinder | |
| zurzeit unbeaufsichtigt im Görli spielen. Der Park ist eh kein Kinderpark. | |
| Das ist zum Teil eine Folge der derzeitigen Verhältnisse. Zum Teil war das | |
| aber auch früher schon so. Viele Eltern, die hier wohnen, gehen seit Langem | |
| lieber auf den Kinderbauernhof, weil es da weniger Scherben und weniger | |
| Dreck gibt. | |
| Die Messerstecherei spielt Innensenator Frank Henkel (CDU) in die Hände, | |
| der hart durchgreifen und den Görlitzer Park ab April zur | |
| „Null-Toleranz-Zone“ erklären will. | |
| Ja, das werden manche sicher so interpretieren. Man könnte aber genauso gut | |
| sagen: Es ist dringend nötig, dass die, die im Park stehen, eine | |
| Arbeitserlaubnis kriegen. Damit sie eine andere Option haben, als Drogen zu | |
| verticken. | |
| Lehnt Ihre Anwohnerinitiative Henkels Null-Toleranz-Politik ab? | |
| Wir halten es nicht für sinnvoll, nur auf Polizei und Repression zu setzen. | |
| Das ist dumm. Abgesehen davon glaube ich auch nicht, dass es sich aus | |
| Kostengründen lange durchhalten lässt. Wenn man den Görli zur drogenfreien | |
| Zone machen will, wird das ja unheimlich teuer. Dieses Geld sollte man | |
| besser anders investieren, um die Situation zu entschärfen. | |
| Zum Beispiel? | |
| Wir fordern schon lange Sozialarbeiter im Park. Die könnten Konflikte | |
| zwischen Anwohnern und Dealern entschärfen. Statt so eine Idee, die viele | |
| im Bezirk für richtig halten, allmählich mal umzusetzen, schieben sich | |
| Bezirk und Senat gegenseitig die Schuld für die Zustände zu. Das hilft uns | |
| allen nicht weiter. | |
| Hätten Sozialarbeiter denn bei der Auseinandersetzung vom Freitag etwas | |
| geändert? | |
| Ich würde mir nicht einbilden, dass Parkworker solche Art von Konflikten | |
| völlig verhindern könnten. Wir erhoffen uns von ihnen, dass sie im Alltag | |
| bestimmte Regeln vermitteln. Dass die Dealer an die Leute besser nicht zu | |
| nah rangehen, dass sie Frauen in Ruhe lassen sollen. Wenn es zu so einem | |
| gewalttätigen Streit unter den Dealern kommt, müsste schon zufällig ein | |
| Sozialarbeiter direkt dabeistehen, um etwas dagegen tun zu können. | |
| 22 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Antje Lang-Lendorff | |
| ## TAGS | |
| Görlitzer Park | |
| Dealer | |
| Gewalt | |
| Berlin | |
| Polizei | |
| Monika Herrmann | |
| Cannabis | |
| Berlin | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Polizeipatrouille in Berlins Görlitzer Park: Organisiertes Protest-Kiffen | |
| Mehr Toleranz gegenüber weichen Drogen und mehr Solidarität mit | |
| Flüchtlingen: Das fordert ein sogenanntes Kiff-in im Görlitzer Park. | |
| Cannabiskonsum in Berlin: Görli ist überall | |
| Der Senat will die Straffreiheit für's Kiffen nicht nur in Kreuzberg | |
| aufheben. In allen Parks der Stadt darf bald kein Joint mehr kreisen. | |
| Görlitzer Park: Messerattacke auf Dealer war Notwehr | |
| Im November hatte ein Kreuzberger Wirt einer Shishabar zwei Drogenhändler | |
| nieder gestochen. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen den Wirt | |
| eingestellt. | |
| Anti-Drogen-Zonen in Berlin-Kreuzberg: Null Toleranz im Görlitzer Park | |
| Berlin will den Besitz von kleinsten Mengen Cannabis ab April in gewissen | |
| Gegenden strenger verfolgen. Für die Bezirksbügermeisterin Herrmann eine | |
| „Luftnummer“. | |
| Modellversuch mit Cannabis: Coffeeshop löst sich in Luft auf | |
| Auch bei einem Modellversuch gäbe es keine öffentliche Abgabe von Cannabis | |
| an alle, so die Grünen. Der Kundenkreis würde im Vorfeld genau festgelegt. | |
| Diskussion um Görlitzer Park: Grüne Publikumsbeschimpfung | |
| Bei einer Versammlung von Anwohnern des "Görli" sagt Kreuzbergs | |
| Bürgermeisterin radikalen Störern gründlich die Meinung. |