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# taz.de -- Ausgezeichnete Verkehrsentwicklung: „Starke Signale setzen“
> Bremen hat den EU-Preis für nachhaltige Verkehrsentwicklung gewonnen –
> weil man vom Menschen her gedacht hat, sagt Verkehrssenator Lohse.
Bild: Umwelt-, Bau- und Verkehrssenator Joachim Lohse (Die Grünen)
taz: Herr Lohse, herzlichen Glückwunsch zum Sump-Award. Gab’s guten
Champagner in Brüssel?
Joachim Lohse: Danke, nein, leider gab es nur so einen komischen Rosé …
Mon Dieu, die EU ist am Ende. Wie groß ist denn die Aussagekraft des
Preises angesichts von nur 17 Konkurrentinnen?
Unterschätzen Sie das nicht! Die Bewerberstädte stammen aus zehn
Mitgliedsländern, verteilt über die ganze EU, und für diesen Preis bewerben
sich ja vor allem diejenigen, die sich als Vorreiterkommunen verstehen
wollen und auch dürfen. Da ist schon ein entsprechender Ehrgeiz dahinter.
Ausgezeichnet wird eigentlich nur der Verkehrsentwicklungsplan …?
Der Akzent liegt auf der systematischen Herangehensweise – und den
Entwicklungsvorgaben in Richtung einer nachhaltigen Mobilität …
Und der Status quo spielt gar keine Rolle?
Doch, man musste schon einen guten Stand erreicht haben, um sich zu
bewerben. Das ist klar. Aber bewertet wird hauptsächlich die
Weiterentwicklung. Dabei wurde als besonders preiswürdig in Bremen unsere
breite Einbeziehung der Schlüsselakteure anerkannt, die strukturierten
Entwicklungsschritte – also, dass wir bewusst auf
Stärken-Schwächen-Analysen setzen bei der Konzeption der verschiedenen
Szenarien, eine Evaluation nach vier Jahren fest vereinbart haben, all das
– und nicht zuletzt, dass wir gleich eingangs einen Zielekatalog erarbeitet
haben.
Auch weil der mit den Nachhaltigkeits-Zielen der EU übereinstimmt?
Der deckt sich weitgehend, das ist richtig, aber: Wir haben den Katalog
hier in Eigenleistung mit den AkteurInnen erarbeitet, mit den BürgerInnen
und Interessensgruppen. Das ist sehr wichtig, dass der nicht von oben
übergestülpt worden ist – sondern aus der Stadtgesellschaft selbst stammt.
Manche Preis-Kriterien wirken, als würden sie die Kritik der Handelskammer
nur positiv formulieren, etwa wenn die Verlagerung des Fokus vom Fließen
der Verkehre auf ihre Zugänglichkeit als Pluspunkt bewertet wird. Fällt
Ihnen der Preis in der innerbremischen Auseinandersetzung gleich wieder auf
die Füße?
Im Gegenteil: Wir haben die Verkehrsplanung vom Kopf auf die Füße gestellt
– und das unterstreicht der Preis noch einmal. Verkehre und Infrastruktur
sind ja nicht fürs Auto da. Man muss sie vom Menschen her denken. Das ist
vielleicht eine Zeit lang vergessen worden, gelegentlich sicher auch von
der Handelskammer, und deshalb ist es gut, dass uns die EU mit dem Preis
wieder an die richtige Reihenfolge erinnert.
Allerdings wird auch er nicht verhindern, dass es bei konkreten Maßnahmen
Proteste gibt, sobald der erste Bagger rollt.
Das Spannungsfeld zwischen Maßnahmen aus einer Gesamtverantwortung heraus
und individuellen Interessen kann so ein Preis nicht beseitigen. Das wäre
ja auch gar nicht wünschenswert. Aber: Er ist eine Ermutigung und
Anerkennung nicht nur fürs Ressort, sondern für alle, die an der
Verkehrsentwicklungsplanung mitgewirkt haben: Die Verbände, die Kammern und
genauso die 100.000 BürgerInnen, die sich im Internet beteiligt haben.
Birgt der Preis nicht die Gefahr, beim Erreichten stehenzubleiben?
Die Gefahr sehe ich nicht. Das ist immerhin schon die vierte Auszeichnung
für unseren VEP-Prozess. Wir sehen den Preis als Ansporn, das, was
methodisch angelegt ist, auch tatsächlich umzusetzen: Wir wollen die
geplanten acht Premium-Radrouten auch tatsächlich realisieren, wir wollen
die Pläne für weitere Haltepunkte des Schienen-Personennahverkehrs
vorantreiben, die Nahmobilität erleichtern, Bremen eben als Stadt der
kurzen Wege weiterdenken. Selbstredend ist das auch eine Frage der
Verteilungskämpfe zwischen den Politikfeldern. Aber ich stehe dafür, dass
wir hier in der Verkehrsentwicklung auch in der kommenden Legislatur starke
Signale setzen.
Aber kaum mit den 10.000 Euro Preisgeld …?
Die sind zweckgebunden – um die Verkehrsplanung weiter zu popularisieren.
Wir nutzen das Geld, um eine Fachtagung zu organisieren, auch zum Austausch
der Ideen: Denn auf dem Gebiet gibt es in Europa viele gute Ideen. Davon
können wir auch in Bremen noch etwas lernen.
24 Mar 2015
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Bremen
Joachim Lohse
Verkehrsplanung
Verkehr
Erneuerbare Energien
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