# taz.de -- Führungsfragen in der Linkspartei: Sag niemals nie | |
> Sahra Wagenknecht begründet ihren Verzicht auf den Fraktionsvorsitz. Sie | |
> schließt aber eine zukünftige Kandidatur nicht aus. | |
Bild: Keine Zeit, sich Mehrheiten zu organisieren: Sahra Wagenknecht | |
BERLIN taz | Sahra Wagenknecht hätte Alexis Tsipras gern die Hand | |
geschüttelt. Griechenland und der Euro sind das Spezialgebiet der | |
Linken-Politikerin. Seit Jahren vergeht kaum eine Woche, in der sich die | |
stellvertretende Fraktionschefin nicht zur Krise äußert. Als der | |
griechische Ministerpräsident zu Wochenbeginn in Berlin weilte und in | |
seiner Hotelsuite zwei Vertreter der deutschen Linkspartei empfing, war sie | |
aber nicht dabei. | |
Fraktionschef Gregor Gysi und Parteichefin Katja Kipping durften zur | |
Audienz, Wagenknecht musste draußen bleiben. „Einer der Beteiligten auf | |
deutscher Seite hat darauf bestanden, dass ich nicht teilnehme“, sagte sie | |
am Mittwoch, dem Tag nach Tsipras’ Abreise, vor Journalisten. | |
Nun reicht Wagenknechts Stichelei sicherlich nicht aus, um der | |
Linken-Fraktionsspitze schwerwiegende interne Verstimmungen nachsagen zu | |
können. Drei Wochen nach der Ankündigung der Vizevorsitzenden, bei den | |
Fraktionswahlen im Herbst nicht für Gysis Nachfolge zu kandidieren, | |
herrscht zwischen Wagenknecht und ihrem Chef aber auch nicht in allen | |
Punkten Einigkeit. Der Tsipras-Besuch ist dabei nur ein Punkt. | |
Auch wenn es um Wagenknechts Gründe geht, auf den Fraktionsvorsitz zu | |
verzichten, widersprechen sich die beiden. Ihr fehle es in der Fraktion an | |
Rückhalt, hatte Wagenknecht selbst ursprünglich in einer Pressemitteilung | |
als Erklärung angegeben. Kurz zuvor hatten ihre Genossen im Bundestag | |
mehrheitlich für einen Antrag der Bundesregierung gestimmt, Griechenland | |
neue Kredite zu gewähren – aus Solidarität mit der griechischen | |
Schwesterpartei Syriza. Der Fraktionsvize passte das nicht: Im Antrag war | |
nämlich auch die Rede von neuen Sparauflagen für die Regierung in Athen. | |
## Gremiensitzungen liegen ihr nicht | |
## | |
Neben den inhaltlichen Differenzen gebe es aber noch einen zweiten Grund | |
für Wagenknechts Verzicht, sagte Gysi in der vergangenen Woche: Stundenlang | |
in Gremien zu sitzen, wie es für einen Fraktionschef gang und gäbe ist, | |
liege ihr einfach nicht. In einem Entwurf ihrer Pressemitteilung habe | |
Wagenknecht das selbst zugegeben, in der endgültigen Version habe der | |
entsprechende Absatz dann aber gefehlt. | |
Stimmt nicht, sagt Wagenknecht nun: „Es gab keine Erklärung, in der das | |
stand.“ Die Sache sei ganz einfach: Als Fraktionsvorsitzende brauche man | |
breiten Rückhalt. Sie wolle öffentlich schließlich keine Positionen | |
vertreten, die sie für falsch halte. Wäre sie Fraktionschefin, wäre es in | |
der Griechenland-Frage aber genau darauf hinausgelaufen. | |
Zudem habe sie keine Zeit gehabt, in den Tagen vor der Abstimmung eine | |
Mehrheit für ihre Position zu organisieren. Am Vorabend habe sie im | |
Fernsehen gesessen, in der Talkshow von Maybrit Illner. Auf den Termin habe | |
sie sich gut vorbereiten müssen, für Gespräche mit den Fraktionskollegen | |
war deshalb keine Zeit mehr. | |
Immerhin: Nach dem Verzicht auf den Chefposten hat Wagenknecht für solche | |
Termine auch in Zukunft Zeit. Wer an ihrer Stelle Gysis Nachfolge antritt, | |
ist derweil noch immer unklar. Eine wahrscheinliche Variante ist, dass der | |
jetzige Fraktionsvorsitzende selbst zwei weitere Jahre dranhängt. Nach der | |
Bundestagswahl 2017 könnte Wagenknecht dann doch noch einmal eine Rolle | |
spielen: Ihr Verzicht, sagte sie am Mittwoch, gelte zunächst nur für die | |
Fraktionswahlen in diesem Herbst. | |
25 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
## TAGS | |
Die Linke | |
Linksfraktion | |
Katja Kipping | |
Gregor Gysi | |
Sahra Wagenknecht | |
Die Linke | |
Bundestag | |
Sahra Wagenknecht | |
Die Linke | |
Die Linke | |
Bundestag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flügelgedöns bei der Linkspartei: Gorbi für den Frieden | |
Eine Gruppe um Sahra Wagenknecht wirbt für eine Friedenskonferenz und | |
stichelt so gegen Genossen. Wer die Fraktion leiten soll, bleibt unklar. | |
Bundestag und Sicherheitsbestimmungen: Ein echt nerviges Verfahrenshindernis | |
Weil seine Freundin aus Bosnien stammt, wird ein Linkspartei-Mitarbeiter | |
zum „Sicherheitsrisiko“ erklärt. Dabei war sie selbst dort beschäftigt. | |
Fraktionsführung der Linkspartei: Kipping will nicht | |
Katja Kipping wird nicht Linken-Fraktionschefin. Sie wolle Zeit für ihre | |
Familie. Unterdessen haben Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine | |
geheiratet. | |
Bodo Ramelow zur Thüringer Koalition: „Ich habe nicht so sehr viel Macht“ | |
Nach 100 Tagen Rot-rot-grün in Thüringen: Bodo Ramelow über sein Amt, Macht | |
und einen missglückten Undercover-Spaziergang. | |
Kommentar Sahra Wagenknecht: Eine Illusion weniger | |
Überraschung: Sahra Wagenknecht kandidiert nicht für den Fraktionsvorsitz. | |
Das ist ein Nein zur Verantwortung, ein Nein zur Realpolitik. | |
Fraktionsvorsitz Die Linke: Sahra Wagenknecht macht's nicht | |
Bei den Wahlen im Herbst will Wagenknecht nicht antreten – obwohl sie stets | |
auf eine Doppelspitze gepocht hatte. Die Genossen rätseln. |