# taz.de -- Die Wahrheit: Unter dem Asphalt liegt ein König | |
> Die zweite Bestattung des Monarchen Richard III. dauerte fünf Tage und | |
> kostete 3,5 Millionen Euro. Er war ein ziemliches Arschloch. | |
Bild: Vorsicht, Deckelalarm! Die Bediensteten Ihrer Wohlbehüteten Majestät k�… | |
So wird das nichts mit der Demokratie. Der Engländer an sich ist nicht | |
Bürger, sondern Untertan. Sobald irgendetwas Blaublütiges auftaucht, macht | |
er sich vor Aufregung ins Höschen – selbst bei einem Skelett, in dem schon | |
seit gut 500 Jahren kein Blut mehr fließt. | |
Wie groß war die Aufregung, als man im Sommer 2012 mit Hilfe der | |
Drehbuchautorin Philippa Langley, die auf einem Parkplatz in Leicester eine | |
übersinnliche Vision hatte, unter dem Asphalt die Gebeine des letzten | |
Plantagenet-Königs Richard III. fand. Der war 1485 im Alter von 32 Jahren | |
auf dem Schlachtfeld von Bosworth gestorben. Danach hatte man ihn hastig in | |
der Kirche von Leicester verscharrt. Die wurde im 16. Jahrhundert | |
abgerissen, später baute man dort einen Parkplatz. | |
Nun war der König wieder aufgetaucht, wie DNS-Untersuchungen zweifelsfrei | |
bewiesen. Was aber macht man mit einem Monarchen, der ein ziemliches | |
Arschloch war? Er soll seine kleinen Neffen im Tower von London ermordet, | |
seinen Bruder in einem Weinfass ertränkt und andere Grausamkeiten begangen | |
haben. Aber er war König und hat deshalb touristisches Potenzial. Da muss | |
man ein Auge zudrücken. Außerdem müsse man die Taten im zeitlichen Kontext | |
bewerten, heißt es auf der Website der „Richard III Society“, die früher | |
wegen Richards Wappentier „Kameradschaft des weißen Wildschweins“ hieß und | |
daran arbeitet, den Ruf des Schurken wiederherzustellen. | |
Das scheint ihr gelungen. Die zweite Bestattung des Monarchen dauerte fünf | |
Tage und kostete 3,5 Millionen Euro. Sie begann vor acht Tagen. Man fuhr | |
das Skelett in einem bleiernen Sarg zur Kathedrale in Leicester – mit | |
Zwischenstopp auf dem Schlachtfeld von Bosworth. Die Untertanen konnten | |
sich den Sarg in der Kathedrale anschauen, bevor er vorigen Donnerstag nach | |
einer Messe beerdigt wurde. 600 Engländer, die bei der Verlosung einen | |
Sitzplatz gewonnen hatten, waren live dabei, 20.000 Menschen standen | |
draußen, und der Rest der Nation sah sich die Beisetzung im Fernsehen an. | |
Devotionalien gehen weg wie warme Semmeln, Friseure bieten einen „Richard | |
III. Haarschnitt“ an, in Restaurants kann man nach Art der Plantagenets | |
speisen. | |
„Die Wiederbestattung ist ein Ereignis von großer nationaler und | |
internationaler Bedeutung“, ließ Königin Elisabeth ausrichten. „Wir | |
erkennen Richard III. heute als einen König an, der in turbulenten Zeiten | |
seinem tiefen christlichen Glauben treu blieb.“ Richtig überzeugt war sie | |
davon wohl nicht, denn sie blieb der Zeremonie vorsichtshalber fern und | |
schickte ein paar Familienmitglieder niederen Ranges. Der Erzbischof von | |
Canterbury hielt die Trauerrede, Richards Großneffe 16. Grades, Benedict | |
Cumberbatch, trug zu Ehren des Königs ein Gedicht vor. Man hätte dem | |
Schauspieler, der den Meisterdetektiv Sherlock Holmes in der BBC-Serie so | |
grandios verkörpert hat, mehr Grips zugetraut. Vor allem hätte man aber das | |
Loch auf dem Parkplatz in Leicester samt Richards Skelett mit Teer wieder | |
zuschütten und vorher noch ein paar Federn hineinwerfen sollen. | |
29 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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