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# taz.de -- Diskriminierende Gesetze in den USA: Indiana schießt ein Eigentor
> Geschäftsleute in dem Bundesstaat dürfen ab Juli Dienstleistungen
> verweigern, wenn KundInnen nicht ihrer „religiösen Überzeugung“
> entsprechen.
Bild: Protest in Indianapolis: Tausende gingen am Wochenende gegen das Gesetz a…
CHICAGO taz | Wer seine Reiseziele auch unter ethischen Aspekten auswählt,
sollte vorerst einen großen Bogen um den US-Bundesstaat Indiana machen.
Denn ab Juli haben dort Privatpersonen und Unternehmen das Recht zur
Diskriminierung aus religiösen Gründen. BlumenhändlerInnen, Restaurant- und
HotelbetreiberInnen und andere Geschäftsleute können wegen ihrer
„religiösen Überzeugung“ Dienstleistungen verweigern – und zum Beispiel
lesbische und schwule KundInnen abweisen. Das „Gesetz zur Wiederherstellung
der religiösen Freiheit“ macht es möglich.
Wenige Tage nachdem Gouverneur Mike Pence das Gesetz unterzeichnet hat,
droht es, zu einem Eigentor für Indiana zu werden. Schwule, Lesben und
MenschenrechtlerInnen haben bereits am Samstag in Indianapolis dagegen
demonstriert. Die „Human Rights Campaign“, die sich von der US-Hauptstadt
aus für die Rechte von Homosexuellen einsetzt, nennt das Gesetz eine
„gefährliche und diskriminierende Botschaft“.
Am Montag folgten Hollywoodstars, Sportclubs, PolitikerInnen und zumindest
eine Kirche mit Boykottdrohungen gegen Indiana. In Zeitungsanzeigen und
Interviews kündigten unter anderem die Chefs der Unternehmen „Apple“ und
„Salesforce“ an, sie würden Zweigstellen und Investitionen in Indiana
abbauen, weil sie ihren KundInnen keine Diskriminierungen zumuten möchten.
Der nationale Basketball-Verband NCAA, der sein Hauptquartier in
Indianapolis hat, erwägt, seine „Men's Final Four“-Turniere künftig zu
verlegen: zum Schutz von AthletInnen und ZuschauerInnen. Und die „Disciples
of Christ“-Kirche, die alljährlich eine Vollversammlung mit rund 60.000
TeilnehmerInnen in Indianapolis abhält, schrieb dem Gouverneur, dass sie
2017 anderswo tagen könnte.
PolitikerInnen beider großen Parteien sind auf den fahrenden Zug
aufgesprungen – darunter die mutmaßliche Präsidentschaftskandidatin der
Demokraten, Hillary Clinton. Der republikanische Bürgermeister von
Indianapolis, Greg Ballard, hat das Gesetz schon vorhab einen Fehler
genannt. Am Montag begann erstmals ein Gouverneur eines anderen
Bundesstaates einen Boykott. Der Gouverneur von Connecticut, Dan Malloy,
strich öffentliche Finanzhilfen für Reisen nach Indiana. Die Städte San
Francisco und Seattle taten denselben Schritt.
## Rechtfertigung durch Republikaner
Am anderen Ende des politischen Spekturms rechtfertigten am Montag ein
knappes halbes Dutzend republikanische Präsidentschaftsinteressenten das
Gesetz. Der Texaner Ted Cruz ist „stolz“ darauf und bezeichnet Indiana als
Vorbild für andere Bundesstaaten. Auch Scott Walker, Rick Santorum und
Marco Rubio loben das Gesetz. Und der „moderate“ Jeb Bush nennt es
„richtig, weil es den Menschen den Raum gibt, ihren Glauben auszudrücken.“
Gouverneur Pence zeigt sich vorerst noch unbeeindruckt. Er beschreibt das
Gesetz als eine Anpassung von Indiana an eine 1993 von dem damaligen
Präsidenten Bill Clinton eingeführte bundesweite Regelung. Zahlreiche
andere Bundesstaaten hätten bereits ähnliche Gesetze. Und die Regelung in
Indiana enthalte keinerlei Hinweise auf sexuelle Orientierungen.
Auslöser für die Initiative in Indiana war im vergangenen Jahr ein
Entscheid des Obersten Gerichtes der USA. Darin gewährten die RichterInnen
dem „christlichen“ Unternehmen HobbyLobby das Recht, ihren Angestellten
Versicherungen zu verweigern, die auch Verhütungsmittel übernehmen, wie es
in der Gesundheitsreform vorgesehen ist. Zuvor konnten lediglich religiöse
Gruppen – darunter Kirchen, Stiftungen, Krankenhäuser – solche
Ausnahmeregelungen von der Gesundheitsreform für sich geltend machen. Seit
dem Entscheid des Obersten Gerichtes fühlen sich konservative
VerteidigerInnen der traditionellen Ehe quer durch die USA dazu ermuntert,
ihren legalen Spielraum auszudehnen.
## Reparieren, jetzt
Mit Indiana haben nun 20 US-Bundesstaaten sogennannte „Gesetze zur
Wiederherstellung der religiösen Freiheit“. Weitere planen ähnliche
Vorhaben in diesem Jahr. Zwei Dinge unterscheiden Indianas neues Gesetz von
den meisten anderen. Einerseits macht es auch Unternehmen zu juristischen
Personen, die religiöse Freiheiten in Anspruch nehmen können. Andererseits
hat Indiana kein Antidiskriminierungsgesetz, das Homosexuelle schützt.
Am heutigen Dienstag schließt sich die größte Zeitung des Bundesstaates den
Protesten gegen das Religionsgesetz an. Der [1][Indianapolis Star
erscheint] mit einer schwarzen Titelseite. Darauf steht in großen weißen
Lettern ein Appell an den Gouverneur steht: „Fix this Now“ – reparieren S…
das jetzt.
31 Mar 2015
## LINKS
[1] http://www.indystar.com/
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Religion
USA
Gesetz
Diskriminierung
Homophobie
USA
Frauen
Schwerpunkt Rassismus
USA
USA
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