# taz.de -- Verdacht auf Chlorgas im Syrienkrieg: „Bleichhaltige Gerüche“ … | |
> Dem UN-Sicherheitsrat liegt ein Video vor, das einen Chlorgas-Angriff in | |
> Syrien zeigen soll. Unter den Opfern sind vor allem Frauen und Kinder. | |
Bild: Seit vier Jahren herrscht Bürgerkrieg in Syrien. Nun soll Chloringas zum… | |
NEW YORK ap | Ein drastischer Augenzeugenbericht über mutmaßliche | |
Chlorgas-Attacken im syrischen Bürgerkrieg hat im UN-Sicherheitsrat tiefe | |
Betroffenheit ausgelöst. Der Arzt Mohammed Tennari führte dem höchsten | |
UN-Gremium am Donnerstag ein Video vor, das einen jüngsten Angriff auf | |
seinen Heimatort Sarmin zeigt. | |
Darin war der Todeskampf dreier Kinder im Alter von einem bis drei Jahren | |
zu sehen, die trotz mehreren Wiederbelebungsversuchen starben. Die Bilder | |
rührten einige der Spitzendiplomaten zu Tränen. Ob die Emotionen sich in | |
konkrete Schritte überführen lassen, ist angesichts der Blockade im | |
höchsten UN-Gremium jedoch fraglich. | |
Die mutmaßliche Chlorgas-Attacke auf den Ort Sarmin in der Provinz Idlib | |
soll sich am 16. März zugetragen haben. Der medizinische Behandlungsbereich | |
sei dermaßen beengt gewesen, dass eines der Kinder auf seiner Großmutter | |
gelegen habe, berichtete Tennari. Auch die Oma sei dann gestorben. | |
„Jeder nahm bleichhaltige Gerüche wahr“, sagte Tennari später vor | |
Reportern. Zudem habe jeder das Geräusch der Helikopter gehört. Bei den | |
meisten Opfern habe es sich um Frauen und Kinder gehandelt. Der Mediziner | |
hatte im vergangenen Monat Opfer von einem halben Dutzend Attacken | |
behandelt und sich mit Hilfe der USA aus Syrien retten können. | |
An der hinter verschlossener Tür abgehaltenen Sicherheitsratssitzung nahm | |
auch der Arzt Saher Sahlul teil, der am Wochenende Schauplätze jüngster | |
Attacken in dem Bürgerkriegsland besuchte. „Jeder stimmte überein, dass | |
Kinder nicht getötet werden sollten“, erklärte er nach dem Treffen. Alle 15 | |
Sicherheitsratsmitglieder hätten zudem betont, wie wichtig es sei, die | |
Verantwortlichen für die zumeist tödlichen Attacken zur Rechenschaft zu | |
ziehen - mit der Ausnahme Russlands, Chinas und Venezuelas. Jedes | |
Ratsmitglied habe das Video und das Briefing betroffen gemacht, und „einige | |
hätten geweint“, berichtete Sahlul. | |
## Verbot chemischer Kampfmittel | |
Im März hatte das höchste UN-Gremium zwar eine Resolution verabschiedet, | |
die den Einsatz chemischer Kampfmittel in Syrien untersagt und bei | |
Verstößen mit Schritten droht. Doch wird darin keiner Konfliktpartei die | |
Schuld zugewiesen. In einer Resolution vom Herbst 2013, die die Beseitigung | |
und Zerstörung der syrischen Chemiewaffenbestände anordnete, wurde Chlorgas | |
zudem nicht als chemisches Kampfmittel geführt. Das Gas ist leicht zu | |
bekommen und wird weltweit in der Industrie verwendet. | |
Die USA und andere Ratsmitglieder wie Großbritannien und Frankreich machen | |
die syrische Regierung für die Chlorgas-Attacken verantwortlich. | |
Schließlich seien diese von Helikoptern ausgeführt worden, über die nur die | |
Führung in Damaskus verfüge, argumentieren sie. Syrien hat den Einsatz von | |
Chemiewaffen oder Chlorgas durch Regierungstruppen zurückgewiesen und | |
„Terroristen“ dafür verantwortlich gemacht. Sicherheitsratsmitglieder haben | |
die Organisation für das Verbot chemischer Waffen damit beauftragt, die | |
jüngsten Attacken zu untersuchen. | |
Am Freitag trifft der syrische Arzt Tennari mit der russischen UN-Mission | |
und anderen Diplomaten zusammen. Moskau gilt als engster Verbündeter der | |
syrischen Regierung und hat mit seinem Veto im Sicherheitsrat mehrmals | |
geplante Interventionen im Bürgerkriegsland verhindert. Die USA hoffen nun, | |
dass Tennari die russische Delegation umstimmen kann. | |
17 Apr 2015 | |
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