# taz.de -- Krieg im Jemen: Aus „Sturm“ wird „Hoffnung“ | |
> Saudi-Arabien kündigt eine neue Phase im Kampf gegen die Huthi-Rebellen | |
> an. Dies könnte den Weg für politische Gespräche öffnen. | |
Bild: Zwei Minensucher in Sanaa nach einem saudi-arabischen Luftangriff. | |
KAIRO taz | Die saudische Militäroperation „Entscheidender Sturm“ soll von | |
der Mission „Wiederherstellung der Hoffnung“ abgelöst werden. Dies gab die | |
Regierung in Riad am Dienstagabend bekannt und verkündete das Ende der seit | |
vier Wochen andauernden Luftangriffe im südlichen Nachbarland Jemen. | |
Der saudische Militärsprecher Brigadier General Ahmed al-Assiri erklärte, | |
die Ziele der Kampagne seien erreicht und die militärische Basis der | |
Huthi-Rebellen sei zerstört worden. Die Huthis stellten keine Gefahr mehr | |
für Zivilisten und die Sicherheit Saudi-Arabiens dar. Daher könne nun eine | |
neue Phase des Wiederaufbaus beginnen, dabei müssten aber weitere operative | |
Bewegungen der Rebellen verhindert werden. | |
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO wurden in dem Krieg fast | |
1.000 Menschen getötet und über 3.000 verletzt. Etwa 150.000 Menschen | |
befinden sich nach Angaben der UNO auf der Flucht. | |
Die Erklärung beinhaltet allerdings keinen expliziten Waffenstillstand, vor | |
allem in Tais und in Aden gingen die Kämpfe am Boden zunächst weiter. Am | |
Mittwoch und Donnerstag erfolgten, wie Augenzeugen berichteten, weitere | |
Luftangriffe. | |
In einer ersten Reaktion ließen die Huthis den Bruder des nach | |
Saudi-Arabien geflüchteten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi sowie dessen | |
Verteidigungsminister und einen Militärkommandanten nach einem Monat | |
Gefangenschaft frei. Gleichzeitig kündigten sie jedoch Demonstrationen | |
gegen Saudi-Arabien an. | |
Die saudische Ankündigung ist vor allem eines: die Einsicht, dass sich der | |
Konflikt im Jemen nicht militärisch lösen lässt. Denn die von der | |
saudischen Regierung zu Beginn der Luftangriffe angekündigten strategischen | |
Ziele wurden bisher nicht erreicht. Weder ist die militärische Macht der | |
Huthis und ihres Verbündeten, des jemenitischen Ex-Diktators Ali Abdullah | |
Salih, gebrochen worden, wie die anhaltenden Kämpfe zeigen. Noch wurde das | |
Ziel erreicht, die Hadi-Regierung wieder einzusetzen. | |
## Die Quadratur des Kreises | |
Doch die saudische Ankündigung eröffnet die Möglichkeit, einen politischen | |
Prozess einzuleiten, an dessen Ende die Bildung einer Regierung der | |
Nationalen Einheit stehen könnte. Die Huthis hatten wiederholt erklärt, sie | |
seien zu Verhandlungen bereit, aber nur, wenn die Luftangriffe aufhören. | |
Es dürfte nicht einfach sein, einen politischen Prozess mit so vielen | |
Beteiligten auszuhandeln. Allein im Jemen gibt es mindestens vier | |
Konfliktparteien. Da sind die schiitischen Huthis, gegen die die | |
Zentralregierung bereits erfolglos fünf Kriege geführt hat. Sie stammen aus | |
dem Norden rund um die Stadt Saada, kontrollieren die Hauptstadt Sanaa und | |
werden dementsprechend Einfluss in einer neuen Regierung fordern. Dann ist | |
da ihr Verbündeter Salih und dessen Sohn Ahmad, die Teile der Armee | |
kontrollieren. Schließlich gibt es noch die geflohene Hadi-Regierung und | |
die Separatistenbewegung im Süden des Landes. All diese Interessen in einem | |
politischen Abkommen unter einen Hut zu bringen, wird nur gelingen, wenn | |
keine Seite mehr glaubt, militärisch mehr erreichen zu können. | |
Und dann ist da noch Saudi-Arabien, mit dem Interesse, die Lage im | |
Nachbarland zu stabilisieren, aber auch, eine ihm genehme Regierung zu | |
installieren. Hinzu kommt der Iran, der sich für eine politische Lösung | |
ausgesprochen hat, aus der aber seine Verbündeten, die Huthis, gestärkt | |
hervorgehen sollen. | |
Die saudische Ankündigung hat aber auch eine internationale Komponente. Die | |
USA dürften der Regierung in Riad signalisiert haben, dass eine Eskalation | |
im Jemen nicht in ihrem Interesse ist. Zum einen befürchten die USA, dass | |
das politische Chaos zum weiteren Erstarken von al-Qaida führen könnte. Zum | |
anderen wollen die USA eine Zunahme der Spannungen zwischen Saudi-Arabien | |
und dem Iran verhindern. | |
In einer Zeit, in der Atomverhandlungen mit dem Iran laufen und der Westen | |
Teheran im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) an seiner Seite braucht, | |
kommt der Krieg im Jemen äußerst ungelegen. Die Quadratur des Kreises | |
besteht darin, den Iran international wieder an Bord zu holen, ohne | |
Saudi-Arabien als Partner zu verlieren. Der Jemen ist dafür der erste große | |
Testfall. | |
23 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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