# taz.de -- Effizienz bei Immobilien: Rechtsfreier Wohnraum | |
> Seit einem Jahr müssen Vermieter einen Energieausweis vorlegen. Viele | |
> ignorieren die Pflicht – mit Duldung der Behörden. | |
Bild: Die Größe einer Wohnung lässt sich leicht messen. Aber wie ist der Ene… | |
BERLIN taz | Die Rechtslage ist eindeutig: Seit einem Jahr müssen Vermieter | |
jedem Wohnungsinteressenten unaufgefordert einen Energieausweis vorlegen. | |
Dieses Dokument, das seit dem Jahr 2008 schrittweise für die meisten | |
Gebäude in Deutschland vorgeschrieben wurde, gibt Auskunft darüber, wie | |
hoch der Energiebedarf einer Wohnung pro Jahr und Quadratmeter ist. Und das | |
lässt wiederum Rückschlüsse auf die zu erwartenden Heizkosten zu. So sollen | |
die Vorteile von energiesparenden Maßnahmen sichtbar werden. | |
In der Praxis wird die Regelung jedoch vielfach umgangen. Bei einem Test | |
des Deutschen Mieterbunds in vier Städten haben nur 25 Prozent der | |
Vermieter den Energieausweis von sich aus vorgelegt; weitere 25 Prozent | |
taten dies auf Nachfrage, rund die Hälfte überhaupt nicht. „Der | |
Energieausweis bleibt ein Papiertiger“, kritisierte der Geschäftsführer des | |
Mieterbunds, Ulrich Ropertz, am Montag in Berlin. Bei professionellen | |
Anbietern wie Maklern oder Wohnungsgesellschaften sei die Quote der | |
Verweigerer besonders hoch. | |
Konsequenzen müssen sie nicht befürchten. Zwar sieht die | |
Energieeinsparverordnung ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro für fehlende | |
oder falsche Energieausweise vor. Doch in der Praxis gibt es fast keine | |
Kontrollen. Eine Abfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bei den | |
zuständigen Landesbehörden habe ergeben, dass kein Bundesland die Vorlage | |
des Ausweises mit anlassunabhängigen Stichproben überprüft, sagte | |
Geschäftsführer Jürgen Resch. | |
Selbst auf ausdrückliche Beschwerden von Bürgern werden demnach nur vier | |
Bundesländer tätig – Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. | |
Die mangelhafte Umsetzung zeige ein „Desinteresse an einem wirksamen | |
Klimaschutz“, kritisierte Resch. | |
## Begrenzte Aussagekraft | |
Selbst wenn die Wohnungsinteressenten einen Energieausweis in die Finger | |
bekommen, ist die Aussagekraft allerdings begrenzt. „Die Bundesregierung | |
hat es versäumt, dieses Instrument so gut und verständlich wie möglich zu | |
gestalten“, meint die Grünen-Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden. Die | |
Rot-Grün-Skala, auf der die Immobilie eingeordnet wird, wurde mehrfach | |
geändert, sodass Ausweise aus unterschiedlichen Jahren nicht ohne Weiteres | |
vergleichbar sind. | |
Zudem wird teilweise ein theoretisch berechneter „Energiebedarf“ angegeben, | |
teilweise ein empirisch gemessener „Energieverbrauch“; Letzterer ist in der | |
Praxis nach Auskunft der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen meist 25 | |
Prozent niedriger. Berücksichtigt werden muss zudem, ob die Heizanlage auch | |
das warme Wasser bereitstellt. Und weil der Ausweis nicht pro Wohnung, | |
sondern immer für ein ganzes Haus erstellt wird, können sich durch die Lage | |
der Wohnung Abweichungen ergeben: Je mehr Außenwände oder Dachflächen sie | |
hat, desto größer ist der Energiebedarf. | |
Zumindest überschlagsweise lassen sich die Angaben im Enerergieausweis | |
dennoch in die zu erwartenden Heizkosten umrechnen. Ein Unterschied von 100 | |
Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr – in dieser Einheit wird der | |
Energiebedarf oder -verbrauch angegeben – bedeutet nach Angaben der | |
Verbraucherzentrale bei normalem Heizverhalten einen monatlichen | |
Unterschied in der Warmmiete von 50 bis 70 Cent pro Quadratmeter, je nach | |
verwendetem Energieträger. | |
28 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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