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# taz.de -- Die Wahrheit: Bombardiert Flüchtlingsboote!
> Warum halbe Sachen machen? Als Reaktion auf die Toten im Mittelmeer
> sollte man weiterdenken als die deutsche Journalisten-Elite.
Bild: Unser Autor liebt Linden: auch wenn das marode Ihme-Zentrum so nah ist.
Wäre ich ein Islamist, würde ich mich über das Abendland scheckig lachen.
Vor allem über die Islamophobiker, die permanent behaupten, aufgrund
unseres „christlich-jüdischen Erbes“ seien wir dem Islam moralisch
überlegen. Und diese Überlegenheit gälte es zu verteidigen.
Tatsächlich bedarf es schon einiger Chuzpe, erst sechs Millionen Juden
umzubringen, um dann die Religion der Ermordeten zur Konstruktion eines
angeblichen gemeinsamen Erbes zu missbrauchen. Vor allem aber ist es extrem
gewagt, angesichts der Reaktion des christlichen Abendlandes auf die
Flüchtlingsströme und die Toten im Mittelmeer zu behaupten, das Christentum
sei einer anderen Religion in irgendetwas überlegen – außer in der guten,
alten Frömmler-Disziplin Heuchelei.
Zwar bin ich heute weder in dem einen noch dem anderen und auch nicht in
einem dritten Club Mitglied, wurde aber als Kind zwangsweise gut über den
Inhalt der Bibel informiert. Dreimal die Woche. Fragt mich nach einem
Propheten oder Apostel and I name it. Und, liebe Christen, höret nun die
Botschaft: Es gibt noch nicht mal im Ansatz einen Zweifel darüber, was eure
Religion angesichts des Elends, der Armut und der Kriege in Afrika und
Asien eigentlich verlangt. Lukas 3, 11: „Wer zwei Röcke hat, der gebe dem,
der keinen hat; und wer Speise hat, der tue auch also.“
Also: Helfen und Teilen. Bedingungslos. Nächstenliebe. Die ganze Scheiße
eben! Das heißt: zusammenrücken, mehr Teller auf den Tisch stellen,
abgeben. Nur mal für eure PR-Abteilung: Das wäre die einmalige Chance, eure
Überlegenheit zu beweisen. Ihr müsstet euch allerdings ziemlich anstrengen.
Wenn man sich zum Beispiel ansieht, wie viele syrische Flüchtlinge die
kleinen, armen und dooferweise auch noch muslimischen Länder Libanon und
Jordanien aufnehmen, bedarf es schon einiger Kurbelei, um da auf Augenhöhe
zu kommen.
Aber man könnte es ja wenigstens mal versuchen. Ganz naiv; um es im
Bibelsprech zu sagen: „Wie die Kindlein“ (Matthäus 18, 3). Und wenn wir
nicht gleich an unsere eigenen Speckbäuche und Urlaubsreisen ranwollen,
könnten wir doch einfach mal die Hälfte des Militäretats umwidmen und für
die Rettung, Unterbringung, Ausbildung und Integration von Flüchtlingen
verwenden. Also ebenjenes Geld, das sonst für nichtfunktionierende
Sturmgewehre und den Drogenentzug traumatisierter Soldaten ausgegeben wird.
Aber statt zu teilen und zu helfen, bleiben wir lieber beim bewährten
römischen „Teilen und Herrschen“. Schon fordern wieder irgendwelche
Testosteron-Honks Bombardements. Der Focus-Chefredakteur meint
beispielsweise, man solle Schlauchbootfabriken in Nordafrika bombardieren:
keine Boote, keine Flüchtlinge. So weit zur Denkfähigkeit der deutschen
Journalisten-Elite.
Nur mal konsequent weitergesponnen: Noch sicherer wäre es, die
Flüchtlingsboote auf dem Meer direkt zu bombardieren. Unchristlicher, als
die Menschen einfach so absaufen zu lassen und dabei mit den Schultern zu
zucken, wäre das auch nicht.
29 Apr 2015
## AUTOREN
Hartmut El Kurdi
## TAGS
Christentum
Mittelmeer
Flüchtlinge
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Sigmar Gabriel
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