| # taz.de -- Alternatives Einkaufszentrum: Mall ganz anders | |
| > Innenstädte müssen nicht aus einer Ansammlung immer gleicher | |
| > Shopping-Malls bestehen. In Stuttgart probiert man es mit einem | |
| > Alternativkonzept. | |
| Bild: Die Mall mit neuem Leben. | |
| STUTTGART taz | Zwei neue Einkaufszentren buhlen in Stuttgart um | |
| Kundschaft: das Gerber im südlichen Teil der Innenstadt, das Milaneo im | |
| Norden. Zusammen 68.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und dieselben Läden wie | |
| überall: H&M, Hunkemöller, Mango, Vero Moda, dm. Ausgerechnet zwischen | |
| diesen beiden Shopping-Giganten ist ein alternatives Einkaufszentrum | |
| entstanden. Ein Experiment. | |
| Fluxus nennt sich das Konzept, lateinisch für „vergänglich“. Der Name | |
| prangt über dem Eingang zur Calwer Passage, einem Gebäudekomplex in | |
| Stuttgart-Mitte. Vergänglich daran sind die 17 Läden darin. Sogenannte | |
| Pop-up-Stores, die nur eine begrenzte Zeit geöffnet haben. | |
| Da ist etwa der Design Kiosk West, in dem sich Stuttgarter Designer | |
| präsentieren und Kunden von der Vase aus alten Büchern über Stempel bis zum | |
| Goldschmuck alles finden. Oder das Botanical Affairs, in dem es | |
| ausschließlich Gin in allen Varianten und Tonic-Water zu kaufen gibt. | |
| Dazwischen hippe Klamotten, Secondhand oder vom jungen Designerlabel. Für | |
| Shoppingpausen stellt das Café Bohème einen Möbelmix aus Sofas, Sesseln und | |
| Stühlen sowie eine regionale Getränkekarte bereit. | |
| Eigentlich sollte die in die Jahre gekommene, leerstehende Passage aus den | |
| 70er Jahren renoviert werden. Stattdessen zog Ende 2014 Fluxus ein. Auf | |
| drei Monate war das Projekt angelegt. Die Kunden kamen, die Shop-Inhaber | |
| waren zufrieden, so wurde die „Temporary Concept Mall“ bis Ende 2015 | |
| verlängert. | |
| ## „Wir machen lauter kleine Läden auf“ | |
| Die Idee für die kreative Zwischennutzung stammt von Hannes Steim. Sein | |
| Ziel war es, wenigstens die Hälfte der Ladenflächen zu vermieten. „Malls | |
| machen kleine Läden kaputt, wir machen lauter kleine Läden auf“, sagt der | |
| 35-jährige Organisator. Nach seiner Philosophie steht der Inhaber auch mal | |
| selbst hinter der Kasse. | |
| Inspiriert hatte Steim das Bikinihaus in Berlin. Auch dort finden sich | |
| statt Ketten viele kleine, exklusive Händler. Davon profitieren die | |
| Besucher, aber auch die Betreiber: Die meisten haben hier zum ersten Mal | |
| einen Laden eröffnet. Die Passage ist auch ein Sich-Ausprobieren. | |
| Das funktioniert nur, weil die Mieten weit unter dem liegen, was sonst | |
| üblicherweise gezahlt wird. „Die Mieten sind in der Innenstadt so hoch, als | |
| kleiner Fisch kann man da nicht mithalten“, sagt Steim. Für ihn stellt sich | |
| dabei auch die Frage, wie sich eine Stadt ausrichtet. | |
| Aber braucht es wirklich noch mehr Shoppingangebote? Noch eine Mall? Die | |
| Architektin und Stadtforscherin Yvonne P. Doderer sieht eine Tendenz dazu, | |
| dass die Innenstadt immer mehr kommerzialisiert wird. Dagegen stehen einige | |
| wenige Kulturinstitutionen. Auch Fluxus sei ein kommerzielles Angebot, | |
| allerdings kleinteiliger. „Das führt zu einer Diversifizierung des | |
| Einkaufsangebots und ist insofern zu begrüßen“, sagt sie. „KonsumerInnen | |
| lieben Kleinteiligkeit und Abwechslung.“ Nicht nur was man kauft, ist | |
| wichtig, sondern auch, wo. | |
| ## Vegan-Zertifizierung | |
| Die Zielgruppe ist hip, jung oder junggeblieben. Auch Mademoiselle Yéyé | |
| spricht diese Klientel an, ein von Peta als vegan zertifiziertes Label. | |
| Ihre Retro-Mode vertreiben die Inhaber Kai Alt und Florence Shirazi vor | |
| allem über einen Onlineshop und inhabergeführte Geschäfte in Europa und den | |
| USA. In der Calwer Passage haben sie nun ihren ersten eigenen Laden | |
| aufgemacht. „Als Stuttgarter Label ist es für uns ganz wunderbar, jetzt | |
| auch vor Ort zu sein und unsere Kundinnen persönlich kennenzulernen“, sagt | |
| Shirazi. | |
| Schließt Fluxus Ende des Jahres, ist damit wieder Schluss. „Es wäre schön, | |
| wenn es irgendwie weitergehen würde“, sagt die Designerin. Vorstellen kann | |
| sie es sich nicht. In Stuttgart seien die „Mieten meist unerschwinglich“. | |
| 3 May 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Christine Luz | |
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