# taz.de -- Verdacht auf Kindesmisshandlung: Baby schwer verletzt | |
> Der zwei Monate alte Jamie liegt mit Hirnödem in einer Klinik. Haftbefehl | |
> gegen Vater wegen versuchten Totschlags. Das Jugendamt hatte die Familie | |
> betreut. | |
Bild: Nicht immer Ort der Geborgenheit: Kinderbett. | |
In Hamburg ist wieder ein Kind aus einer Familie zu Schaden gekommen, die | |
vom Jugendamt betreut wird. Der zwei Monate alte Jamie wurde Mittwoch früh | |
lebensgefährlich verletzt mit dem Rettungswagen aus seiner elterlichen | |
Wohnung in Finkenwerder in eine Spezialklinik gefahren. Sein Zustand hatte | |
sich am Donnerstag nach Auskunft des Polizeisprechers Andreas Schöpflin | |
„ein wenig stabilisiert“. | |
Der 26-jährige Vater wurde am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Die | |
Ermittler werfen ihm versuchten Totschlag vor. Der junge Mann selbst | |
erklärte laut Polizeimeldung, er sei am Morgen durch Kindergeschrei wach | |
geworden und habe Jamie auf den Arm genommen. Der Säugling sei dann | |
bewusstlos geworden. Er habe dem Kind eine leichte Ohrfeige gegeben, damit | |
es wieder zu sich käme. Da sich sein Zustand nicht besserte, habe er die | |
Mutter gerufen und die Rettungskräfte informiert. | |
Das deckt sich nicht mit den Ermittlungen. „Es besteht der Verdacht, dass | |
der Vater gewaltsam auf seinen Jungen eingewirkt hat“, sagt Schöpflin. Eine | |
Rechtsmedizinerin untersuchte das Kind und stellte ein Ödem im Kopf fest. | |
Laut Polizei hatte der Vater vom vorabendlichen Alkoholkonsum noch 0,8 | |
Promille im Blut. Gegen die 30-jährige Mutter werde nicht ermittelt, sagt | |
Schöpflin. | |
Die junge Familie wurde seit der Geburt des Kindes vom Jugendamt betreut. | |
Einmal pro Woche schickte eine Einrichtung für frühe Hilfen eine | |
Krankenschwester vorbei. Man sei dabei, alle Informationen | |
zusammenzutragen, sagt Bezirkssprecherin Sorina Weiland. Das Jugendamt habe | |
jetzt die „Inobhutnahme“ des Kindes angeordnet und das Familiengericht | |
eingeschaltet. | |
CDU und FDP stellen den Fall in eine Reihe mit den Todesfällen der Kinder | |
Yagmur (2013), Chantal (2012) und Lara-Mia (2009), für die ebenfalls der | |
Bezirk Mitte zuständig war. Es sei tragisch, dass erneut ein Kind, dessen | |
Eltern unter Aufsicht des Jugendamtes standen, fast zu Tode misshandelt | |
wurde, sagt der CDU-Politiker Phillipp Heißner. „Hamburg muss seine Kinder | |
besser schützen.“ Dafür müsse geklärt werden, welche Stellen mit dem | |
kleinen Jungen beschäftigt waren und welche Erkenntnisse zu den Eltern | |
vorlagen. Die FDP reichte dazu eine Anfrage ein. | |
Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddingshaus warnte dagegen vor einer | |
politischen Instrumentalisierung. „Statt alarmistischer Kommentare brauchen | |
wir eine grundsätzliche Aufarbeitung und Neuausrichtung unseres Jugend- und | |
Familienhilfesystems.“ Es sei schade, dass die Idee einer entsprechenden | |
Enquetekommission in den Koalitionsverhandlungen keine Rolle spielte. Zudem | |
überrasche die Häufung solcher Fälle in Stadtgebieten wie Mitte nicht, wenn | |
man sehe, dass sich dort „prekäre Wohnverhältnisse und Armut ballen“. | |
2 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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