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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Polen: Aussteiger und Quertreiber
> Präsident Komorowski hat am Sonntag gute Chancen, im Amt bestätigt zu
> werden. Seine Konkurrenten sind zu unbekannt oder zu schräg.
Bild: Präsident Bronislaw Komorowski gibt sich traditionell im Wahlkampf.
WARSCHAU taz | Polens Präsident [1][Bronislaw Komorowski] scheint die
zweite Amtszeit schon so gut wie in der Tasche zu haben. Am Sonntag sind
Präsidentschaftswahlen in Polen. „Endlich“, stöhnen viele nach der sich
quälend lang hinziehenden Wahlkampfzeit. Elf Kandidaten und ihre bis zum
Überdruss vorgetragenen Wahlversprechen strapazierten die Nerven der
Stimmberechtigten erheblich.
Zwar sieht alles danach aus, als müsste Komorowski zwei Wochen später in
die Stichwahl, doch selbst dem einzigen ernstzunehmenden Gegenkandidaten
von der rechtsnationalen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit, werden
keine großen Chancen auf einen Sieg gegen den „Teddybären“ eingeräumt.
An der großen TVP-Wahlkampfdebatte mit allen Präsidentschaftskandidaten
nahm Komorowski als einziger am Dienstagabend nicht teil. Stattdessen gab
er in der Sendung „Drei gegen einen“ dem Privatsender PolSat-News ein
einstündiges Exklusivinterview. Im Nachhinein betrachtet war dies die
richtige Entscheidung. Denn auf der Großveranstaltung war nicht nur die
Redezeit jedes Kandidaten begrenzt, auch Stil und Niveau der Debatte
zeugten eher von Naivität, Chuzpe und maßloser Selbstüberschätzung denn von
politischer Erfahrung oder moralischer Integrität.
Der Krakauer Jurist Andrzej Duda, der für die größte Oppositionspartei im
polnischen Parlament, die Recht und Gerechtigkeit (PiS) startet, kündigte
zunächst die Herabsetzung des Rentenalters und die Heraufsetzung des
Steuerfreibetrags an, ging dann aber nach heftigen Attacken der Rivalen wie
eine Primel ein. Eine „selbstständige Außenpolitik“ wolle er führen, kon…
er gerade noch sagen, „gemeinsam mit den Auslands-Polen in aller Welt“.
Dann war er auch schon aus dem Rennen.
## Rechtsradikale und Rocksänger
Für die junge Magdalena Ogorek, die ihre Kampagne für die
postkommunistische Linksallianz im Stil eines angehenden Models, geführt
hatte, wäre der Job des Staatspräsidenten die erste Festanstellung. Bislang
hatte sie immer wieder versichert, dass sie einfach den russischen
Präsidenten Wladimir Putin anrufen würde, um den russisch-ukrainischen
Krieg zu befrieden. Während der Debatte überraschte sie dann die
Fernsehzuschauer mit der Aufforderung an die Polen, sich demnächst vor der
Russen zu fürchten, aber dennoch mutig auf sie zuzugehen.
Der Rechtsradikale Janusz Korwin-Mikke, der sich selbst als
„Ultra-Liberalen“ bezeichnet und vor Kurzem noch die streikenden
Bergarbeiter in Schlesien „abknallen“ wollte, schob in der Debatte den
Amerikanern die Schuld am russisch-ukrainischen Konflikt zu. Angeblich
nutzten sie die Ukrainer aus, um einen Dritten Weltkrieg vom Zaun zu
brechen. Korwin-Mikke wie auch die anderen Rechtsradikalen Marian Kowalski
von der Nationalen Bewegung und der „erklärte Antidemokrat und Monarchist“
Grzegorz Braun schlugen vor, Polen solle aus der Nato austreten, um so
seine nationale Sicherheit zu erhöhen.
Der unabhängige Kandidat Pawet Kukiz, der als Rocksänger viele junge Wähler
auf seiner Seite hat, auch weil er radikal „das ganze System“ in Polen
verändern will, wirkte während der Debatte seltsam abwesend.
Nach der wenig erquicklichen Wahlkampagne fragen sich viele Polen, ob die
Direktwahl des Präsidenten tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist.
Denn in einigen Monaten steht die Parlamentswahl an, die für die Parteien
viel wichtiger ist. Gegen den übermächtig erscheinenden Präsidenten
Bronislaw Komorowski schicken die Chefs der Oppositionsparteien am Sonntag
daher meist vollkommen unbekannte Politiker ins Rennen. So kandidieren auch
noch Aussteiger und Quertreiber. Für die noch junge Demokratie in Polen, so
politische Beobachter, sei eine solche Präsidentenwahl eine Katastrophe.
9 May 2015
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## AUTOREN
Gabriele Lesser
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