# taz.de -- Präsidentenwahl in Polen: Mehr Konfetti | |
> Präsident Bronislaw Komorowski führte einen bedächtigen Wahlkampf – | |
> wohltuend oder arrogant? Und schon vor der Stichwahl steht ein Verlierer | |
> fest. | |
Bild: Für eine spannende Schlagzeile reichte es nach der Wahl – für einen n… | |
WARSCHAU taz | Schon vor der Präsidentschaftswahl in Polen schien | |
ausgemacht, dass es nur einen Gewinner geben könnte: Bronislaw Komorowski. | |
Der amtierende Präsident von der regierenden liberalkonservativen | |
Bürgerplattform würde auch der neue sein. Alle Vorwahlumfragen bestätigten | |
dies. Doch am Wahlabend selbst jubelte nicht Komorowski über das beste | |
Ergebnis, sondern sein Herausforderer Andrzej Duda von der rechtsnationalen | |
Partei Recht und Gerechtigkeit. | |
Mit 34,5 Prozent der Stimmen (Duda) und 32,6 Prozent (Komorowski) lagen die | |
Kandidaten fast auf gleicher Höhe. Allerdings – auch das war nur eine | |
Umfrage. Inzwischen wurden die Prognosen auf der Basis der Exit Polls | |
zugunsten Komorowskis korrigiert. Ein endgültiges Wahlergebnis soll es erst | |
am Dienstagmorgen geben. In die Stichwahl müssen Duda und Komorowski am 24. | |
Mai. | |
Komorowski führte einen eher bedächtigen Wahlkampf – ohne Konfetti, | |
Feuerwerk oder große Überraschungen. Während seine Anhänger dies als | |
wohltuend unaufgeregt empfanden, warfen ihm seine Gegner eine „Arroganz der | |
Macht“ vor. Angeblich, so lautete der Vorwurf, bemühe sich Komorowski nicht | |
mehr um die Wähler, sondern habe im Präsidentenpalast „unter den | |
Kristalllüstern“ das Gefühl für die Alltagsprobleme und Sorgen der normalen | |
Polen verloren. | |
Andrzej Duda hingegen wurde in den ersten Monaten seines Wahlkampfs immer | |
wieder mit Piotr Duda verwechselt, dem Chef der Gewerkschaft Solidarnosc. | |
Er führte daher einen sehr aktiven Wahlkampf und machte sich im wahrsten | |
Sinne des Wortes „einen Namen“, auch wenn er den Ruf eines Opportunisten, | |
der allen freundlich nach dem Mund redet, nie ganz los wurde. | |
## Soziale Verbesserungen | |
Obwohl die Sozialpolitik nicht zum Kompetenzbereich des Präsidenten gehört, | |
versprach der 42-jährige Jurist aus Krakau den Wählern vor allem soziale | |
Verbesserungen: Herabsetzung des Rentenalters, Erhöhung des | |
Steuerfreibetrags und mehr Arbeitsplätze. Zwar wies Komorowski darauf hin, | |
dass Polens Präsident weder Mitsprache- noch Vetorecht beim Haushaltsbudget | |
der Regierung habe, die Wahlversprechen seines Kontrahenten also eher | |
Luftblasen seien, doch der Begeisterung der Duda-Wähler tat das keinen | |
Abbruch. | |
Ein Überraschungssieger ist auch Pawel Kukiz, der mit rund 20 Prozent auf | |
den dritten Platz kam. Der Rocksänger und Systemgegner will das „Vaterland | |
retten“ und den „polnischen Bürgern die Macht in der Demokratie | |
zurückgeben“. Er will mit den „Verrätern“ und insbesondere mit den Medi… | |
im Land abrechnen, die sich angeblich „zu 80 Prozent in ausländischer Hand“ | |
befänden. Sollte es Kukiz gelingen, bis zu den Parlamentswahlen im Herbst | |
eine eigene Partei zu gründen, könnte diese mit der PiS eine Koalition | |
bilden und die bislang regierende PO ablösen. | |
Der größte Verlierer der Präsidentenwahl ist Polens Linke. Magdalena | |
Ogorek, die sich während des Wahlkampfs immer wieder von der Partei | |
distanzierte, für die sie eigentlich angetreten war, fuhr das schlechteste | |
Ergebnis aller Zeiten für die postkommunistische Linksallianz ein: weniger | |
als 3 Prozent. Für den Parteivorsitzenden Leszek Miller könnte das | |
Konsequenzen haben. Womöglich muss er noch vor den Parlamentswahlen im | |
kommenden Oktober seinen Hut nehmen. | |
Den meisten Polen scheint es ziemlich egal zu sein, wer ihr neuer | |
Staatspräsident wird. Über die Hälfte der Wahlberechtigten blieb am | |
Wahlsonntag zu Hause. Über den Grund der Wahlmüdigkeit streiten seither | |
Politikbeobachter: War mit dem amtierenden Präsidenten Bronislaw Komorowski | |
der Favorit zu übermächtig? Waren die anderen zehn Kandidaten zu schräg | |
oder zu marginal? Auch Polens Journalisten fragen sich im Nachhinein, ob es | |
richtig war, allen elf Kandidaten ähnlich viel Platz im Programm eingeräumt | |
zu haben. | |
11 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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