| # taz.de -- Die Wahrheit: Malle ruft und lacht | |
| > Immer hatte man sich dagegen gewehrt, das siebzehnte Bundesland im | |
| > Mittelmeer zu besuchen. Doch irgendwann muss jeder mal auf Mallorca | |
| > gewesen sein. | |
| Bild: Überfüllter Strand auf Mallorca: Massentourismus in den Griff bekommen | |
| „Der Brotbeutel flich noh Poona / Dä Stenz op sing Ibiza Residenz / | |
| Mallorca dä Renner für die Penner / Dat is minge Ort, do will isch hin.“ | |
| Meine Frau hatte schon abgewunken, noch ehe ich Zeltingers Mallewarnung | |
| „Sommer, Sonne, Herzinfarkt“ zu Ende säuseln konnte. Das sei dort schon | |
| längst nicht mehr so. Den Ballermann-Tourismus versuche der | |
| Insel-Gouverneur seit Jahren und mit Erfolg einzudämmen, außerdem sei das | |
| Eiland landschaftlich wirklich sehr reizvoll. | |
| Schließlich holte sie zu einem ihrer gefürchteten Entscheidungsmonologe | |
| aus: „Alle Welt fährt doch mittlerweile mit dem Einbaum über den Atlantik, | |
| erwandert barfuß den Appalachian Trail oder besteigt den Mount Everest ohne | |
| Winterunterwäsche. Demnächst kann man eine Woche Schwerelosigkeit auf der | |
| ISS buchen. Ich will mal was ganz anderes machen. Ich will Cluburlaub in | |
| einem Vier-Sterne-Resort mit Halbpension und Riesenpool und …“ – „ … … | |
| Frühstück schon mit dem Handtuch eine Liege reservieren.“ – „Quatsch, d… | |
| mache ich schon den Abend vorher!“ – „Dat weed hart – mir suffe uns bes… | |
| die janze Naach / Dat weed stark – Mallorca, Sommer, Sonne, Herzinfarkt.“ �… | |
| „Jaja.“ | |
| Beim Abflug zeigte ich auf eine Gruppe Jungstiere mit | |
| gruppenkonsolidierenden T-Shirts. Ihr Motto in diesem Jahr: „Titten raus, | |
| es ist Sommer!“ | |
| „Dein Insel-Gouverneur sollte an seiner Strategie feilen.“ Sie verdrehte | |
| die Augen. Es fiel dann aber tatsächlich schwer, dieses Arkadien zu hassen, | |
| weil die Menschen so unglaublich hilfsbereit, freundlich und witzig waren. | |
| Vor allem Tony, unser Kellner, der einen Narren an uns gefressen hatte und | |
| keine Gelegenheit ausließ, uns Beweise seiner Gunst zukommen zu lassen. | |
| Schon am ersten Abend, wir waren früh in den Speisesaal gegangen, alle | |
| anderen schauten noch die „Sportschau“ auf ihren Appartements, klopft er | |
| mir freundschaftlich auf die Schulter. „Du bist beste Mann hier.“ Sein | |
| Gesicht strahlte voller Wärme und Menschenfreundlichkeit. Ich freute mich | |
| sehr. „Weil keine andere Mann da … hasta verstanden?“ | |
| Und dann beugte er sich zu meinem Sohn herunter und fuhr ihm durchs Haar, | |
| und die beiden lachten sich kaputt über den alten Blödmann, der mal wieder | |
| gar nichts kapierte. Als meine Frau am Tag darauf mit einem | |
| Hundert-Euro-Schein die Getränke bezahlte, nickte er wissend. „Frau hat da | |
| Geld. Du kenne so eine Schein nur aus Fernsehen.“ Tony bemerkte mein | |
| ertapptes Gesicht und winkte großherzig ab. „In Spanien is genauso.“ | |
| Am vorletzten Tag fragte er meinen Sohn. „Hast du ein Freundin da Hause?“ | |
| Der Sohn lächelte leicht genant. Tony, dieser Menschenkenner und | |
| Philanthrop, nahm seine Hand, drückte sie fest. „Gibt du ihr zehn Küsschen | |
| – aber nicht von dir, von mir!“ | |
| Diesen klitzekleinen Jux schien er noch nicht ganz so oft gebracht zu | |
| haben, denn jetzt schmiss er sich weg, dass ihm Tränen kamen. „Papa, hast | |
| du gesehen?“, sagte mein Sohn später, „Tony war ganz traurig, weil wir | |
| morgen abreisen.“ | |
| 8 May 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Schäfer | |
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