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# taz.de -- Vorratsdatenspeicherung wird schwieriger: Richter löschen den Spei…
> Das Verfassungsgericht erklärt das Gesetz zur Speicherung der Telefon-
> und Internetdaten für verfassungswidrig. Alle gespeicherten Daten sind zu
> löschen. Trotzdem bleibt Vorratsspeicherung möglich.
Bild: Machen klare Vorgaben, wie Vorratsdatenspeicherung zu handhaben ist: Verf…
KARLSRUHE afp/dpa/taz | Die Speicherung der Telekommunikationsdaten aller
Bürger auf Vorrat ist in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig. Alle
bislang gespeicherten Daten müssen deshalb umgehend gelöscht werden,
entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe.
Laut Urteil ist die Vorratsdatenspeicherung allerdings zulässig, wenn eine
Reihe Vorgaben zur Verwendung der Daten, zur ihrer Sicherheit bei der
Speicherung sowie zur Transparenz bei ihrer Verwendung erfüllt werden.
Nach Ansicht der Richter handelt es sich bei der Speicherung aller Telefon-
und Internetverbindungsdaten für sechs Monate um einen "besonders schweren
Eingriff in das Fernmeldegeheimnis", weil die Verbindungsdaten inhaltliche
Rückschlüsse "bis in die Intimsphäre" ermöglichten und damit
aussagekräftige Persönlichkeits- oder Bewegungsprofile gewonnen werden
könnten.
Weil zudem Missbrauch möglich ist und die Datenverwendung von den Bürgern
nicht bemerkt werde, sei die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen
Form geeignet, "ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins
hervorzurufen".
Daten dürfen im Prinzip weiter auf Vorrat gespeichert werden
Dennoch: Eine neue Vorratsdatenspeicherung wird von ihrer Konstruktion
nicht sehr viel anders aussehen, als die jetztige. Karlsruhe hat hier und
da die Schrauben etwas angezogen, aber im Prinzip bleibt es dabei, dass
auch die Vorratsdatenspeicherung ein normales Mittel der Ermittlungen
bleiben wird.
Laut Urteil sind die Telekommunikationsdaten dabei gedacht "für eine
effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung". Die
Daten dürfen deshalb künftig unter bestimmten Maßgaben gespeichert und
verwertet werden.
Das Gericht befasste sich aus diesem Anlass erstmals ausführlich mit Fragen
der Datensicherheit. Es forderte den Gesetzgeber auf, dazu einen strengen
Maßstab zu entwickeln, der von den Telekommunikationsunternehmen auch
technisch umgesetzt werden müsse.
Telekomunternehmen dürfen Daten nicht unkontrolliert speichern
Der Datenschutz dürfe jedenfalls nicht "unkontrolliert" in deren Händen
liegen und von ihren "Wirtschaftlichkeitserwägungen" abhängen. Die Kosten
für diese Datensicherheit haben laut Urteil die Unternehmen zu tragen, da
sie auch von der Telekommunikation profitieren.
Der Bund muss zudem klarstellen, dass Vorratsdaten nur zur Verfolgung
schwerer Straftaten genutzt werden dürfen und hat dazu einen abschließenden
Katalog festzulegen. Überdies muss er den Ländern klare Maßgaben machen,
inwieweit die Polizei zur sogenannten Gefahrenabwehr auf Vorratsdaten
zugreifen darf.
Den Richtern zufolge muss der Gesetzgeber die "diffuse Bedrohlichkeit" der
Datenverwendung durch "wirksame Transparenzregeln auffangen". So müssen
Betroffen in der Regel über die Auswertung ihrer Daten informiert und
Verstöße dagegen sanktioniert werden.
Weniger strenger Maßstab bei IP-Adressen
Einzig bei den Daten zu Internet und E-Mail-Verbindungen, den sogenannten
IP-Adressen, legte das Gericht den Maßstab nicht so streng an. Mit den
IP-Adressen kann zwar der Absender einer anonymen E-Mail oder der
Betrachter einer Kinderpornoseite ausfindig gemacht werden. Ein
Persönlichkeitsprofil kann damit aber nicht erstellt werden, weil dieses
Adresse bei jeder Verbindung im Internet neu vergeben werden.
Nach dem Gesetz werden seit 2008 Verbindungsdaten aus der Telefon-, Mail-
und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten für sechs Monate gespeichert.
Abrufbar sind sie für die Strafverfolgung sowie zum Zweck der
Gefahrenabwehr. Im größten Massenklageverfahren in der Geschichte des
Gerichts hatten fast 35.000 Bürger geklagt. (AZ: 1 BvR 256/08)
2 Mar 2010
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