# taz.de -- Kämpfe um Kobane: IS-Vormarsch gebremst | |
> Kurdische Kämpfer haben die IS-Milizen aus dem Osten der syrischen Stadt | |
> Kobane vertrieben. Inzwischen bedroht der Konflikt auch den inneren | |
> Frieden in der Türkei. | |
Bild: Alliierter Luftangriff auf Kobane | |
ISTANBUL/KOBANE dpa | Luftschläge der internationalen Koalition und eine | |
kurdische Offensive haben die vorrückende IS-Terrormiliz in der syrischen | |
Stadt Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) vorerst gebremst. Kämpfer des | |
Islamischen Staates (IS) seien aus Straßenzügen im Osten der Ortschaft | |
vertrieben worden, teilte die syrische Beobachtungsstelle für | |
Menschenrechte mit. Kurdische Aktivisten sprachen am Mittwoch von weiter | |
heftigen Kämpfen. Die dramatische Lage der Stadt an der Grenze zur Türkei | |
bringt auch die Regierung in Ankara in Bedrängnis. | |
Im kurdisch dominierten Südosten der Türkei kamen bei Demonstrationen für | |
den Schutz Kobanes mindestens 14 Menschen ums Leben, wie örtliche Medien | |
übereinstimmend berichteten. Die meisten der Opfer seien bei Zusammenstößen | |
zwischen Islamisten und Anhängern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei | |
PKK getötet worden. | |
Die türkische Regierung rief zum sofortigen Ende der gewalttätigen | |
Demonstrationen auf. „Wir werden keine Toleranz gegenüber gewalttätigen | |
Protesten oder Vandalismus zeigen“, sagte der stellvertretende | |
Ministerpräsident Yalcin Akdogan nach Angaben der Nachrichtenagentur | |
Anadolu. Er wies Vorwürfe von Seiten der Demonstranten über mangelndes | |
Engagement der Türkei zum Schutz von Kobane als „große Lüge“ zurück. | |
Bislang haben die an der Grenze stationierten türkischen Truppen nicht in | |
die Kämpfe eingegriffen. Das Parlament in Ankara hatte der Regierung jedoch | |
das Mandat erteilt, militärisch gegen Terrorgruppen in Syrien und im Irak | |
vorzugehen. Erfasst werden dabei nicht nur der IS, sondern grundsätzlich | |
auch kurdische Gruppen wie die PKK, die von der Türkei als terroristisch | |
eingestuft werden. | |
## Erdogans „dreckige Politik“ | |
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) kritisierte die Regierung | |
in Ankara. Im ARD-Morgenmagazin sagte sie, IS-Kämpfer würden in türkischen | |
Krankenhäusern behandelt und Waffen über türkisches Gebiet geliefert. „Da | |
muss die Nato jetzt mal auf den Tisch hauen und sagen: Es kann nicht sein, | |
dass der Nato-Partner Türkei eine solche dreckige Politik betreibt.“ | |
Offensichtlich wolle Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Kurden in der | |
Region um Kobane in ihrer Selbstständigkeit schwächen. | |
Der neue Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wird an diesem Donnerstag zu | |
Gesprächen über den Kampf gegen IS in der Türkei erwartet. In Ankara will | |
er unter anderem Erdogan treffen, wie das Verteidigungsbündnis mitteilte. | |
Sollte die Terrormiliz IS von Kobane in Richtung Türkei vorrücken, könnte | |
Ankara den Bündnisfall ausrufen, der Nato-Partner zur Verteidigung der | |
Türkei verpflichten würde. | |
Die syrischen Kurden baten die internationale Gemeinschaft eindringlich um | |
schwere Waffen. „Jeder sagt 'wir stehen Euch bei'“, sagte der Ko-Präsident | |
der syrischen Kurden-Partei PYD, Salih Muslim, der türkischen Zeitung | |
Hürriyet Daily News. Kein Land unternehme dafür aber konkrete Schritte. | |
## Türkischer Korridor gefordert | |
Muslim forderte von der Türkei einen Korridor für Kämpfer der | |
Volksschutzeinheiten (YPG), die in Enklaven östlich und westlich der vom IS | |
umstellten Stadt Kobane einsatzbereit seien. „Unsere bewaffneten Kämpfer in | |
Afrin und Cizre warten darauf, sich den Kämpfern in Kobane anzuschließen. | |
Aber wir müssen türkisches Territorium nutzen, um diese Kämpfer nach Kobane | |
zu bringen.“ | |
In der Krisenregion gab es laut kurdischen Medien Luftangriffe auch auf | |
Stützpunkte der Terrormiliz auf dem strategischen wichtigen Hügel von | |
Mischtanur. Dabei seien auch Waffendepots zerstört worden. Im Südwesten der | |
Stadt Kobane hätten Dschihadisten hingegen einige Gebäude übernommen. Nach | |
wochenlangen Kämpfen waren IS-Dschihadisten am Montag in die für Kurden | |
strategisch und symbolisch wichtige Stadt Kobane eingedrungen. | |
Bei Zusammenstößen zwischen Kurden und radikalen Muslimen sind auch in | |
Deutschland mehrere Menschen verletzt worden. In Hamburg gab es nach | |
Feuerwehrangaben acht Verletzte, als etwa 400 Kurden nach einer | |
Demonstration auf etwa 400 radikale Muslime stießen. In Celle kam es erneut | |
zu Ausschreitungen zwischen rund 400 jesidischen Kurden und muslimischen | |
Tschetschenen. | |
8 Oct 2014 | |
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