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# taz.de -- Intelligente Stromzähler: Zu hohe Kosten, zu wenig Nutzen
> Smart Meter in Privathaushalten lohnen sich nicht. Sie kosten mehr als
> sie sparen. Das besagt eine Studie im Auftrag des
> Wirtschaftsministeriums.
Bild: Zwei Geräte zum genauen Strommessen
FREIBURG taz | In die Debatte um intelligente Stromzähler, die sogenannten
Smart Meter, kehrt Ernüchterung ein. Eine Studie der Unternehmensberatung
Ernst & Young im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hat ergeben: Die
Kosten für den modernen Zähler mitsamt der nötigen Kommunikationstechnik
liegen für Privathaushalte in der Regel höher als der Betrag, der durch
Verbrauchsverlagerung einzusparen ist.
Die Idee, die hinter den intelligenten Zählern steckt: Wenn Windkraft oder
Photovoltaik gerade Strom in großer Menge ins Netz speisen und damit die
Preise am Spotmarkt der Strombörse purzeln lassen, bekommen auch
Privathaushalte billigere Energie. Das schafft Anreiz, einen Teil des
Stromverbrauchs in Zeiten hohen Angebots zu verlagern, was der Stabilität
des Netzes zugute käme. Als Beispiel dient oft der Betrieb der
Waschmaschine.
Was in der Theorie schlüssig klingt, rechnet sich in der Praxis nicht, so
nun das Ergebnis der Studie. Geht man vom Ziel aus, bis 2022 die Haushalte
zu 80 Prozent mit einem intelligenten Zählersystem auszustatten, seien
jährliche Kosten in Höhe von etwa 89 Euro je Kunde anzusetzen, heißt es.
Dem stehen aber im Durchschnittshaushalt nur Einsparungen durch
Lastverlagerung von 10 bis 20 Euro pro Jahr gegenüber. Fazit der Studie:
Die Kosten seien insbesondere für Haushaltskunden mit geringem
Jahresverbrauch „unverhältnismäßig hoch“.
Allenfalls Haushalte mit sehr hohem Stromverbrauch hätten die Chance,
ausreichende Einsparungen zu erzielen – doch dort wären Einsparungen meist
auch schlicht mit ein wenig Umsicht möglich. Entsprechend urteilte das
Nachrichtenportal der IT-Branche, Heise: „Smart Meter für Privatkunden sind
moderne Rosstäuscherei.“
## Geringe Preisunterschiede auf dem Markt
Einer der Gründe für die Unwirtschaftlichkeit der elektronischen Zähler
sind die oft nur geringen Preisunterschiede am Spotmarkt. Die Kosten einer
Kilowattstunde schwanken im Laufe des Tages meist nur um wenige Cent – zu
wenig, um im Privathaushalt spürbare Änderungen des Verbrauchsverhaltens
bewirken zu können. Daher sind nur wenige Haushalte bereit, die Kosten
eines intelligenten Zählers zu tragen.
Zudem haben viele Bürger Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, weil die
neuen Zähler ein präzises Verbrauchsprofil dokumentieren.
Um die neue Technik dennoch flächendeckend etablieren zu können, diskutiert
die Studie eine Umlage für alle Kunden – auch für jene, die die
intelligenten Zähler gar nicht wollen. Das Nachrichtenmagazin Spiegel hatte
berichtet, dass die Bundesregierung genau das planen solle, doch das
Wirtschaftsministerium dementierte.
## Fehlende flexible Tarife
Damit die Verbraucher profitieren können, müsste es allerdings überhaupt
flexible Stromtarife geben. Dass die noch nicht angeboten werden, liegt zu
einem guten Stück am Aufbau des liberalisierten Strommarkts. Denn da gibt
es zum einen den Stromlieferanten, dem es heute völlig egal ist, wann der
Kunde seinen Strom verbraucht, weil er die Energie für seinen Kunden nach
einem Standardprofil bereitstellen muss.
Und dann gibt es die Netzbetreiber, die für die Ausregelung des Netzes
zuständig sind. Mit ihnen aber hat der Stromkunde keine Geschäftsbeziehung.
Branchenkenner sprechen nun von rund 50 Gesetzen in unterschiedlichen
Zuständigkeitsbereichen, die geändert werden müssen, damit zeitvariable
Tarife beim Endkunden ankommen können – eine gigantische Aufgabe.
Wäre das geschafft, bliebe noch eines: Laut Nachrichtenportal Heise würde
deutschlandweit für die Kommunikation eine Strommenge „in der Größenordnung
von mindestens drei Milliarden Kilowattstunden pro Jahr“ nötig – die
Erzeugung eines mittelgroßen Kohlekraftwerks.
29 Dec 2013
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Energieversorgung
Strom
Energiewende
Stromzähler
Stromkosten
Datenschutz
Energiewende
Heizkosten
Schwerpunkt Atomkraft
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