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# taz.de -- Tottenhams Yids Army: Die Y-Wort-Debatte
> Die Fans von Tottenham Hotspur sind stolz auf ihre Selbstbezeichnung als
> „Juden“. Doch der Fußballverband will das nicht mehr tolerieren.
Bild: Yids Army jubelt: Fans der Tottenham Hotspurs
LONDON taz | Den unerfahrenen Besucher des Stadtteils Stamford Hill in
Ostlondon mag die Ansicht zahlreicher Graffiti mit verschiedenen
Kombinationen des Worts „Yids“, beispielsweise „Yids out!“ oder „Yids
here!“ schockieren. In dem Viertel leben etwa 20.000 jüdische Orthodoxe.
Aber auch im feschen Chelsea oder in Crystal Palace, fernab von Stamford
Hill im Süden der Stadt, findet oder hört man solche Sprüche gelegentlich.
Hat der Antisemitismus in England eine unerwartet gravierende Kraft
erhalten? Einige erinnern sich wieder an die Anhänger des britischen
Faschisten Oswald Mosley. Sie benutzten in den 30er Jahren die Phrase „Yids
out!“ – mit sinisteren Absichten.
Im heutigen Zusammenhang sind „Yids“ allerdings als die Fans des
Fußballvereins Tottenham Hotspurs zu verstehen. Deren Heimstadion White
Heart Lane liegt nicht mehr als zwei Kilometer von Stamford Hill entfernt.
Es ist diese Nähe, die den Hotspur-Fans den Spitznamen „Yids“ eingebracht
hat. Und bis heute tragen und verteidigen sie ihn mit Stolz, auch in Zeiten
der politischen Korrektheit.
Aber das Schicksal geht manchmal seinen eigenen Weg, auch für solche
„Juden“, die unbeschnitten und ohne ein Wort Hebräisch zu beherrschen, von
sich als „Yids Army“ sprechen. Irgendwelche Glatzen nahmen das in der
vergangenen Saison der Europa League erst in Rom und dann in Lyon zu
wörtlich und begrüßten die Londoner Fans mit Hitlergruß, antisemitischen
Beleidigungen und Baseballschlägern. Sie wurden so zu „jüdischen Opfern“
des immer noch wachen europäischen Antisemitismus. Und in London ist nun
die eine Y-Wort-Debatte wieder aufgelebt.
## Verbot gefordert
Die Hotspur-Fans verteidigen den Titel. Sie sagen, damit würden sie gerade
offensiv Antisemitismen begegnen. Doch viele sehen das anders. Inzwischen
haben sich der Englische Fußballverband, der Zentralrat der Juden und die
Organisation Kick-it-out! eingeschaltet. Alle sind sich einig, das Wort
„Yids“ darf nicht mehr toleriert werden.
Sogar Englands Premierminister David Cameron beschäftigt der Streit. Er
präsentierte einen salomonischen Vorschlag. Man solle doch, forderte er,
vor der Verurteilung von Fußballfans diese erst einer Prüfung nach dem
Mens-rea-Prinzip unterziehen. Was er meint, ist sozusagen eine
Gesinnungsprüfung, die normalerweise vor Gericht angewendet wird, um
festzustellen, ob jemand absichtlich eine Tat begangen hat. Bejaht somit
ein „Yid!“ schreiender Fußballfan, dass er tatsächlich ein Antisemit ist,
verdient er seine Strafe.
Die Fußballfans wollen nun darüber abstimmen, ob sie weiterhin „Yids“
bleiben wollen. Gäben sie diese Identität auf, dann existierten in London
nur noch die Maccabi Lions als jüdischer Fußballklub. Unerwartete
antisemitische Konfrontationen bei Auswärtsspielen sind angesichts der
Spielklasse des Vereins ausgeschlossen.
22 Sep 2013
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
Tottenham Hotspur
Fußball
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Bert van Marwijk
Fußball
Anti-Rassismus
Staatsanwalt
AS Rom
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