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# taz.de -- taz-Serie Stadtwerk (2/3): Alle Macht den Räten
> Der Energietisch fordert ein Stadtwerk, das ökologisch, demokratisch und
> sozial ist. Die taz beleuchtet dies in einer dreiteiligen Serie. Teil 2:
> Das Räte-Stadtwerk.
Bild: Nach dem Stadtwerke-Modell des Energietisches hätte das Volk nicht mehr …
Für den [1][Politikwissenschaftler Carsten Herzberg] ist es eine wahre
Wonne, dass die Debatte über die Zukunft der Energieversorgung in Berlin
gerade heißläuft. Denn Herzberg leitet an der Universität Potsdam das
Forschungsprojekt „[2][Demokratische Kontrolle öffentlicher Unternehmen]“.
Er untersucht, auf welchen unterschiedlichen Wegen Bürger weltweit Einfluss
auf Unternehmen im Besitz ihrer Kommune nehmen können. Hierfür serviert ihm
der Energietisch das wohl interessanteste Fallbeispiel überhaupt – bislang
zumindest in der Theorie.
## Direkte Vertreter
Denn gewinnt das Bündnis seinen [3][Volksentscheid], dann würde Folgendes
geschehen: Berlin müsste ein Stadtwerk gründen, in dessen Aufsichtsgremium
sechs direkt gewählte VertreterInnen der Energieverbraucher sitzen.
Zusammen mit sieben ArbeitnehmervertreterInnen und den für Wirtschaft und
Umwelt zuständigen Senatoren würden sie den sogenannten Verwaltungsrat
bilden und die Geschäftsführung des Stadtwerks überwachen.
Das wäre eine Revolution. In Berlins öffentlichen Unternehmen wie
[4][Stadtreinigungs-] oder [5][Verkehrsbetrieben (BVG)] sitzen für das Land
als Eigentümer bisher nur Vertreter des Senats, manchmal des
Abgeordnetenhauses, oft auch auswärtige Experten wie der
Mobilitätsbeauftragte des Hessischen Verkehrsministeriums bei der BVG.
Besonders Externe wie er sollen eine unabhängige Kontrolle der Geschäfte
gewährleisten.
Das können die Kunden selbst am allerbesten, findet der Energietisch – also
sollen sie auch selbst Verwaltungsräte aus ihrer Mitte wählen. Damit habe
die Initiative eines verstanden, sagt der Potsdamer Wissenschaftler
Herzberg: „Öffentlicher Besitz allein reicht nicht mehr aus.“ Viele Bürger
würden nicht nur die Rekommunalisierung von Einrichtungen der
Daseinsvorsorge fordern, sondern auch ihre direkte Beteiligung: „Sie wollen
sich nicht mehr auf die Rolle des Kunden beschränken lassen.“
Dafür hat der Energietisch nicht nur die Direktwahl von Verwaltungsräten,
sondern eine ganze Palette von Instrumentarien in [6][seinen Entwurf]
gepackt. Eines davon: Wenn 3.000 Bürger einen Vorschlag zur
Geschäftspolitik an den Verwaltungsrat richten, dann muss dieser sich damit
beschäftigen. Sollten etwa Bürger am Stadtrand nicht wollen, dass die
Stadtwerke ein Windrad in ihrer Nachbarschaft bauen, können sie dieses
Thema auf die Agenda setzen – ohne Garantie auf einen Bauverzicht.
Ein weiteres Instrument: 5.000 Unterschriften braucht es, um die Stadtwerke
zu einer allgemeinen Kundenbefragung zu verpflichten. Außerdem müsste das
Unternehmen mindestens je eine Versammlungen pro Jahr auf Landes- und
Bezirksebene einberufen, um dort seine aktuelle Geschäftspolitik zu
erörtern.
Es ist aber vor allem die Direktwahl der Verwaltungsräte, die in der
rot-schwarzen Koalition auf Kritik stößt. Der SPD-Umweltpolitiker
[7][Daniel Buchholz] sagt etwa: „Ich habe erhebliche Bedenken bezüglich
Legitimation, Kompetenz und Haftungsfragen.“ Schließlich seien
Senatsmitglieder und Abgeordnete gewählte Vertreter und die durch sie
ausgeübte Aufsicht über Landesunternehmen damit sehr wohl demokratisch
legitimiert. Ob allein die vom Energietisch vorgesehenen Fortbildungen in
Betriebswirtschaft und Recht ausreichen, um gewählte Verwaltungsräte
ausreichend zu qualifizieren, sei fraglich. „Zudem weiß ich nicht, ob dem
Energietisch wirklich bewusst ist, dass diese Bürgerräte durchaus für ihr
Handeln in Haftung genommen werden könnten“, sagt Buchholz. SPD- und
CDU-Fraktion
[8][8080/starweb/adis/citat/VT/17/DruckSachen/d17-0704.pdf:schlagen
stattdessen] eine Ombudsstelle vor, die Streitfälle schlichten soll, und
einen Beirat als Schnittstelle zwischen Unternehmen und Bevölkerung.
Davon hält Wissenschaftler Herzberg nicht viel: „So würden die Bürger
wieder auf einen Nebenschauplatz gestellt.“ Ob das Modell mit direkt
gewählten Verwaltungsräten funktioniert, könne allerdings erst die Praxis
zeigen. Geringes Interesse und niedrige Wahlbeteiligungen, wie es viele
befürchten, erwartet Herzberg nicht – der lokale Bezug sei ein starker
Faktor für Beteiligung. „Wenn die Menschen per Post eine Wahlankündigung
erhalten und verstehen, dass es um eine wichtige Sache geht, kann ich mir
eine hohe Beteiligung vorstellen.“
Zur Wahl stellen würden sich dabei kaum Laien, sondern eher Fachleute aus
Umweltverbänden oder Parteien. Ohnehin müssten Kandidierende nach dem
Modell des Energietischs erst einmal 500 Unterstützerunterschriften
vorweisen.
In Paris gibt es eine Art Mittelweg zwischen den Vorstellungen von
Energietisch und Koalition in Berlin. Seit der Rekommunalisierung der
Pariser Wasserbetriebe 2009 sitzen nicht nur Politiker und Arbeitnehmer in
deren Aufsichtsgremium [9][(PDF: Präsentation der zuständigen Pariser
Vize-Bürgermeisterin)]. Fest reserviert sind außerdem Posten für Vertreter
von Verbraucherschutz- und Umweltverbänden, einen Wissenschaftler und einen
Experten für lokale Partizipation. Ganz ohne Direktwahl.
16 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.uni-potsdam.de/db/ls_regierungssystem_brd/index.php?article_id=5…
[2] http://www.uni-potsdam.de/db/ls_regierungssystem_brd/index.php?article_id=5…
[3] http://www.berliner-energietisch.net/gesetzentwurf
[4] http://www.bsr.de/9417.html
[5] http://www.berlin.de/sen/wirtschaft/abisz/bvg.html
[6] http://berliner-energietisch.net/images/gesetzentwurf%20und%20begrndung.pdf
[7] http://www.daniel-buchholz.de/
[8] http://www.parlament-berlin.de
[9] http://www.uni-potsdam.de/db/ls_regierungssystem_brd/files/le_strat__the_pa…
## AUTOREN
Sebastian Puschner
## TAGS
Energiewende
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Stadtwerk
Energie
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