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# taz.de -- Peta und Wiesenhof nähern sich an: Dialog statt Krieg
> Die Tierrechtsorganisation verhandelt nun mit Deutschlands größtem
> Geflügelfleischproduzenten. Offenbar war der wirtschaftliche und
> moralische Druck zu groß geworden.
Bild: Berühmt für ihre aufsehenerregenden Aktionen: Peta.
BERLIN taz | Drei Jahre Krieg liegen hinter der Tierrechtsorganisation Peta
und Deutschlands größtem Geflügelfleischlieferanten Wiesenhof. Drei Jahre
Skandalvideos von Peta-Rechercheuren über Tierquälerei bei dem Konzern und
darauf folgende juristische Auseinandersetzungen. Doch nun sprechen die
beiden Erzfeinde miteinander – nicht im Gericht, sondern in der
Peta-Zentrale in Gerlingen bei Stuttgart. Die Aktivisten hoffen, so ihrem
Ziel – dem Ende jeglicher Tierhaltung – näherzukommen.
„Der Dialog ist aufgenommen worden. Es hat am 15. Oktober ein erstes
Sondierungsgespräch gegeben“, sagte Peta-Berater Edmund Haferbeck der taz,
der wie seine Vorstandsmitglieder Harald Ullmann und Andrea Müller sowie
Konzernchef Peter Wesjohann und dessen Vater Paul-Heinz dabei war.
Wiesenhof-Sprecher Frank Schroedter bestätigte, dass ein Treffen
stattgefunden habe.
Peter Wesjohann hatte den Tierrechtlern Gespräche angeboten. Offenbar war
der wirtschaftliche und moralische Druck nach den Peta-Veröffentlichungen
so groß geworden, dass sich Wiesenhof nicht anders zu helfen wusste.
Schließlich bangen Großkunden des Unternehmens nach jedem Skandalvideo um
Umsatz und Image.
## Keine genauen Inhalte
„Man hat vereinbart, dass der Dialog aufrechterhalten werden und nicht
abreißen soll“, berichtete Haferbeck. Genaue Inhalte nannten offiziell
weder Wiesenhof noch Peta. Der Tierrechtler forderte in diesem Zusammenhang
aber, dass der Konzern „mittelfristig aus der Enten- und Putenmast
aussteigen muss“. Bei diesen Arten seien die Tierschutzprobleme besonders
groß. Als kritisch wird zum Beispiel gesehen, wie in der Branche üblich
Enten in Ställen ohne Zugang zu einem Gewässer zu halten. „Hier erwarten
wir Initiativen von Wiesenhof. Bei diesen Tierarten werden wir nicht
lockerlassen.“
Positiv nimmt Peta Wiesenhofs neue Produktlinie „Privathof“ auf, deren
Hühner zum Beispiel zwar weniger Platz als Tiere in der Biohaltung, aber
mehr als in konventionellen Ställen haben. Das sieht Peta als Schritt auf
dem Weg hin zu einer veganen – also fleisch- und milchproduktlosen –
Ernährung. Und dafür ist die Organisation auch bereit, Wiesenhof bei seinen
Recherchen zu schonen. „Wenn sie die Privathof-Linie forcieren, können wir
da mal die Füße stillhalten“, sagte Haferbeck.
Hinweisen auf Tierquälerei bei Wiesenhof würden die Peta-Rechercheure
jedoch auch in Zukunft nachgehen. „Aber wir könnten Wiesenhof die
Ergebnisse vor der Veröffentlichung zeigen, so dass sie vorher Konsequenzen
ziehen könnten.“
## Sämtliche Verträge gekündigt
So verfuhren beide Seiten bereits im Fall eines Putenmastbetriebes im
niedersächsischen Friesoythe, den Peta am Dienstag veröffentlicht hat: Die
Aufnahmen von äußerst brutalem Umgang mit Tieren zeigten die Aktivisten
Wiesenhof-Mitarbeitern vor der Pressekonferenz. Zwar wies Peta nicht nach,
dass Puten des beschuldigten Mästers auch an Wiesenhof gingen. Allerdings
habe die Farm Futter von dem Konzern bezogen, sagte ein Vereinsmitarbeiter.
Wiesenhof habe wohl nach dem Hinweis von Peta sämtliche Verträge mit dem
Betrieb gekündigt.
Auf den Vorwurf des Verrats antwortete Haferbeck: „Mit so was müssen wir
leben.“ Peta habe schon immer mit Unternehmen gesprochen. So habe die
Organisation dem Nahrungsmittelkonzern Unilever vor dem Start eine Kampagne
gegen dessen Tierversuche für Tees gezeigt. Daraufhin habe der Hersteller
nicht gesetzlich vorgeschriebene Experimente beendet. Auch mit Kaufland,
Kaufhof und Procter & Gamble habe Peta schon verhandelt. „Wenn wir sie
sturmreif geschossen haben, dann tun wir das natürlich. Wir sind keine
Chaoten.“
Die Antikorruptionsinitiative LobbyControl hält solche Dialogstrategien für
riskant, aber nicht für unlauter. „Wenn Peta kein Geld von Wiesenhof
annimmt und glaubt, dass sie so tatsächlich ihren Zielen näherkommen, kann
man ihnen keine unlauteren Methoden vorwerfen“, sagte Geschäftsführer
Ulrich Müller der taz. „Nichtregierungsorganisationen müssen aber
aufpassen, dass sie nicht zu sehr auf ihre schärfste Waffe, die öffentliche
Kritik, verzichten.“
## Keine Spenden
Haferbeck bestritt, dass Peta Spenden von Wiesenhof oder seinem Umfeld
bekommen habe oder jemals annehmen werde. Zudem werde Peta als vegan
ausgerichteter Verband niemals ein Siegel für tierische Produkte vergeben,
selbst wenn diese tierfreundlicher als andere erzeugt wurden.
Offenbar haben die Wiesenhof-Chefs durchaus Eindruck hinterlassen bei den
Peta-Leuten. Die Fleischproduzenten gingen sogar mit den Aktivisten essen –
natürlich vegan. „Die Missstände, die wir in den Farmen aufgedeckt haben,
machen anscheinend den beiden Wesjohanns auch persönlich zu schaffen“,
sagte der Peta-Mitarbeiter und lobte: „Wesjohann senior ist ein sehr, sehr
feiner Mensch, der bodenständig geblieben ist.“ So ein Satz wäre in
Peta-Kreisen vor kurzem noch undenkbar gewesen.
26 Oct 2012
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Peta
Tierhaltung
Tierschutz
Wiesenhof
Landwirtschaft
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Landwirtschaft
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